Warschau: Proteste gegen die „Hauptstadt der Obdachlosigkeit“

Warschau: Europäische Hauptstadt der Obdachlosigkeit

"Warschau: Europäische Hauptstadt der Obdachlosigkeit"

Am 24. Juni demonstrierten mehrere Warschauer Mieterorganisationen gegen die städtischen Wohnungspolitik. Die Demonstration richtete sich gegen die jüngsten Mietsteigerungen um 200-300 Prozent und erzwang eine Debatte zur neuen Wohnungspolitik im Stadtparlament, auf der auch zwei Vertreter der Mieterorganisationen sprechen konnten.

Während sich der Umfang der preiswerten öffentlichen Wohnungen in der polnischen Hauptstadt durch die fortgesetzte Reprivatisierung immer weitere verringert und viele der Häuser einen katastrophalen baulichen Zustand aufweisen, wächst der Bedarf nach öffentlichen Wohnungen. Die Stadtpolitik jedoch setzt auf eine Wohnungsversorgung über den Markt und übersieht dabei, dass die Warschauer Mieten und Wohnungspreise höher sind als in vielen anderen europäischen Ländern. Die große Mehrheit der Bevölkerung – so die Kritik der Mieterorganisationen – verfüge weder über die Kreditwürdigkeit für einen Wohnungserwerb noch über genügend Geld für die Mietpreise, die von den lokalen Hausbesitzern verlangt werden.

Infolge von Bodenspekulation und Aufwertungsprozessen wurden bereits in den vergangenen Jahren viele Bewohner/innen aus der Stadt gedrängt und sind wegen des Mangels an preiswerten Wohnungen ins Umland oder nahegelegene Kleinstädte ausgewichen. Dass zur selben Zeit Entscheidungen getroffen wurden, die den Verkauf städtischen, staatlichen und betriebseigenen Grundstücke ermöglichen, zeigt den neoliberalen Grundton der Warschauer Stadtpolitik.

Ganz den Leitbildern einer unternehmerischen Orientierung verschrieben, setzt die Stadtpolitik in Warschau vor allem auf die Steigerung des internationalen Ansehens der Stadt und gibt viel Geld für internationale Kongresse aus und bewirbt sich um den Titel der Kulturhauptstadt Europas. Die Stadtregierung setzt dabei auf eine möglichst umfassende Aufwertung der Innenstadt um sich der Welt als wohlhabende Stadt zu präsentieren.

Die Mieterorganisationen hingegen befürchten, dass Warschau sich in den nächsten Jahren zur „Europäischen Hauptstadt der Obdachlosigkeit“ entwickelt. Aus Protest gegen diese unsoziale Stadtpolitik richteten sie vor der City Hall ein Obdachlosen-Stadt mit Kartons und Zelten ein.

Mehr Informationen: Centrum Informacji Anarchistycznej (auf polnisch)

via: alter-ee

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