Hamburg: Anti-Gentrification jetzt völlig abgehoben

Hamburgs städtische Proteste werden immer ungewöhnlicher. Das Immobilien-Symposium Hamburg 2010 gab den willkommenen Anlass für eine bisher unbekannte Protestform: der Psychokinese gegen Gentrification.  Unter dem Motto „Das Empire hebt ab“ versuchten ein paar Dutzend Aktivist/innen mit lustigen orangenen Umhängen und lauter Musik ihre psychokenetische Energie  auf das Gebäude des Immobilien-Meetings wirken zu lassen.

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Was albern aussah, hatte eine erhebliche Wirkung: fast alle Hamburger Zeitungen berichteten von den Protesten gegen das  Symposium der selbsternannten „Macher, Denker und Entscheider“. Auf den Seiten von Es regenet Kaviar – Aktionsnetzwerk gegen Gentrification gibt es einen ausführlichen Pressespiegel. Die schönsten Zitate können auch hier direkt gelesen werden.

Proteste gegen das Immobilien-Symposium Hamburg 2010

Morgenpost: Hippie-Flashmob vor dem Luxus-Hotel

Da guckte die Investoren-Elite blöd: 1890 Euro hatte jeder Teilnehmer der Tagung „Die Macher, Denker und Entscheider sprechen Tacheles“ im Empire Riverside-Hotel (St. Pauli) gezahlt. Um zwölf Uhr fuhr plötzlich ein Band-Laster der „Recht auf Stadt“-Bewegung vor. Zu psychedelischem Rock tanzten 100 Hippies ein Ritual, um den „verrückten“ Immobilienexperten eine „Karma-Reinigung“ zu verpassen. „Statt umzudenken machen die mit ihrem Mist weiter wie vor der Krise“, schimpfte ein Demonstrant. „Bildung für die Besten“ versprach der Veranstalter – und wie man mit „C(r)ash creativity“ weiter gut verdient.

Die „C(r)ash Creativity“ ist keine Erfindung der Protestinitiativen, sondern der Titel eines Themenblocks des Symposiums: „C(r)ash Creativity in schwerer See: In Deckung gehen oder volle Fahrt voraus der Krise?

taz Hamburg: Karmareinigung für Entscheider

Spaßguerilla attackiert Immobilien-Symposium mit Sprach-Bombe. (…) Die Warnung kommt von irgendwo in der Hotellobby: „Achtung, Achtung! In wenigen Minuten werden die Menschen in diesem Gebäude einer psychokinetischen Behandlung unterzogen“, tönt es durch den zweiten Stock des Empire Riverside-Hotels in Hamburg-St. Pauli. Die Hostessen des „Immobilien-Symposiums Hamburg 2010“ sind irritiert. „Wir fordern alle Teilnehmer des Symposiums auf, das Gebäude umgehend zu verlassen“, tönt es wieder. Die Quelle des Lärms entdeckt: eine schwarze Damenhandtasche, in der das rote Lämpchen eines Abspielgeräts leuchtet.

Der Beitrag in der taz zeigt auch noch mal sehr schön, warum der Protest definitiv am richtigen Ort stattfand und veröffentlicht einige O-Töne von dem Symposium. Es klingt wie die Karikatur einer unternehmerischen Stadtpolitik, ist aber ernst gemeint:

Finanzsenator Michael Freytag (CDU) verkündet, dass die Stadt im vergangenen Jahr schon wieder um 10.000 Einwohner gewachsen sei. Es komme jetzt darauf an, „attraktive Angebote zu machen, ohne die Schönheit des Standorts zu gefährden“. Die dünne Besiedlung biete reichlich Spielraum. Wer hier in Immobilien investiere könne „hohe Erträge mit niedrigem Risiko“ erwarten. „Schießt der Hamburger Immobilienmarkt vom Mittelfeld in den Olymp?“, fragt der nächste Redner und bedauert, dass sich in Hamburg mit Immobilien viel weniger Geld machen lasse als in Stockholm oder gar London.

3 Gedanken zu „Hamburg: Anti-Gentrification jetzt völlig abgehoben

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