Berlin: Street Reading Immobilienwerbung

Sollte es noch eines Arguments dafür bedürfen, dass der Wohnungsmarkt in Berlin kein einheitlicher ist, so sei an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Werbebotschaften der Wohnungsunternehmen an verschiedenen Stellen der Stadt verwiesen. In der Ethnologie gibt es seit ein paar Jahren Ansätze einer „Street-Reading“ benannten Methode, um Strukturen und Konflikte in Nachbarschaften zu erfassen und zu deuten. Grundidee ist das systematische Erfassen von allen Zeichen im Raum und deren anschließende Auswertung.  Vielleicht gar keine schlechte Idee – schon eine kleine Auswahl von solchen „Raumzeichen“ (hier Immobilienwerbungen im öffentlichen Raum) provoziert viele Fragen und signalisiert deutlichen Unterschiede zwischen einzelnen Gebieten…

Bei einer kleinen Irrfahrt durch den Stephanskiez (Moabit) ist uns diese hübsche Kundenwerbung aufgefallen. Kernbotschaft: preiswerte Wohngelegenheit.

Immobilienwerbung in Moabit

Ganz anders dagegen die auch gestalterisch oft aufwendigeren Werbestrategien von neuen Wohnanlagen in Alt-Mitte und Prenzlauer Berg. Die fassadenhohe Werbung für das Hafenqurtier in Mitte kommt ganz ohne nebensächliche Informationen zum Miet- bzw. Kaufpreis aus. Kernbotschaft: Im Grünen. Am Wasser (also irgendwie ziemlich aussergewöhnlich für mitten in der Stadt)

Immobilienwerbung Berlin Mitte (http://townhouses.files.wordpress.com)

Immobilienwerbung Berlin Mitte (http://townhouses.files.wordpress.com)

Auch die Wertung für den Marthashof gestaltet sich deutlich aufwendiger als das laminierte Banner in Moabit. Neben großen Werbetafeln gibt es an der Eberswalder Straße gleich einen ganzen Showroom, in dem Grundrisse und Gestaltungsmaterialien in Augenschein genommen werden können und kompetente Kaufberater/innen zur Verfügung stehen. Kernbotschaft: alles ganz professionell und exklusiv.

Immobilienwerbung Marthashof, Prenzlauer Berg (http://www.wasistlandschaft.de)

Immobilienwerbung Marthashof, Prenzlauer Berg (http://www.wasistlandschaft.de)

Die hier vorgestellten Beispiele sind natürlich keinesfalls repräsentativ und auch nicht systematisch ausgewertet. Für die hier ja schon mehrfach angesprochene Suche nach Aufwertungsindikatoren scheinen mir die sichtbaren Werbestrategien der Wohnungsanbieter aber ausserordentlich gut geeignet. Sie geben nicht nur Auskunft über die tatsächlichen Wohnungsangebote, sondern spiegeln zugleich die von den Wohnungsunternehmen vermuteten Wohnpräferenzen des umworbenen Klientel.

Über Bilder und Beschreibungen von anderen typischen Werbebotschaften von Wohnungsunternehmen und Ideen, wie solche Immobilienwerbungen systematisch ausgwertet werden können, würde ich mich sehr freuen…

Ein Gedanke zu „Berlin: Street Reading Immobilienwerbung

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