Heute Nachmittag wurde das seit der Wende besetzte Haus Brunnenstraße 183 in Berlin Mitte von der Polizei geräumt.
Ausführliche Berichte gibt es in der taz: „Hausprojekt in Berlin-Mitte geräumt“ und auch im Tagesspiegel: „Polizei räumt Wohnprojekt in der Brunnenstraße„.
Die Ampeln sind ausgeschaltet, die Straße gesperrt. Punkt 15 Uhr füllt sich die vorher menschenleere Brunnenstraße plötzlich mit dutzenden Polizeiwagen. Sogar schweres Gerät wie Krähne und mobile Lichtmasten werden vorgefahren. Mehr als 600 Beamte sind im Einsatz. Ihr Ziel ist das linke Wohnprojekt mit der Hausnummer 183. Die Polizisten springen aus den Einsatzwagen. Mit Rammböcken und Kreissägen bahnen sie sich den Weg durch das verbarrikadierte Gebäude. Widerstand leisten die Bewohner nicht. Sie traf die Räumung völlig unvorbereitet.
Update: Für den 24.11. um 20 Uhr Kollwitzplatz und den 25.11. um 19 Uhr Oranienplatz wird auf den Seiten von „Wir Bleiben Alle! Selbstorganisierte Freiräume erkämpfen und verteidigen“ zu Protestdemonstrationen gegen die Räumung aufgerufen. Hier ein kleines Mobilisierungsvideo von den WBA-Seiten:
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=f0_HsJGIPac&feature=player_embedded]
Zum Hintergrund: Seit Jahren gab es einen schwelenden Konflikt mit dem aus Passau stammenden Eigentümer Manfred Kronawitter, der das Haus 2006 von einer Pleite gegangenen Immobilienfirma erwarb. Obwohl beim Kauf durchaus über den Zustand und die Selbstverwaltung der Bewohner/innen informiert, plante Kronawitter eine Investition für die Errichtung eines Mehrfamilien-Wohnprojektes. Die Bewohner/innen waren lange Zeit gesprächsbereit und verhandelten mit dem neuen Eigentümer und dem Bezirk über verschiedene Möglichkeiten einer einvernehmlichen Lösung des Konfliktes. Im Rahmen eines Runden Tisches wurde ein Kompromiss erarbeitet. Auf der Webseite der Brunnen 183 heisst es dazu:
„Kronawitter kauft ein gleichwertiges Grundstück vom Berzirk und verkauft uns BewohnerInnen die Brunnen183 zum Selbstkostenpreis.“
morgen, mi, 25.11., 20h, kollwitzplatz, demo gegen die räumung…
http://wba.blogsport.de/2009/11/24/mittwoch-2511-20h-kollwitzplatz/
Lieber Andrej,
Blog-Einträge wie dieser lassen mich doch ein bisschen die Sachlichkeit vermissen, die ich von einem Wissenschaftler erwarten würde.
Klar nehmen Immobilienspekulanten – wie die meisten anderen Kapitalisten auch – i.d.R. keine Rücksicht auf gewachsene Strukturen oder die Interessen Schwächerer. Bei aller berechtigten Kritik daran sollte man aber nicht den Eindruck erwecken, dass es völlig legitim und normal sei, fremdes Eigentum zu nutzen und zu beschädigen, ohne Miete dafür zu zahlen oder für die Beschädigungen aufzukommen.
Dass sich die Polizei bei der Räumung von ihrer hässlichen Seite zeigte, kann ich mir aufgrund eigener Erfahrungen gut vorstellen. Aber ein bisschen präziser könnte es schon sein: kamen Tränengas und Schlagstöcke zum Einsatz, gab es Rangeleien? Die Räumung allein kann damit wohl nicht gemeint sein – die ist nach deutschem Recht nämlich völlig legitim und wenn sie von der Polizei durchgesetzt wird, ist das nicht deren „hässliche Seite“, sondern deren Job.
Der von Dir gesetzte Link zur – wie üblich – reißerischen BILD-Überschrift führt dann nicht wie erwartet zur BILD, sondern zu einem Artikel in der BZ. Von „linken Terror-Nestern“ ist dort kein Wort zu lesen, dafür aber, dass durchaus vereinzelte Bewohner des Hauses Widerstand gegen die Räumung geleistet hätten. Warum steht davon nichts in Deinem Artikel? Genauso wenig habe ich in dem SPON-Filmchen etwas von der mg oder der Linkspartei gehört (auch wenn klar war, dass letztere gemeint ist, wenn von der Unterstützung durch „einige Politiker“ die Rede ist).
Las but not least lassen die Wortwahl „verbarrikadieren“ sowie die vermummten Herren auf dem Dach vermuten, dass die Besetzer nicht ganz so unvorbereitet waren, wie es der Artikel suggerieren will. Wer schonmal in einem besetzten Haus gewohnt hat (z.B. ich) weiß sehr wohl, dass man auf eine drohende Räumung nie gänzlich unvorbereitet ist.
Ich glaube, eine kritische Berichterstattung über Gentrifizierung käme auch sehr gut ohne Ideologie und überkochende Emotionen aus. Dann würde ich Dein Blog sogar noch lieber lesen, als ich es ohnehin schon tue 🙂
-Stefan
Lieber Stefan,
vielen Dank für deinen Kommentar, auch wenn ich die Kritik nicht ganz verstehe – denn die Sachlichkeit, die du zurecht einforderst schließt eine Parteilichkeit ja nicht aus. Und dass dieser Blog parteilich für die Interessen der Mieter/innen und Bewohner/innen ausgelegt ist, dürfte dir auch bisher nicht entgangen sein.
Den Link zur Bild-Zeitung muss ich in der Eile verwechselt haben – jetzt ist er aber direkt über den Artikel erreichbar (Danke für den Hinweis!).
Überkochende Emotionen hab ich eher, bei den von mir zitierten Medien (BILD, SPON) gefunden. Und da wird nicht nur parteilich – das wäre zu verkraften und wenig verwunderlich – sondern v.a. unsachlich argumentiert.
Beispiel BILD: Der dort zitierte „Brandstifter“ ist juristisch gesehen allenfalls eine „mutmaßlicher“, das Ermittlungsverfahren wurde ja gerade erst eingeleitet. Gewohnt haben soll er in der Liebigstr. 14 – deshalb fand dort ja auch eine Hausdurchsuchung statt – warum in diesem Artikel auch die Brunnenstr. 183 als „Terrornest“ benannt wird, bleibt völlig unbegründet.
In anderen Artikeln ist von „Informationen aus Sicherheitskreisen“ die Rede, nach denen die „besetzten Häuser als Rückzugsräume der linken Gewalttäter“ dienen – Belege = Null, Bezüge zur Brunnestraße 183 = Null.
Dein Argument von der unendgeltlichen Nutzung fremden Eigentums taucht ja auch in mehreren Presseartikeln auf. Als Hintergrund finde ich dazu die Information wichtig, dass dieser vertragslose Zustand erst durch die Aufkündigung bestehender Mietverträge durch den neuen Eigentümer im Sommer eingetreten ist. Davor haben die Bewohner/innen ganz regulär Miete gezahlt. Nun stimmt es, dass nach gültigem Recht der Eigentümer einen Räumungstitel gerichtlich erwirken und polizeilich vollziehen lassen kann. In Anbetracht der jahrelangen Verhandlungen am Runden Tisch mit Besetzer/innen, Bezirksamt und Eigentümer ein jedoch sehr drastischer Schritt, der das systematische Ungleichgewicht von Mieter/innen und Vermieter/innen im bundesdeutschen Mietrecht noch mal schön verdeutlicht. Ich will jetzt nicht gleich das gesamte Grundgesetz in Frage stellen, aber Kritik an ungleichen Rechts- und Vertragsnormen sind sicherlich erlaubt.
„Hässliche Seite der Polizei“ meinte hier weniger die Dramatisierung der Einsatzmittel, als vielmehr die Funktion als verlängerter Arm des Eigentümerrechts. Die Berliner Polizei hätte zur Abwägung ihrer Einsatzmittel sicherlich angesichts des drohenden Konfliktpotentials und auch des ja noch möglichen Verhandlungsweges von einer Unverhältnismäßigkeit einer Räumung ausgehen können – hat sie aber nicht. Zur Erinnerung: es ging nicht um die Abwehr von Gefahren oder die Verhinderung von Kapitalverbrechen, sondern um die Durchsetzung einer zivilrechtlichen Mietstreitigkeit. Da kommt normalerweise ein Gerichtsvollzieher und erlässt noch mal eine letzte Frist, damit sich die Vertragsparteien möglicherweise doch noch auf eine einvernehmliche Lösung einigen können. Insofern finde ich eine polizeiliche Räumung schon ziemlich ‚hässlich‘ und glaube kaum, dass dies als „überkochende Emotion“ beschreiben werden kann.
Zum Video von SPON: Du schreibst:
„Genauso wenig habe ich in dem SPON-Filmchen etwas von der mg oder der Linkspartei gehört (auch wenn klar war, dass letztere gemeint ist, wenn von der Unterstützung durch „einige Politiker“ die Rede ist).“
Ich schon:
Das Interview mit der Berliner Verfassungsschutzchefin bezieht sich ganz klar auf das gerade erst beendete mg-Verfahren. So spricht sie von Anschlägen, die als antimilitaristische Maßnahmen verharmlost werden – damit sind sicher nicht die brennenden Luxuskarossen in Kreuzberg und Friedrichshain gemeint. Es sei denn Claudia Schmidt bewertet die Invasion der Besserverdienden als Kriegszustand – aber das glaube ich eher nicht. Also hat sie wohl doch die mg gemeint.
Siehe u.a. TSP (10.11.): „Es ist verheerend, linke Gewalt zu rechtfertigen“ (Interview mit Claudia Schmidt)
und Webseite von MdB Inge Höger: „Keine Denunziation von Engagement für Rechtstaatlichkeit“ http://www.inge-hoeger.de/nc/presse/aktuell/detail/browse/2/zurueck/aktuell-fcb8ab0a75/artikel/keine-denunziation-von-engagement-fuer-rechtsstaatlichkeit/
Dass weder die Brunnenstraße 183 etwas mit der mg zu tun hat (jedenfalls gibt die bislang bekannte Aktenlage dazu keinen Hinweis) und auch Inge Höger sich bisher nicht zu brennenden Autos in Berlin geäußert hat, tut offensichtlich nichts zur Sache – kann ja trotzdem alles in einen Topf geworfen werden. Das finde ich jedenfalls wesentlich unsachlicher als meine Empörung über die gestrige Räumung hier im Blog. Aber als Hüter der Sachlichkeit im Netz hast du sicherlich auch schon Leserbriefe und Kommentare bei BILD und SPON hinterlassen…
Beste Grüße,
Andrej Holm
Hallo AH,
da es zum Zeitpunkt der Räumung keine gültigen Mietverträge gab und dies auch durch das Gericht bestätigt wurde, ist diese Durchsetzung vollkommen legitim. Und die Bewohner müssen auch schon recht ignorant gewesen sein:
Wenn auf einmal nach der Aufkündigung durch den Eigentümer überhaupt keine Miete mehr gezahlt wird, dann ist das Schmarotzertum in Reinkultur. Warum haben die Leute die Miete nicht weiter auf ein selbst eingerichtetes Konto einbezahlt um zu zeigen, dass sie guten Willens sind ihre vertraglichen Verpflichtungen (die es aber nur in ihrem Sinne gab) zu erfüllen? Nein, es ist ja besser die Kohle für sich selber auszugeben.
Es ist auch kein „drastische Schritt“ des Vermieters räumen zu lassen. Für ihn gehen außer dem Mietausfall alle weiteren Belastungen für das Haus weiter: Grundsteuer, Versicherungen, Kehrgebühren etc. Wie lange soll er warten? Bis nach dem letzten „runden Tisch“ in 99 Jahren? Bitte etwas mehr Realitätssinn.
Außerdem, ein Gerichtsvollzieher war vor Ort. Zustellung des Räumungstietels persönlich nicht möglich, keiner macht die Tür auf und kein Briefkasten da. Zum Glück gilt schon dieser Versuch der Zustellung als erfolgte Zustellung. Das zeigt wie feige die Bewohner waren, immer wieder der Versuch das unvermeidliche hinauszuzögern in der Hoffnung das „Papa Staat“ irgendwie hilft….
Da das Recht auf Seiten des Hausbesitzers ist liegt hier auch kein Ungleichgewicht zwischen Vermieter und Mieter vor. Nix gezahlt, deshalb wird man rausgeworfen. Und das ist auch gut so.
Die Polizei ist übrigens auch nicht der verlängerte Arm des Eigentümerrechts. Die Beamten sind nur vor Ort, um den Gerichtsvollzieher zu unterstützen. Die Anzahl der Beamten war dem möglichen Bedrohungspotential angemessen. Das zeigte sich schon in der kurzfristig zusammengekommenen Ansammlung einer nicht unerheblicher Zahl von Sympathisanten.
Warum soll die Allgemeinheit denn diese „Wohnprojektler“ unterstützen? Ich habe noch nie gehört, dass ein alternatives Wohnprojekt es geschafft hat ein eigenes Haus zu kaufen. Dazu gehört eigener persönlicher Einsatz im Berufsleben, viele Überstunden und „Verlust von Lebenszeit“. Aber dazu sind die Herrschaften ja nicht bereit. Man will Alles haben und zwar wenn möglich umsonst, bzw. allimentiert durch die Gesellschaft.
Wir alle können froh seien in einem Staat wie der Bundesrepublik zu wohnen. Die Rechtssicherheit sichert unser Aller Existenz. Willst du in einer Anarchie wohnen, ständigen Bedrohungen ausgesetzt sein? Und das recht wird durch die Allgemeinheit bestimmt (gemacht). Wann finden sich diese leute endlich einmal damit ab, dass sie sich in diesem Rahmen bewegen müssen? Es gibt keine rechtsfreien Biotope, seien die Grundgedanken noch so schön.
Und zu der Besetzung: Wird ein Unrecht zu Recht indem man es nur lange genug duldet? Zum Glück nicht.
Ich wünsche dem Eigentümer viel Erfolg mit seinem Mehrgennerationen-Projekt. Er schafft wenigstens Arbeitsplätze bei den Handwerksbetrieben und hilft dieser Gesellschaft weiter.
Hallo Andrej,
Deine ausführliche Antwort auf meinen Kommentar stellt einiges klar – Danke hierfür!
Daran, dass in der BILD (und anderen Springer-Medien) grundsätzlich ein radikaler Ton gegen alles „Linke“ angeschlagen wird, gibt es selbstverständlich keinen Zweifel. Auch über den gefährlichen und populistischen Unsinn, den Claudia Schmid regelmäßig von sich gibt, herrscht zwischen uns vermutlich Konsens.
Zwei Punkte bleiben meiner Meinung nach noch offen:
Erstens traf die gestrige Räumung die Anwohner nicht „völlig unvorbereitet“ (wo kommt dieses Zitat eigentlich her? In den verlinkten Artikeln finde ich es nicht). Die Räumungstitel für die meisten Anwohner wurden bekanntermaßen bereits im Mai ausgesprochen und für den 18. Juni angekündigt. Daraufhin schrieben die Anwohner selbst Ende Mai bei Indymedia:
„Da der Rest nie beklagt wurde und alle Räumungstitel auf den gleichen Zeitpunkt lauten (18.06.09, 7.00 Uhr), gehen wir davon aus, dass das gesamte Haus geräumt werden soll. Wir bereiten uns jetzt entsprechend darauf vor und hoffen andere tun das auch.“
So überraschend kam die Räumung also nicht 😉
Zweitens finde ich es wirklich schwer, zu beurteilen, ob der Umfang der Räumungsaktion wirklich unangemessen war oder nicht. Klar: primär ging es um eine handvoll friedlicher Leute, die sich einer Räumung kaum mit Gewalt entgegen setzen würden. Auf der anderen Seite haben die Bewohner selbst (!) auf ihrer Website Bezüge zwischen einer drohenden Räumung und „militanten Aktionen“ hergestellt. Unter der Überschrift „Keine Räumung am 18.06.!“ schreiben sie:
„Vielleicht haben aber auch die zahlreichen militanten Aktionen während der Action Weeks dazu beigetragen. Widerstand zahlt sich aus!“
Dabei wird auf die Website der Action Weeks verlinkt, auf der wiederum zu lesen ist:
„Die Nächte wurden kürzer und wärmer, nicht nur aufgrund des Wetters. Das ein oder andere am Wegesrand abgestellte Automobil schlug Flammen, und dass nicht nur innerhalb der zweiwöchigen Action Weeks. Allein in diesem Jahr hat es bereits über 170 Fahrzeuge erwischt, darunter hochwertige Luxuskarren, Fahrzeuge von Repressionsbehörden wie Polizei und Ordnungsamt, und globalen Firmen wie Siemens, DHL, Bärenmenü, die an den momentanen Verhältnissen der Ausbeutung und Unterdrückung teilhaben und Profite erzielen mit ihren Geschäften an der Atomindustrie, bei Kriegsdienstleistungen und bei Ekelfrass für Flüchtlinge und Inhaftierte und einigen weiteren.“
Der Bezug zu „militanten Aktionen“ und brennenden Autos musste also nicht von der BILD oder Frau Schmid erfunden werden, sondern wurde tatsächlich von den Bewohnern der Brunnenstraße selbst hergestellt. Dass die Polizei angesichts dessen nicht nur mit zwei freundlichen Beamten auftaucht, scheint mir irgendwie verständlich.
Mein Fazit: Es ist schade um jedes alternative Projekt, das Spekulationen und Profitgier zum Opfer fällt. Die Stadt hat dadurch bekanntermaßen viel an Charme eingebüßt. Auf der anderen Seite steckt mir aber zu viel unreflektierte und leider auch völlig unnötige Ideologie in der Debatte. Kein Besitzer würde ein Gebäude räumen lassen, wenn er nicht davon ausgehen könnte, dass er mit anderen Mietern höhere Profite einfahren wird. Dabei geht es nicht, wie von den Betroffenen oft behauptet, um „sexistische, rassistisch-faschistische, verwertungsideologische, fremdkontrollierte, normative Zwänge und Diskriminierung“ – sondern eben nur ums Geld.
PS: Leserbriefe bei der BILD hinterlasse ich nicht, da ich dieses Blatt (und die zugehörige Website) aufgrund seiner rassistischen, sexistischen und menschenverachtenden Schreibe grundsätzlich meide.
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Hallo Stefan,
die Formulierung des „völlig unvorbereitet“ von der Räumung überrascht Werdens stammt aus dem Tagesspiegelartikel. Offensichtlich wurde diese Formulierung nachträglich herausgenommen. Einen Absatz später ist jedoch sinngleich weiter hin davon die Rede, dass „die Bewohner von der Räumung überrascht wurden“.
Aus Verlinkungen zu anderen Webseiten und großspurig formulierten Aufrufen zur Unterrstützung gegen eine anstehende Räumung tatsächlich auf ein Gefahrenpotential der Bewohner/innen zu schließen, finde ich nicht wirklich überzeugend und klingt mir zu sehr nach der Ermittlungslogik staatlicher Verfolgungsorgane. Und ich finde es bedauerlich genug, dass die so denken und handeln.
Die Unverhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes ist für mich weniger eine Frage der Anzahl und Bewaffnung der Beamten, sondern vielmehr eine der Entscheidung für eine Räumung an sich. Wie beschrieben gab es ja eine jahrelange Verhandlungssituation, auch wenn die in eine Sackgasse gelaufen war. Und mit einer halbwegs realistischen Option zu bleiben, wären sicher auch die Bewohner/innen wieder zu Gesprächen bereit gewesen.
Andrej Holm
Der Zeitpunkt der Räumung kam völlig überraschend, die Tatsache, dass sie jederzeit kommen kann, war natürlich nicht neu. Die meisten haben aber eher damit gerechnet, dass der Termin vorher angekündigt wird, wie das normalerweise üblich ist. Dass ein vergegliches Klopfen an der Haustür ausreicht, dass der Räumungstitel als zugestellt gilt, ist mir neu, und ich bin tatsächlich mal wieder geschockt, dass so etwas möglich ist. Eigentlich bin ich inzwischen ziemlich abgeklärt, was einem so alles passieren kann, wenn man sich auf die Seite der Schwächeren stellt, aber ab un zu schaffen sie es doch noch, mich aus der Fassung zu bringen…
Ich weiß nicht, ob mensch sich vorstellen kann, was es bedeutet, von heute auf morgen sein zu Hause zu verlieren, und nichtmal vorher die Chance zu haben, seine persönlichen Sachen in Sicherheit zu bringen, sich um ein Exil zu kümmern, oder eine bewußte Entscheidung zu treffen, ob mensch sich der Gewalt einer Räumung aussetzen will.
Zudem ist nach wie vor nicht klar, ob die Räumung nach den Regeln der Rechtsstaatlichkeit rechtmäßig war . Die Räumungstitel galten nur für einen kleinen Teil der Wohnungen, und es gab Mietverträge. Durch die fehlende Ankündigung war es den Bewohner_innen neben der fehlenden persönlichen Vorbereitungszeit auch nicht möglich, sich auf rechtlichem Weg dagegen zu wehren. Klar werden sich die Anwälte des Hauses im nachhinein drum kümmern, aber das Haus ist geräumt, die Fenster sind ausgebaut, und es ist damit unbewohnbar. Tatsachen sind geschaffen worden, und auch wenn sich, wie schon bei der Räumung der Yorckstr. 59, im hachhinein rausstellt, dass die Räumung illegal war, wird das nichts mehr ändern. Die Rechte eines Hausbesitzers werden mit brachialer Gewalt durchgesetzt, die Rechte der Bewohner_innen wurden bei der Räumung der Yorckstr. und der Brunnenstr. mit Füßen getreten.
„Da das Recht auf Seiten des Hausbesitzers ist liegt hier auch kein Ungleichgewicht zwischen Vermieter und Mieter vor. Nix gezahlt, deshalb wird man rausgeworfen. Und das ist auch gut so.“
Ist wohl ein bißchen naiv.
Ehrlich gesagt interessiert mich der Rechtsstaat auch garnicht, dass all die schönen Sachen, die er garantieren sollen, eine Ideologie sind, um im Namen der guten Sache die Interessen einiger weniger zu schützen und die strukturellen Ungerechtigkeiten der Gesellschaft abzusichern, habe ich schon lange verstanden. Und genau das zeigt sich hier mal wider in aller Häßlichkeit. Sicher ist, dass die Räumung der Yorckstr. rechtswidrig war, und auch dort haben rechtsstaatsgläubige Bürger den Einsatz von brachialer Staatsgewalt verteidigt. Auch die Räumung der Brunnenstr. steht rechtlich auf sehr dünnen Beinen. Es würde mich nicht schocken, wenn in ein paar Monaten bis Jahren rauskommt, dass ca. 20 Menschen unrechtmäßig ihr zu Hause verloren haben. Dann interessiert es aber niemanden mehr, und die neuen, zahlungskräftgeren Bewoher_innen werden wohl kaum von behelmten Bullen aus ihren teuren, sanierten Wohnungen geworfen werden, um das Unrecht rückgängig zu machen.
Außerdem geht es bei der Räumung von Hausprojekten um mehr als juristische Fragen. Es ist eine politische Entscheidung, das Haus zu räumen und nicht mehr zu versuchen, am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden. Es ist eine politische Frage, wer in Mitte wohnen darf, wer nicht und wer das entscheidet. Es geht um die Frage, in was für einer Welt wir leben wollen, ob es um die Gesetzte geht oder um gefühlte Gerechtigkeit, ob man sich zurücklehnt und wartet, bis es zu spät ist, wenn die Welt immer zügelloser nach wirtschaftlichen Interessen umstrukturiert wird, oder ob man versucht, sich dagegen zu wehren, auf irgendeine Art, denn das Unterfangen ist relativ aussichtslos, und niemand hat das Rezept, daher ist jeder Versuch zu begrüßen.
Liebe Leute,
das ist ja eine schöne und gute Diskussion, aber mal ehrlich: wenn Hausbewohner öffentlich Protokolle ins Netz stellen, auf denen zu lesen ist, dass das Projekt kurz vor dem Auseinanderfliegen ist, die Leute genervt und 6 Leute ausgezogen sind (wba-Seiten), dann darf man sich nicht wundern, wenn das auch gelesen, als Chance begriffen und genutzt wird…Taktisch einfach superschwach!
Und jetzt? Stehen 500 Leute in der Brunnenstraße und skandieren zu Fußballmelodien Haßlieder auf die Polizei…
Habe ja durchaus Sympathie für das Anliegen, etwas gegen Verdrängung zu tun, aber das Verhalten ist ehrlich gestanden (wohl auf beiden Seiten) sehr klischeehaft, fast schon folkloristisch.
Also, da hier im Blog ja eher die Denker unterwegs sind: vielleicht solltet Ihr mal der Straßenguerilla-Fraktion was über Strategie beibringen…
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@unitedwestay:
„Ehrlich gesagt interessiert mich der Rechtsstaat auch garnicht, dass all die schönen Sachen, die er garantieren sollen, eine Ideologie sind, um im Namen der guten Sache die Interessen einiger weniger zu schützen und die strukturellen Ungerechtigkeiten der Gesellschaft abzusichern, habe ich schon lange verstanden. “
Hast du dir mal überlegt wie es wäre, wenn dieser Staat mit seiner jetzigen Gewaltenteilung so nicht existent wäre? Dann könntest du hinter jeder Ecke den nächst Stärkeren sehen, der dir die Sachen wegnimmt, die dir lieb und teuer sind oder noch schlimmer, deiner Person körperlichen Schaden zufügt. Du hättest nicht die Möglichkeit zum Arzt zu gehen wann immer du willst, es sei denn du zahlst bar. Es gibt keine Schulen wo du das Recht hast dein Kind hinzuschicken etc.
Denk lieber erst mal drüber nach wie stark du vom Staat und der damit verbundenen Gesellschaft profitierst. Wenn du da mal Bilanz ziehst wirst du sehen das es eine ganze Menge ist die der Staat für dich tut.
„Dass ein vergegliches Klopfen an der Haustür ausreicht, dass der Räumungstitel als zugestellt gilt, ist mir neu, und ich bin tatsächlich mal wieder geschockt, dass so etwas möglich ist.“
Wie soll es denn sonst gehen, wenn es keinen Briefkasten gibt (den normalerweise jeder hat, der hier scheinbar aber bewusst entfernt wurde). Meinst du der Gerichtsvollzieher wartet dann die nächsten Tage hinter der nächstgelegenen Mülltonnen um zu beobachten wer ins Haus geht um ihm dann die Zustellungsurkunde zu übergeben? Das ist eine den Realitäten angepasste Regelung.
„Es ist eine politische Entscheidung, das Haus zu räumen und nicht mehr zu versuchen, am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden. “
Das wurde über mehrere Jahre versucht. Irgendwann ist halt Schluss und der Zeitpunkt hängt von der persönlichen Sichtweise ab, danach entscheiden die Gerichte. Da ist auch nichts politisches dahinter sondern die Sichtweise des Hausbesitzers die ich gut verstehen kann. Schließlich hat er weiterhin laufende Unkosten.
„Es ist eine politische Frage, wer in Mitte wohnen darf, wer nicht und wer das entscheidet.“
Das ist es nun wirklich nur indirekt: über den (beinahe nicht mehr vorhandenen) sozialen Wohnungsbau. Über den Rest entscheidet der Markt. Wohnhäuser sind nun mal ein Gut, welches mit Kapital und Arbeitskraft errichtet wurden. Aus diesem Grund will jeder Investor nun einmal eine Rendite haben. Ohne Rendite kann er das Geld auch zur nächsten Bank aufs Sparbuch bringen und dann gehen über die Jahre auf Grund der dann fälligen Instandhaltungen die nicht mehr ausgeführt werden die Gebäudebestände zu Grunde. Bestes Beispiel die Wohnraumbewirtschaftung der DDR die zeigt wie man aus einem riesigen Gebäudeensemble ein slumähnliches Umfeld erschafft. Mit politisch hast du recht, wenn du Umfang und Art des sozialen Wohnungsbaus meinst, oder auch von einer Mietpreisdeckelung. Da musst du dann dementsprechend wählen und wenn es genügend Leuten wichtig genug ist, werden diese Regularien auch umgesetzt. Nur scheint es hierfür keine Mehrheit zu geben und das ist nun einmal das demokratische Prinzip.
Für dich zur Beruhigung: Beschäftige dich mal mit dem Zinseszins-Prinzip dann kannst du mit einer einfachen mathematischen Betrachtung sehen, dass dieses System schon von seiner Logik her endlich ist. Verbinde diesen Gedankengang mal mit den Theorien von Kondratief (googeln: Kondratief-Zyklus, wir sind gerade im „Winter“ ;-).
Deshalb ist irgendwann in nicht all zu naher Zukunft sowieso ein Reset fällig und das Spiel geht von vorne los.
Noch was zum ärgern (geht mir jedenfalls so): Schau mal nach dem Begriff Fiat-Money oder Fiat-Währung, da wirst du sehen wie risikoreich und unverständlich ein Finanzsystem ohne Sachwertdeckung im Währungsbereich ist.
Aus diesem Grund glaube ich auch nur an Sachwerte, wie z.B. Immobilien. Und das tun einige. Immobilien sind Besitz und der Besitz ist nuneinmal speziell geschützt.
@ ich
„Hast du dir mal überlegt wie es wäre, wenn dieser Staat mit seiner jetzigen Gewaltenteilung so nicht existent wäre? Dann könntest du hinter jeder Ecke den nächst Stärkeren sehen, der dir die Sachen wegnimmt, die dir lieb und teuer sind oder noch schlimmer, deiner Person körperlichen Schaden zufügt. Du hättest nicht die Möglichkeit zum Arzt zu gehen wann immer du willst, es sei denn du zahlst bar. Es gibt keine Schulen wo du das Recht hast dein Kind hinzuschicken etc.
Denk lieber erst mal drüber nach wie stark du vom Staat und der damit verbundenen Gesellschaft profitierst. Wenn du da mal Bilanz ziehst wirst du sehen das es eine ganze Menge ist die der Staat für dich tut.“
Klar habe ich mir mal überlegt, wie es ohne Pseudo-Rechtsstaat so aussehen würde. Mir ist durchaus bewußt, dass es Länder auf dieser Welt gibt, in denen es schlimmer ist als hier, und vor allem auch dass es in Deutschland Zeiten gab, die sich niemand mit einem Rest Verstand zurückwünscht. Anders als der status quo muß nicht unbedingt besser sein, was nicht heißt, dass man aufhören sollte, dafür zu kämpfen, dass es besser wird. Und momentan verschlechtern sich die gesellschaftlichen Zustände eher, als dass sie besser werden. Viele Errungenschaften, die einmal mühsam erkämpft wurden, werden grade sang- und klanglos wider abgeschafft, da die Bewegungen, die sie einst erkämpften, an Kraft verloren haben. Die Freiraumprojekte zum Beispiel, oder die Freiräume an der Uni, die studentische Mitbestimmung, die Sozialleistungen, die Arbeitsbedingungen usw… Wenn ich versuche, mich dagegen zu wehren, steht hinter jeder Ecke der nächste Bulle und nimmt mir mit Gewalt, was mir lieb und teuer ist. Damit meine ich nicht meinen Besitz, denn davon hab ich nicht allzu viel, was andere neidisch machen könnte, sondern meine Freiheit, mein verlangen nach mehr Gerechtigkeit, mein Verlangen, in einer Welt zu leben, die nicht auf solch globalen gewalttätigen Ungerechtigkeiten beruht. Und die medizinische Versorgung läßt sich auch anders organisieren, Anarchie muss nicht auf das Recht des Stärkeren hinauslaufen. Anarchie bedeuted Selbstorganisation von unten.
„Wie soll es denn sonst gehen, wenn es keinen Briefkasten gibt (den normalerweise jeder hat, der hier scheinbar aber bewusst entfernt wurde). Meinst du der Gerichtsvollzieher wartet dann die nächsten Tage hinter der nächstgelegenen Mülltonnen um zu beobachten wer ins Haus geht um ihm dann die Zustellungsurkunde zu übergeben? Das ist eine den Realitäten angepasste Regelung. “
z.B. vor der Tür warten, bis jemand rauskommt? Das dauert in einem Haus mit so vielen Bewohner_innen nie länger als ne halbe Stunde, hab ich selber schon ausprobiert. Oder in den Hof stellen und schreien. Oder an die Adresse zustellen, an die die Bescheide beim ersten Räumungsversuch zugestellt wurden. Denn die hat die Bewohner_innen erwiesenermaßen erreicht, welchen Grund kann es also gehabt haben, dass diesmal ein anderer Weg gewählt wurde? Böse Absicht?
„Das wurde über mehrere Jahre versucht. Irgendwann ist halt Schluss und der Zeitpunkt hängt von der persönlichen Sichtweise ab, danach entscheiden die Gerichte. Da ist auch nichts politisches dahinter sondern die Sichtweise des Hausbesitzers die ich gut verstehen kann. Schließlich hat er weiterhin laufende Unkosten.“
Warum meinst du denn, dass die persönliche Sichtweise des Hausbesitzer unpolitisch wäre? Zumal der die politische Verantwortung dem Senat in die Schuhe schieben will, da die eine friedliche Lösung nicht unterstützt haben. Perönliche Entscheidungen, die dazu führen, dass Menschen mit Gewalt ihr zu Hause verlieren, sind nicht unpolitisch. Die Frage, ob das Recht eines einzelnen auf sein Eigentum mehr zählt als das Recht von 30 Menschen auf ihr zu Hause ist eine politische. Und wenn die Gesetze sagen, dass das so ist, dann sind die Gesetze falsch. Recht und Gerechtigkeit waren schon immer zwei höchst verschiedene Dinge. Welche Gesetze es gibt und ob es überhaupt Gestze gibt, ist eine politische Frage.
„Das ist es nun wirklich nur indirekt: über den (beinahe nicht mehr vorhandenen) sozialen Wohnungsbau. Über den Rest entscheidet der Markt. Wohnhäuser sind nun mal ein Gut, welches mit Kapital und Arbeitskraft errichtet wurden. Aus diesem Grund will jeder Investor nun einmal eine Rendite haben. Ohne Rendite kann er das Geld auch zur nächsten Bank aufs Sparbuch bringen und dann gehen über die Jahre auf Grund der dann fälligen Instandhaltungen die nicht mehr ausgeführt werden die Gebäudebestände zu Grunde. Bestes Beispiel die Wohnraumbewirtschaftung der DDR die zeigt wie man aus einem riesigen Gebäudeensemble ein slumähnliches Umfeld erschafft. Mit politisch hast du recht, wenn du Umfang und Art des sozialen Wohnungsbaus meinst, oder auch von einer Mietpreisdeckelung. Da musst du dann dementsprechend wählen und wenn es genügend Leuten wichtig genug ist, werden diese Regularien auch umgesetzt. Nur scheint es hierfür keine Mehrheit zu geben und das ist nun einmal das demokratische Prinzip.“
Ich meine nicht den sozialen Wohnungsbau, und wenn dann nur sehr indirekt. Es liegt mir sehr fern, nach staatlicher Regulierung des Kapitalismus zu schreien, da ich den Staat ablehne. Aber als realpolitische kurzsichtige Verbesserung hätte ich erstmal auch nichts dagegen.
Recht hast du damit, dass das alles der kaptialistische Logik folgt. Und genau das ist auch der Punkt, wo das Ganze politisch ist. Du sagst „das ist numal so, dass der Markt das reguliert“, Ich sage, das ist eine riesige Sauerei, dass hat mit Demokratie in dem Sinn, dass die Menschen die Macht haben sollten, über die kollektiven Belange entscheiden zu können, nichts zu tun, dass hat auch mit deiner heißgeliebten rechtsstaatlichkeit nichts zu tun. Und vor allem: das muß nicht so sein. Ungebremster Kapitalismus ist brutal, menschenverachtend und tödlich, staatlich gebremster Kapitalismus ist es genauso, nur halt ein wenig gebremster. Momentan bewegen wir uns vom gebremsten zum ungebremsten Kapitalismus, ich will in die andere Richtung, denn da kann es nur besser werden.
Und das Todschlagargument zum Schluss: Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten.
Wenn etwas etwas bringt, dann eine Bewegung von unten.
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Die Freiheit der Andersdenkenden ist nicht die Freiheit,die man sich selbst vorstellt.Die eigene Freiheit,die man sich nimmt,ist nicht identisch mit der Freiheit der anderen.Von 1848 bis 1989 gibt es dazu immer wieder Beispiele und keiner lernt aus den Fehler.Die Interessen des Einzelnen sind für die Gesellschaft,dem Staat ,nur brauchbar, wenn er damit seine Ziele verwirklichen kann, alles andere ist der Uneinigkeit des -Wir sind das Volk- zu zu ordnen.
Wer wurde denn eurer Meinung am Tag der Räumung in der brunnenstr. überascht, es war doch kein „gemeldeter“ mehr da. Sind doch alle vorher in andere Objekte umgezogen, haben zwar für den Eigentümer noch ne menge hinterlassen, aber bestimmt nichts zu verwertendes. Also waren es Touris und oder EU-Touris aus Rumänien und oder nicht deutsche sesshafte Berliner Mitbürger, die eh gerade kein Geld für ein Hotelaufenthalt hatten.
In älteren Bloggs gibt es Einträge der l. S. die sehr Sauer sind, dass die Nutzer der Brunnenstr. 183 nicht die Qualität erbringen, die für berlin erforderlich wäre, um alternatives Wohnen kämpferisch zu erwirken. Heist auf berlinisch „wir unterstützen eure Projekte nischt, ihr seit schlapp, macht mal selber. Da Rechtsanwalts-kosten teuer sind, wurden die warscheinlich gespart.
Ergo Haus geräumt, ein Haufen frischer Luft im Haus, in den nächsten 2-5 Jahren keine Nachnutzer, wer will schon einziehen wenn keine Klo`s auf en Etagen nutzbar „WAREN“ ,(wer ahnt schon, wo da alles in den letzten Monaten ,wenn nicht Jahren entsorgt wurde, vieleicht um nichts
@unitedwestay:
danke für die antwort. Mit welchen argumenten ich aber meine grössten schwierigkeiten bei dir habe sind:
„Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten.
Wenn etwas etwas bringt, dann eine Bewegung von unten.“
Wahlen bringen etwas. Wenn genügend leute deiner meinung sind könnt ihr eine partei gründen und eure politischen werte über eine mehrheitsentscheidung (wahlen) durchsetzen. Ich glaube jedoch, dass es für eure ideale keine mehrheit gibt und genau das ist euer problem-ihr seht kein licht am ende des tunnels und das ist hochgradig frustrierend. Nur dann müsst ihr euch die frage stellen, ob es nicht besser ist auszuwandern, nur dann kommt die frage: wohin? Die menschen ticken nun einmal von grund auf kapitalistisch (jedenfalls die mehrheit), egal in welcher etnie, religion (hinduismus vielleicht etwas weniger 😉 oder sonst wo auf der welt, kleinere naturvölker mal ausgenommen.
Eure ideale kann ich verstehen, teilweise finde ich auch die gedankengänge schön, so wie auch der kommunismus in seiner grundideologie eine schöne idee ist, nur so tickt der mensch leider nicht. Deshalb sind auch alle ansätze in diese richtung immer wieder gescheitert oder haben sich in diktaturen entwickelt die nun wirklich niemand will. Das wäre früher oder später auch bei einer anarchistischen gesellschaftsform der fall, dazu gibt es zu viele machtmenschen die diese dann auch irgendwann erlangen und anschließend durchsetzen. Deshalb sind diese vorgänge (höchstens) indirekt politisch, weil sie in erster linie menschlich sind und diese menschlichkeit (ohne bewertung ob gut oder schlecht) sich nun einmal im augenblick in den politischen verhältnissen wiederspiegelt. Für mich ist das ein system in dem ich mich sehr wohl fühle (zum glück).
„Die Frage, ob das Recht eines einzelnen auf sein Eigentum mehr zählt als das Recht von 30 Menschen auf ihr zu Hause ist eine politische.“ Und das sehe ich anders. Hier wird versucht dem besitzer ideale aufzudrücken die er nicht will. Deshalb auch die räumung, verbunden mit den ökonomischen interessen des eigentümers. Und ja, hier wiegt das eigentumsinteresse stärker. Jeder in deutschland erhält die notwendigen mittel zur grundsicherung: dach über dem kopf, essen, begrenzte pecuniäre mittel. Mehr schuldet die gesellschaft nicht. Kein recht auf den engeren wohnort etc. Lediglich die grundbedürfnisse. Sonst wäre deutschland pleite und ein 3-welt-land.
„Anarchie bedeuted Selbstorganisation von unten. “ …und hier wird sich der stärkste durchsetzen und dann haben wir wieder diktatorische zustände, guten morgen. Wie willst du denn einen arzt in der anarchie überzeugen dich zu behandeln wenn er nicht will?
http://www.spiegel.de/video/video-1033929.html
Wenn man sich die Videodokumentation anschaut kommt man ob des Zustandes der Wohnungen (nicht die baulichen, sondern wie darin gelebt wird) doch ein bisserl ins Grübeln.
Und hier stellt sich die Frage @unitedwestay: ist es da, wass ihr euch eträumt. Da könnte ich aber nur kotzen. Selten so ein versifftes Etwas als Wohnung gesehen. Da lebe ich doch sehr gern in meiner kapitalistischen Welt. Ohne wenn und aber!
„Anders als der status quo muß nicht unbedingt besser sein, was nicht heißt, dass man aufhören sollte, dafür zu kämpfen, dass es besser wird.“ => ist denn das was du auf den Bildern siehst besser? Aber zumindest hat man noch viel vor sich, wenn man was verbessern will 😉
„=> ist denn das was du auf den Bildern siehst besser? Aber zumindest hat man noch viel vor sich, wenn man was verbessern will ;-)“
Nun, die Brunnen 183 war ein umstrittenes Projekt. Freiräume sind Experimentierfelder, und die Experimente können wohl auch scheitern…
Um zu beurteilen, ob das in der Brunnenstr. so war, sollte man sich mit dem, was dort gelebt wurde, wohl etwas intensiver beschäftigen als sich ein paar Bilder anzuschauen. Daraus kann man viel lernen, was im Zusammenleben von Menschen wichtig ist, wie (kleine) Gesellschaften funktionieren, was sie für einige frei und für andere zu Albträumen macht, zumindest tausend mal mehr als aus dem Politik-Unterricht in der Schule.
Vielen hat hinter der Brunnenstr. der politishe Anspruch gefehlt, viele der Bewohner_innen haben immer wieder betont, dass die Menschen, die dort gelebt haben, wenig bis gar kein Geld hatten und für einige die Brunnenstr. eine Alternative zum Leben auf der Straße war und einer der wenigen Orte, wo sie mit ihren Geschichten existieren konnten. Besser? Ich glaub schon, ist halt eine Frage der Bezugspunkte.
Und natürlich hat man noch viel vor sich, wenn man was verbessern will. Das liegt in der Natur der Sache. In der Brunnenstr. hat man jetzt nichts mehr vor. Ausgeträumt.
Krasse Bilder. Dazu fällt mir ein: das Thema „Selbstbestimmung und Freiräume“ könnte in ganz anderem Licht dastehen, wenn man in den Häusern einen Weg zeigen würde, wie man ganz „unkapitalistisch“ eine persönliche Weiterentwicklung gestalten kann…was ich in dem Film sehe, ist genau das Gegenteil, nämlich offenbar das Ergebnis von Rückentwicklung (zum Saustall) und Selbstaufgabe – kann natürlich auch jeder machen wie er will, aber als Blaupause zur Mobilisierung der Massen taugt das nicht…
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Zu der Frage was für Leute in dem Haus gelebt haben bitte auch mal hier vorbeigucken:
Danke.
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Über die Offene Universität Berlins wird ja überhaupt nicht berichtet, welche nach wie vor existiert. Liegt direkt im Zentrum Berlins, an der Friedrichstr. bzw. HU Gelände, dort leben seit einigen Jahren ebenfalls Hausbesetzer.
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