Berlin ist Mieterstadt – nur etwa 14 Prozent aller Wohnungen sind Eigentumswohnungen. Und wie es aussieht, wird das wohl auch so bleiben. Denn ganz im Gegenteil zu den Versprechen der Immobilienbranche und Finanzvermittler lohnt sich der Besitz an Wohneigentum nicht wirklich. Einige Zeitungsmeldungen der letzten Tage bestätigen dies.
Eigentümer in Berlin haben es nicht leicht: Wohnungskauf ist teuer (Die Welt), Baugruppen sind unbeliebt (taz), Eigentümer/innen zahlen drauf (taz) und dürfen sich nicht mal mehr über laute Musik beschweren (Tagesspiegel).
Eigentumswohnungen in Berlin nur für Reiche
Die Welt: In diesen Regionen sind Immobilien billiger: Das empirica Institut hat im Auftrag der Bausparkassen untersucht, wie tief Eigentumswohnungserwerber/innen in verschiedenen Regionen in ihre Taschen müssen. Als Vergleichskriterium wurde das Verhältnis der lokalen Durchschnittseinkommen und Kaufpreise errechnet. Im Durchschnitt liegen die Kosten für eine gebrauchte Eigentumswohungen bei etwa 5,6 Haushaltsnetto-Jahreseinkommen. Im internationalen Vergleich sei das sehr günstig, so die Aussage der Studie. Nicht so in Berlin:
So müssen Berliner im Schnitt 8,6 Jahreseinkommen für die eigenen vier Wände aufwenden. In Bremen sind es dagegen nur 3,9 Jahreseinkommen. Dies liegt zum einen an den günstigeren Immobilienpreisen in Bremen, aber auch an den niedrigen durchschnittlichen Einkommen in der Hauptstadt.
Wohneigentum bleibt also in Berlin auch künftig etwas für die Besserverdienenden und die Wohnform (Miete oder Eigentum) wird auch in Zukunft ein deutlicher Indikator für den soziale Status bleiben.
Baugruppen sind wie Fahrradläden
taz: „Baugruppen haben einen ähnlichen Effekt wie früher die besetzten Häuser“: Svenja Bergt gibt im Montagsinterview dem Baugruppen-Planer Andreas Büsching viel Platz für Ehrenrettung der in Berlin umstrittenen Baugruppen. Genutzt hat er die Chance nicht. Statt kritischer Reflektion zur eigenen Rolle in den Aufwertungsdynamiken ist eine peinliche Selbstdarstellung herausgekommen. Nach den Effekten der Baugruppen für die Stadtentwicklung gefragt, suggeriert er eine Kontinuität zur Hausbesetzungsbewegung (der er selbst angehörte) und präsentiert uns sein ganz eigenen Gedanken zur Stadtentwicklung…
Welchen Effekt haben denn Baugruppen Ihrer Ansicht nach in Berlin?
Baugruppen haben einen ähnlichen Effekt wie ihre Vorläufer, die besetzten Häuser. In diesen Häusern war eine Szene drin, und diese Szene mischte sich im Kiez ein. Sie hat Kneipen aufgemacht oder Cafés, hat versucht, Stadtteilpolitik mitzugestalten. Ohne diese Leute passierte in einem Stadtteil sehr wenig. Baugruppen können das Gleiche leisten.
Baugruppen sind also die Hausbesetzer von heute?
Ja, das kann man so sehen. Denn die Gesellschaft hat sich natürlich gewandelt. Es gibt nicht diese Aufbruchstimmung bei den 20-Jährigen: Das sehe ich bei meiner Tochter und ihren Freundinnen. Es gibt derzeit einfach keine starke politische Szene unter den jungen Leuten.
Woran liegt das?
Ich denke, dass die Feindbilder fehlen. Es gibt keinen kalten Krieg, keine Pershing-II-Raketen, und man diskutiert mit CDUlern über die Abwicklung von Atomkraftwerken. Auch im Lokalen hat sich viel verändert. (…)
Hat nicht die damalige Gewalt mit der heutigen gegen Baugruppen gemein, dass dahinter die Angst steht, etwas zu verlieren, das einem wichtig ist?
Ich denke, dass die Angst, dass Baugruppen zur Verdrängung führen, unberechtigt ist. Ich gebe mal ein Beispiel. An der Ecke Karl-Kunger-Straße in Treptow gibt es einen Fahrradladen. Der hat mit Sicherheit genauso viel Auswirkung auf die Kiezstruktur, wie es die Baugruppen am anderen Ende der Straße haben. Früher hat man die Kieze nach der Anzahl der Weinläden bewertet, heute könnte man das vielleicht nach der Anzahl der Bioläden tun. Das zeigt auch: Stadtentwicklung ist immer ein Kreislauf. Es gibt Kieze, die heute oben sind und in ein paar Jahrzehnten wieder unten. Das ist normal und nichts, wovor man Angst haben müsste.
Aha. Baugruppen sind wie Fahrradläden, Stadtentwicklung ist ein Kreislauf und ohne Kalten Krieg gibt es keine politische Aufbruchstimmung unter Jugendlichen… Bei so viel Unsinn bin ich ganz froh, mein taz-Abo schon vor Jahren gekündigt zu haben.
Rücksichtslose Eigentümer
Tagesspiegel: Da ist Musik drin: Das Berliner Verwaltungsgericht entschied gegen die Besitzer von neu errichteten Eigentumswohnungen in Prenzlauer Berg, die den nahegelegenen Knaack-Klub wegen Lärmbelästigung schließen lassen wollten.
Wer ein Wohnhaus neben einem Musikclub errichtet und sich selbst nicht um den Schallschutz kümmert, kann die Lärmvermeidung nicht allein den Clubbetreibern aufbürden. Mit einem entsprechenden Beschluss hat das Berliner Verwaltungsgericht jetzt zugunsten des seit 1952 bestehenden Knaack-Clubs an der Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg entschieden. Zur Rücksichtnahme sei „nicht nur derjenige verpflichtet, der die Emissionen verursache“. Der Neubau neben dem Club sei „als rücksichtslos anzusehen“, befand die 13. Kammer des Gerichts und erklärte die Wohnnutzung vorerst für unzulässig.
Juristische Argumentationen sind ja oft gewöhnungsbedürftig und das Störempfinden gegenüber lauter Musik als ‚rücksichtslos‘ zu beschreiben, klingt ziemlich komisch. Auf jeden Fall keine eigentümerfreundliche Entscheidung.
Eigentümer/innen werden zur Kasse gebeten
taz: Hausbesitzer zahlen fürs Grün. All denen, die bisher glaubten, Wohnungseigentum und Vermietungsgeschäft sei so eine Art Lizenz zum Gelddrucken, raubte das Oberverwaltungsgericht (OVG) jede Illusion. Tatsächlich entschied das Gericht, dass sich auch Eigentümer/innen an die geltenden Gesetze halten müssen. im konkreten Fall geht es um das Wortungetüm „Erschleißungsbeitragsgesetz“ und die Umlage von Kosten für die Errichtung einer Parkanlage.
Am vergangenen Dienstag kam das Oberverwaltungsgericht (OVG) nach einem Eilverfahren in zweiter Instanz zu dem Ergebnis, dass der Bezirk die 1,7 Millionen Euro für die 4.200 Quadratmeter große Grünfläche auf die Eigentümer der Grundstücke im Umkreis von 200 Metern umlegen darf. (…) je nach Grundstücksgröße und Höhe des Gebäudes Beträge zwischen 1.700 und 147.000 Euro. Größter Beitragszahler: das „Pallasseum“, ein riesiger sozialgeförderter Plattenbau mit 1.500 Mietern.
Ausgerechnet im ehemaligen Sozialpalastes (Pallasseum) will der Eigentümer die Kosten nun auf die Mieter/innen umlegen. Wie das konkret umgesetzt werden soll, ist unklar, denn weder verändert sich durch den neuen Park die Mietspiegelzuordnung noch können die Erschließungskosten als Modernisierungumlage deklariert werden.
Hier ein weiterer interessanter Artikel aus der Berliner Zeitung zum Thema „Verdrängung“ : http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0218/berlin/0027/index.html