Die stadtpolitische Orientierung an der „Sozialen Mischung“ war bisher vor allem der Sozialdemokratie vorbehalten. Die vage Hoffnung, dass eine räumliche Nähe zu Besserverdienenden die Lebensbedingungen der Armen irgendwie verbessern würde, geistert seit vielen Jahren durch die stadtpolitischen Programme der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Hier ein bisschen Aufwertung durch das Quartiersmanagement, dort ein paar neue Baugruppen: so ungefähr sahen die Konzepte der Vergangenheit aus.
Jetzt entdeckt überraschenderweise auch die FDP die Stadtpolitik in der Hauptstadt. Auch sie argumentiert mit der ‚Sozialen Mischung‘ – hat aber ganz eigene Vorstellungen, was damit gemeint sein könnte. In einem etwas sperrige betitelten Antrag der Abgeordnetenhausfraktion (Drucksache 16/3135) wagen sich die Liberalen aufs Parkett der Stadtpolitik: „Für mein vielfältiges und tolerantes Berlin, gegen Segregation und Stillstand – Revitalisierung als Motor für eine zukunftsfähige Metropole“ (pdf)“
Vielfältig, tolerant und gegen Segregation – das klingt erst einmal nach wohlmeinenden Schlagworten. Doch während die meisten anderen Parteien zumindest rhetorisch bemüht sind, die Verdrängungsdynamiken zu dämpfen oder aufzuhalten, positioniert sich die FDP ganz offen als Partei der Gentrifier.
Im Antrag der FDP heisst es:
Das Abgeordnetenhaus versteht und unterstützt Revitalisierung als Marktmechanismus, sowohl in Form von Modernisierung durch Privateigentümer (Incumbent Upgrading) als auch in Form von Gentrifizierung, um eine vielfältige und sozial durchmischte Stadt zu ermöglichen. Im Rahmen von Revitalisierungen können Stadteile nachhaltig aufgewertet werden. Gute Beispiele hierfür sind unter anderem die Spandauer Vorstadt in Mitte und das Gebiet um den Koll- witzplatz.
Ausgerechnet die sozial homogenen Aufwertungsgebiete Spandauer Vorstadt und Kollwitzplatz als Referenz für die gewünschte soziale Mischung zu wählen, zeigt, wohin die Reise gehen soll. Um keinen Zweifel an den stadtpolitischen Positionen der FDP aufkommen zu lassen werden auch gleich noch ein paar praktische Vorschläge formuliert:
Das Abgeordnetenhaus fordert den Senat auf, mit seinem Handeln im Bereich der Stadterneuerung Investitionsanreize zu schaffen und die positiven Effekte des Marktes zu unterstützen. (…) Dementsprechend ist es dringend geboten, sich auf klassische Sanierungsmaß- nahmen rückzubesinnen. Dabei sollen insbesondere Maß- nahmen zum Erhalt des kulturellen Erbes (Denkmalschutz) und zur Sicherstellung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse, wie die Sanierung von technischer und sozialer Infrastruktur, gefördert und umgesetzt werden. Dies soll durch einzelne Highlights, wie die Schaffung neuer Bildungsangebote oder auch die hochwertige Gestaltung öffentlicher Räume, ergänzt werden, um neue Bewohner und weitere private Investitionen anzulocken.
Auch an die Mieter/innen der Stadt denkt die FDP:
Das bestehende Mietrecht schützt dabei die dort ansässige Bevölkerung vor Verdrängung und verhindert damit die Segregation der Berliner Stadtquartiere in ausreichender Weise.
Die FDP
lehnt einen gesetzlich verordneten Stillstand in den unterschiedlichen Gebieten ab. Weder durch Gesetzte und Verordnungen, wie einer Milieuschutzsatzung, noch durch gelebte politische Untätigkeit, wie bei der Mediaspree, soll der Status quo konserviert werden. Dies führt langfristig zu unüberschaubaren finanziellen Risiken beim Erhalt des Status quo oder langfristig zu einem völligen Verfall der Gebiete.
Positive Markteffekte nutzen, Soziale Mischung durch Gentrification, Investitionsanreize setzen und den verordneten Stillstand durch Milieuschutzgebiete beenden… das klingt wie Realsatire – ist aber augenscheinlich völlig ernst gemeint.
Ja, es hat eine eigenwillige Komik, wenn auf der einen Seite, die „Linken“ Fraktionen gegen eine soziale Durchmischung in Wohnquartieren agieren und FÜR eine soziale Durchmischung an Schulen um im ersten Fall eine demographische „Aufwertung“ zu verhindern und sie im zweiten Fall herbeizuführen… und die „rechte“ FDP selbige Aufwertung in den Wohnlagen fördern und in den Schulen umgehen will.
Dabei ist das naheliegendste und effektivste Mittel gegen Gentrifizierung nicht genannt worden:
Schuleinzugsbereiche!
Wer mal die rosarote Brille links und den Teer für die Schwarzmalerei rechts liegen lässt kann bei der Betrachtung unserer muslimischen Einwandererkulturen folgendes Feststellen: sobald deren Kinder in nennenswerter Anzahl auf eine bestimmte Schule gehen verlassen die jungen weißen Akademikerfamilien den Schuleinzugsbereich fluchtartig.
Der Überschneidungsbereich insbesondere der Wählergruppen von Grünen und FDP ist hierbei erstaunlich: geht es beiden doch um die Freiheit, die bunte Multikultiwelt aus sicherer Entfernung betrachten zu können… und mit einem Glas südafrikanischem Wein in der Hand über Pro und Kontra von Globalisierung zu disputieren.
Der Antrag der FDP zeigt eins: dass die FDP wenigstens die einzige der Mainstreamparteien ist die ihre Meinung zur Gentrification ehrlich vorträgt. Die Grünen protestieren dagegen in der Hoffnung dass dieser Protest wirkungslos verhallt denn sie wissen dass ihre Kernwähler eben die Gentrifizierer sind und SPD und CDU sind trotz gegenteiliger Verlautbarungen auch heimliche Gentrifizierungsbefürworter denn der Sozialaustausch bringt kommunal steigende Steuereinnahmen und sinkende Sozialausgaben.
Es ist also absehbar, dass der Antrag mit geheuchelter Empörung abgelehnt wird um dann im stillschweigenden Konsens umgesetzt zu werden. Wer wirklich gegen Gentrifizierung wäre, der würde einen Gegenantrag stellen und „mehr Türken, eine Moschee oder wenigstens Türkischunterricht an Grundschulen“ in den von Gentrifizierung betroffenen Bezirken fordern. Dies wäre zwar das Gegenteil von Populismus und die Nazis würden gemeinsam mit den Linksextremisten in friedlicher Harmonie einem das Auto anzünden… aber der Immobilienmarkt wäre nachhaltig gewandelt.
viele Grüße,
Andreas
PS: wem dies hier „rassisitisch“ anmutet, der soll doch mal überlegen, warum er umbedingt am Prenzlauer Berg, in Kreuzberg und Mitte wohnen will anstatt in Wedding oder Neuköln. Für die meisten ist die multikulturelle Gesellschaft soetwas wie ein buntes Strassenfest für die ganze Familie, wo aisatisches Essen, persiche Gewürze und afrikanische Holzfiguren verkauft werden und ein Kinderchor „We are the World“ in zwölf Sprachen vorsingt. Diese Illusion hat ein jähes Ende am Zaun der Rütli-Schule. Die Frage ist nicht, ob dies gut ist oder schlecht, die Frage ist, ob man seine eigenen Kinder dort hineinschicken würde.