Nicht wenige hatten sich ja angsichts der Finanzkrise Hoffnung gemacht, der beginnende Bauboom im Luxuswohnsegment würde in Berlin schnell in sich zusammenbrechen. Die Orco-Pleiten in den Fehrbelliner Höfen und am Kurfürstendamm (Haus Cumberland) – beide Bauprojekte wurden trotz begonnener Arbeiten eingestellt – schienen diese Kriseneffekte zu bestätigen. Doch die erfolgreichen Fertigstellungen der Luxuswohnprojekte Marthashof oder Palais KolleBelle in Berlin Prenzlauer Berg weisen in eine andere Richtung. Die von den Maklern herbeigeredeten krisenfesten Investitionen ins Betongeld, scheinen ganz erfolgreich gewesen zu sein.
Ein ausführlicher Bericht über die aktuelle Marktlage des Berliner Luxuswohnsegments ist in der Immobilienbeilage der Berliner Zeitung zu finden: Luxus nach Maß. Vincent Mulder vom niederländischen Projektentwickler Kondor Wessels gibt darin ausführlich Auskunft über seine Markteinschätzung und sagt den Berliner Luxuswohninvestitionen eine goldenen Zukunft voraus:
„Berlin hat gegenüber Metropolen wie Hamburg und München große Vorteile“, sagt Mulder. Bis zu 20 Prozent günstigere Immobilienpreise und die noch immer zahlreichen Brachen oder altbebauten Flächen böten ideale Voraussetzungen -auch wenn das Potenzial mancher 1A-Lage oft noch hinter mannshohen bürokratischen Hürden schlummere. Zu guter Letzt ist das luxusaffine Kaufklientel in Berlin kaum krisenanfällig. Denn wo Hamburgs Elite vielfach in konjunkturabhängigen Branchen wie etwa der Reederei die Brötchen verdient und viele Münchner am seidenen Faden des Gewerbesektors baumeln, agieren Berlins begüterte Immobilienfans überwiegend in den Bereichen Dienstleistung, Medien und Politik – und dort bläst die Wirtschaftskrise bislang nur als laues Lüftchen.
Unter anderem wird in dem Beitrag das Projekt Charleston am Potsdamer Platz vorgestellt. Die Fakten werden kurz zusammengefasst:
Das Prestigeobjekt Charleston soll das quirlige Leben der „Wilden Zwanziger“ an den Platz zurückbringen und zugleich sichtbar hohe Wohnkultur repräsentieren. „Luxus bedeutet hier, die Vorzüge einer 1A-Lage in hochwertig ausgestatteten Wohneinheiten, auf hohem architektonischen Niveau genießen zu können und dabei von einer erstklassigen städtischen Infrastruktur zu profitieren“, sagt Mulder. Die Anlage verfügt über einen eigenen Wellnessbereich, einen Doorman, einen Hotelservice und einen Concierge, der bei Bedarf selbst die Abendplanung für die Bewohner kostenlos regelt. Die 72 klimatisierten nach neuesten Energiestandards ausgestatteten Wohnungen sind bis zu 310 Quadratmeter groß und kosten durchschnittlich 5.300 Euro pro Quadratmeter. Das Geschäft läuft gut, bis zur Eröffnung im Frühjahr 2010 dürften die 40 Eigentumswohnungen und 32 Mietwohnungen belegt sein.
Gut, so ungefähr hatten wir uns das auch vorgestellt. Interessant sind die im Beitrag verteilten Hinweise auf die Käuferschichten solcher Luxuswohnungen. Über das bereits vorgestellte Projekt Charleston etwa wird berichtet:
Interessenten kommen vor allem aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und den alten Bundesländern. Oft sind es Politiker oder Manager, die einen Zweitwohnsitz brauchen oder nach einer zukunftsträchtigen Kapitalanlage suchen. (…) Allein waschechte Berliner scheinen sich für die neuen Luxusresidenzen nicht begeistern zu können.
Auch Thomas Klinkert von der Asset Grundbesitz AG bestätigt diese exogene Nachfragestruktur und glaubt, dass
… luxusaffine Berliner schlicht vom großen Angebot der vergangenen Jahre „übersättigt“ sind und längst eine geeignete Behausung in einem der In-Bezirke gefunden haben.
Klinkert schaltet seine Anzeigen deswegen längst nur noch außerhalb der Stadtgrenzen. Und das mit Erfolg: Am Prenzlauer Bogen finden die angebotenen Townhouses und Penthouses vor allem bei älteren Familien mit Kindern und jungen, oftmals homosexuellen Pärchen aus dem Westen Anklang. Das Gros der Käufer kommt aus dem intellektuellen Bereich…
Wir fassen die wesentlichen Hinweise der Luxuswohnklientel nochmal kurz zusammen: „junge, oftmals homosexuelle Pärchen“, „aus dem intellektuellen Bereich“, „agieren (…) überwiegend in Bereichen Dienstleistung, Medien und Politik“
Das klingt, als würde sich Richard Floridas ‚creative class‘ in Berlin einrichten. Besonderes Merkmal der Berliner Situation: die meisten kommen „aus dem Westen“.
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