Nach knapp zwanzig Jahren Liberalisierung und einer rot-roten Koalition, die sich wohnungspolitischen Diskussionen weitgehend verweigerte, entdeckt die Berliner Regierung aus SPD und Linken nun die Ziele der sozialen Stadtentwicklung wieder. Was Mieterorganisationen und Stadtteilinitiativen seit Jahren sagen, ist nun offensichtlich auch bei den linken Koalitionären angekommen: Berlin steuert auf eine Wohnungsnot zu und insbesondere die Versorgung mit preiswerten Wohnungen kann in vielen Innenstadtgebieten nicht mehr sichergestellt. Die Berliner Morgenpost berichtet nun über einen inhaltlichen Vorstoß der Linkspartei: Linke will städtische Wohnungen in teuren Lagen.
Die Linkspartei will den Bestand an kommunalen Wohnungen mehr als verdoppeln – gleichmäßig verstreut über die ganze Stadt. Mit dem Ankauf in angesagten Wohngegenden sollen sich auch sozial Schwächere dort die Miete leisten können.
Gute Idee, verwirrend sind allen die im Morgenpost-Artikel genannten Zahlen. Der wohnungspolitische Sprecher der Linken Uwe Döring wird wie folgt zitiert:
. „Berlin braucht einen Bestand an preiswerten kommunalen Wohnungen von hinreichender Größe und Qualität im Umfang von mindestens 15 Prozent, das heißt mindestens 285.000 Wohnungen, verteilt über die gesamte Stadt“
Im Artikel wird vorgerechnet, dass dies mehr als eine Verdoppelung von zur Zeit 120.000 landeseigenen Wohnungen bedeuten würde… Aber, da hat sich ein Rechenfehler eingeschlichen, denn der aktuelle Bestand dürfte selbst nach den drastischen Privatisierungsorgien der vergangenen Jahre bei etwa 270.000 Wohnungen liegen. Die Frage ist jetzt, ob die Regierung oder die Hausptstadtpresse nicht so genau Bescheid weiß – na auch egal, es geht ja auch nur um den kommunalen Wohnungsbestand in Berlin.
Der Koalitionspartner SPD ist hinsichtlich der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und der Ankaufidee skeptischer und will lieber den Sozialen Wohnungsbau neu auflegen:
Auch der Koalitionspartner SPD sieht auf dem Wohnungsmarkt Handlungsbedarf, steht der Idee der Linkspartei jedoch skeptisch gegenüber. „Wir müssen den sozialen Wohnungsbau neu aufstellen“, sagt der wohnungspolitische Sprecher der Partei, Michael Arndt.
Auch dass wäre ein begrüßenswerte Kehrtwende der Berliner Wohnungspolitik, wurden doch die Förderprogramme seit 2001 eingestellt.
Beide Vorschläge kursieren als Forderungen bereits seit längerer Zeit in den politischen Debatten der Mieterorganisationen und Basisinitiativen – schön, dass sie nun die Ebene der politischen Entscheidungsträger erreicht haben. Wenn die rot-rote Regierung bei der Wiederentdeckung einer sozialen Wohnungspolitik auch nur annähernd so konsequent vorgehen würde wie bei der massiven Privatisierungen zu Beginn ihrer Amtsperiode, würde dies tatsächlich so etwas wie einen Hoffnungsschimmer für die Mietentwicklung in Berlin bedeuten. Doch Skepsis ist angebracht und sicher ist auch: die Wohnungspolitik wird immer nur so sozial sein, wie es von den Initiativen und Protestbewegungen eingefordert wird. Insofern also vor allem ein toller Anspurn für all jene, die sich in den Mieterorganisationen, in Mieten-Stop-Bündnis und Stadtteilinitiatviven egangieren.
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