In der Welt gibt es einen kleinen Beitrag zu den aktuellen Stadtentwicklungsdynamiken in St. Georg: Das Schmuddelviertel verändert sein Gesicht. Aus dem „einstmals schmierigen Bahnhofsviertel“ sei inzwischen ein „schicker Stadtteil an der Alster“ geworden und Mieten von 11 Euro den Quadratmeter keine Seltenheit. Auch die Gewerbemieten steigen:
Die Außengastronomie in der Langen Reihe hat die Messlatte hoch gelegt: Hier können Immobilienbesitzer inzwischen 50 Euro und mehr pro Quadratmeter Ladenfläche verlangen.
Traditionsgeschäfte hingegen mussten schließen. Kein Wunder also, dass die Meinungen zu den Veränderungen geteilt ausfallen:
Die jetzt in Angriff genommene Aufhübschung des Hansaplatzes ist nur das aktuellste Beispiel für eine Veränderung, die viele Bewohner begrüßen, viele aber auch als Verdrängung von Alteingesessenen kritisieren.
Einige Stimmen aus St. Georg kommen in der Welt zu Wort:
Helmut Voigtland, der Vorsitzender des Bürgervereins in St. Georg bestätigt in seiner Einschätzung die Wirksamkeit von Deattraktivierungsansätzen, die immer mal wieder in stadtpolitischen Debatten vorgeschlagen werden:
„Bisher waren die Mietpreise durch die Drogenszene ja quasi gedeckelt … Die Nachfrage ist nun aber gestiegen. Und zwar erheblich.“
Auch die SPD-Fraktion des Bezirks macht sich Sorgen:
„Die horrenden Kosten sind ein massives Problem. Der Wohnungsbau muss Priorität haben.“
Und der Bürgerschaftvertreter der Linken in Hamburg Joachim Bischoff nimmt die Stadtpolitik in die Pflicht:
„Der Bezirk hat in den letzten Jahren zu wenig getan (…) Die Bezirkspolitiker sind trotz zahlreicher Vorschläge des Stadtteilbeirates nur selten aktiv geworden.“
Es gibt also viel Kritik an den aktuellen Entwicklungen in St. Georg – nur einer stimmt nicht in den Chor der Aufwertungsskeptiker ein: Wolfgang Schüler als Vertreter des Quartiersmanagements:
Wolfgang Schüler, seit acht Jahren Quartiersmanager vor Ort, kann mit Kritik an den Aufwertungsprozessen nicht viel anfangen: „St. Georg ist ein homogener Stadtteil. Endlich ist die ökonomische Situation in Ordnung, der Branchenmix ist prima, und gleichzeitig stimmt das soziale Gefüge. Denn es kommt ja auf die Balance an: Immerhin sind 35 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert.“ Schüler ist stolz, dass man die Anzahl der Sexshops und Stundenhotels deutlich verringern konnte, und meint, der Stadtteil müsse ein „elementares Interesse“ an Veränderung haben.
Noch mal zur Erinnerung: Quartiersmanagement ist ein Instrument des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ und soll eigentlich die Bewohner/innen von benachteiligten Stadtvierteln dabei unterstützen, die Situationen der Armut und Ausgrenzung zu überwinden. Die Rolle des Quartiersmanagements ist dabei als Moderator von Selbsthilfeinitiativen und als Anwalt der Bewohnerinteressen konzipiert. „Elementares Interesse“ des Quartiersmanagements sollte es daher eigentlich sein, die sozio-ökonomischen Bedingungen der Bewohner/innen zu verbessern. Steigende Mieten und Verdrängungseffekte verbessern vielleicht das Image des Stadtteils und sicherlich auch die Statistiken der lokalen Sozialstruktur – gegen Armut und Ausgrenzung haben sie bisher nur selten geholfen.
update:
„St. Georg Mitte“ ist seit 2007 Fördergebiet des Bund-Länder-Programms „Sozialen Stadt“. In Hamburg wird es als Programm „Aktive Stadtteilentwicklung“ umgesetzt. wird, und wo St. Georg sogenanntes „Entwicklungsquartier“ ist. Träger des „Entwicklungsquartiers“ sind die Stadtplanungsbüros ASK und Konsult gemeinsam mit einem Landschaftsplanungsbüro.
Der im Beitrag genannte „Quartiersmanager“ ist hingegen kein Teil dieses Programms sondern die Fortssetzung des bereits seit 2001 eingesetzten „Steindamm-Manager“. Das Projekt wird zur Hälfte privat finanziert (durch die „Interessengemeinschaft Steindamm in St. Georg Mitte e.v.“ in der vorragnig Gewerbetreibende, Hotelbesitzer und Vermieter organisiert sind) und zur anderen Hälfte von der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Ziel sei es, den Standort für den Einzelhandel attraktiv zu machen und Leerstand zu vermeiden.
Meine Kritik am Programm „Soziale Stadt“ war in diesem Fall ein wenig voreilig, das Quartiersmanagment in St.Georg steht vielmehr für eine privat-öffentliche Aufwertungsallianz, die auf wohlmeinenden Zielformulierungen der Armutsbewältigung verzichten kann.
(Jenny: Danke für den Hinweis!)