Berlin: Mieter/innen fordern den Senat heraus

Am Dienstag Vormittag besuchte eine Delegation von Mieter/innen verschiedener Häuser in Berlin die Koaltionsverhandlungen von SPD und CDU. Der Termin war passend gewählt, denn die künftige Regierung hatte das Thema der Stadtentwicklung auf die Tagesordnung gesetzt.

Nach längerem Ausharren  im Treppenhaus des Roten Rathauses wurde ein Dossier mit exmplarischen Beispielen des angespannten Wohnungsmarktes und den Forderungen der Mieter/innen an die beiden Verhandlungsführer Christian Gaebler (SPD) und Bernd Krömer (CDU) überreicht (siehe Pressemitteilung der Mieter/innen). Mit ihrer Geduld und ihrem Verhandlungsgeschick gegenüber der Polizei erzwangen die Mieter/innen eine offizielle Übergabe der Forderungen. Die Wohnungspolitik der künftigen Regierung wird sich daran messen müssen, inwieweit es ihr gelingt die im Dossier beschriebenen Probleme zu lösen.

UPDATE: Bei Heinrichplatz TV  gibt es inzwischen sogar eine kleine Video-Dokumentation der Dossier-Übgergabe: „Mieterinitiativen setzen den Koalitionären im roten Rathaus eine 100-Tage-Frist!“

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Die Übergabe des Dossier trägt dazu bei, dass die Mietenfrage auch in Zukunft ein zentrales Them der Stadtpolitk bleiben wird. Auch wenn die Parteien bei der Formulierung konkreter Vorschläge noch sehr zurückhaltend sind – zumindest die Berline Medienlandschaft hat die Initiative der Mieter/innen aufgegriffen  und ausführlich über die Aktion und das Dossier berichtet.  Hier ein erster Überblick:

Berlin: Alles muss man selber machen…

Der Countdown läuft. Mieterorganisationen und Stadtteilinitiativen rufen für den 3. September | 14 Uhr | Hermannplatz zu einer Demonstration „Jetzt reichts! Gegen Mieterhöhung, Verdrängung und Armut in Berlin auf.

Der Tagesspiegel widmete sich in einem längeren Beitrag ausführlich den wachsenden Widerständen gegen die verfehlte Wohnungspolitik in Berlin: Protest gegen steigende Mieten. Die neue Apo im Kiez. Im Text erklärt sich der auf den ersten Blick schwerfällige Titel:

Gegen steigende Mieten formiert sich eine Berliner Protestbewegung. Von etablierten linken Parteien fühlen sich die Aktivisten im Stich gelassen. Sie legen Wert auf die Bezeichnung „außerparlamentarisch“.

Diese außerparlamentarische Orientierung der Mietproteste ist keineswegs nur auf die ideologischen Positionen der Aktiven zurückzuführen, sondern die Konsequenz eines wohnungspolitischen Versagens in den vergangenen Jahren:

Der Stadtforscher und Soziologe Andrej Holm beobachtet seit etwa drei Jahren ein wachsendes Interesse an „sozial- und mietenpolitischen Themen in der linken Szene“. Anders als bei den Hausbesetzer-Bewegungen der Achtzigerjahre und der Proteste in den Neunzigern gebe es heute „keinen Ansprechpartner im parlamentarischen Raum“. Die Linke ist beteiligt an der Regierung. Die Grünen hätten sich das Thema „nicht konsequent zu eigen gemacht“. So sei ein „Vakuum in der Wohnungspolitik“ entstanden.

Alles muss man selber machen… Erst recht den politischen Druck für eine andere Wohnungs- und Stadtpolitik. Weil steigende Mieten nicht auf einzelnen Quartiere beschränkt bleiben, sondern weite Teile der Stadt erfasst haben, wird an nicht weniger als 14 verschiedenen Orten eingeladen, um gemeinsam an der Demonstration teilzunehmen.

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„Das Recht auf die Stadt“ (Blätter für deutsche und internationale Politik)

In der Augustausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ ist ein Artikel von mir erschienen. Jetzt gibt es den Beitrag auch online:

Holm, Andrej 2011: Das Recht auf die Stadt. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/2011, 89-97

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Frankfurt/Main: 6. International Conference of Critical Geography (ICCG)

Vom 16. bis 20. August 2011 findet in Franfurt/Main die 6. International Conference of Critical Geography (ICCG) statt. Den Kolleg/innen vom Institut für Humangeographie der Goethe-Iniversität in Frankfurt/Main schon jetzt ein  dickes DANKESCHÖN für das Organisieren der Konferenz.

Das Thema „Crises – Causes, Dimensions, Reactions“ ist auf der Höhe der Zeit und verspricht einige spannende Diskussionen. Im Rahmen der Konferenz und auch außerhalb gibt es eine Reihen von Vernetzungsveranstaltungen für kritischen Stadtforscher/innen und Aktivist/innen:

1. Political Practice of Critical Geographers within Right to the City Alliance
Wednesday 17. August 2011, 9.30-11.00; K I/II
[Roundtable | Chair: Sybille Bauriedl & Andrej Holm]
–>Auf Englisch und zur internationalen Vernetzung und kritischen
Selbstreflektion der anwesenden aktivistischen Wissenschaftler_innen:

2. Gender in Critical Geography, Networking Meeting,
Wednesday, 17. August 2011, 17:30 | Room 302
(Bettina Büchler & Dörte Segebart)
–>Auf Englisch, akadamisch und mit Fokus auf Gender:

3. Recht auf Stadt, Podiumsdiskussion mit Anne Vogelpohl, Sybille Bauriedl & Andrej Holm | Wednesday, 17. August 2011, 20:00 | ExZess, Leipziger Str. 91
–>Auf deutsch, dezidiert von einer Aktivist_innengruppe ausgehend, die sich für ihre Arbeit inhaltliches Input aus der Wissenschaft wünschten

4. Academia meets Activism
Vernetzungstreffen für Aktive und Interessierte
Thursday, 18. August 2011, 17:30 | Room 302
–>Erstmal eher auf deutsch, zur Vernetzung von kritischen Wissenschaftler_innen und Aktivist_innen

Städte in Bewegung (Kommentar in der taz)

Vom Recht-auf-Stadt-Kongress aus Hamburg zurück in Berlin müssen jetzt die Eindrücke und Notizen vom Wochenende erst einmal sortiert werden. Möglichst viele Berichte von den einzelnen Workshops und Veranstaltungen  gibt es hoffentlich bald auf dem Recht- auf-Stadt-Wiki.

Ich werde meine Workshop-Notizen auch dort reinstellen, einstweilen jedoch ein Nachtrag aus der Vorkongressphase. Die taz hatte mich gebeten,  für Ihre Debattenseite eine kleinen Kommentar zuschreiben: Städte in Bewegung.

 

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Debatte: Recht auf die Stadt

In gut einer Woche wird in Hamburg der Recht-auf-Stadt-Kongress (2. bis 6. Juni) stattfinden. Über 40 Veranstaltungen Workshops und Aktionen sind angekündigt und stadtpolitisch Bewegte werden die Qual der Wahl haben.  Das Programm bietet einen bunten Strauß an Infoveranstaltungen, Erfahrungsaustausch, Experimentiermöglichkeiten und Kulturprogrammen. Gäste werden nicht nur aus vielen deutschen Städten, sondern u.a. auch aus Südafrika, Ägypten, Venezuela, Frankreich und den USA erwartert.

Die inhaltliche Debatte zum Recht auf die Stadt hat unterdessen schon begonnen.  Die aktuelle Ausgabe des ak (Analyse&Kritik) hat das Thema zum Schwerpunkt erhoben und gleich drei längere Beiträge ins Blatt genommen:

  • Wenn das politische Bandmaß versagt. Das Hamburger Netzwerk Recht auf Stadt bereitet (sich auf) einen Kongress vor
  • Ein Anspruch an die Bewegungen selbst. Zur Theorie und Praxis der internationalen Kämpfe um das Recht auf Stadt
  • Trennlinien der Städte. Wie geschlechtliche und andere soziale Zuschreibungen sich im Räumlichen der Stadt wiederfinden (leider nicht im Onlineangebot des ak)

Der Beitrag von Dirk Gebhardt und mir ist eine gekürzte und leicht veränderte Fassung unseres Einleitungsbeitrages im Sammelband  „Initiativen für ein Recht auf Stadt: Theorie und Praxis städtischer Aneignungen“ (Hamburg: VSA), der pünktlich zum Kongress aus der Druckerei erwartet wird.

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Interview: Gentrification und Protest

Am Rande meiner Veranstaltung in Wien „So haben wir das nicht gemeint – Gentrification, Protest und Subkultur“  hat das Video-Kollektiv von kanalb.at ein Interview geführt. Alle, die das Vorveranstaltungsgemurmel im Hintergrund nicht stört, können sich hier in knapp 17 Minuten einen guten Überblick der aktuellen Debatten um Proteste gegen Verdrängung und Gentrification  verschaffen.

Video bei kanalb.at ansehen

 

Das Recht auf die Stadt braucht vor allem Bewegung

Das Recht auf die Stadt und die Fragen, wem eigentlich die Stadt gehört und wie eine soziale und gerechte Stadt aussehen könnte, werden zur Zeit auf vielen Veranstaltungen, Tagungen und Kongressen aufgegriffen. Am vergangenen Wochenende lud die Ratsfraktion der LINKEN in Düsseldorf zu einer solchen Diskussion ein: „Wem gehört die Stadt?“.

Unabhängig von der Organisation durch die Linkspartei kann der Kongress in Düsseldorf als typische Veranstaltung der aktuellen stadtpolitischen Diskussionen gelten. Der bundesweit eingeladene Wanderzirkus von Recht-auf-die-Stadt-Bewegten, kritischen Stadtforscher/innen und engagierten Künstler/innen wird in dieser oder ähnlicher Zusammensetzung auch in den nächsten Wochen und Monaten zusammenkommen (Freiburg, 20. bis 22. Mai / Hamburg, 02. bis 05. Juni) Ein Blick auf die Struktur solcher Veranstaltungen lohnt sich also.

Auf Podien und in Workshops diskutierten etwa 200 Teilnehmer/innen verschiedene Aspekte von Recht-auf-Stadt-Bewegungen. Neben Arbeitsgruppen, die sich mit der Einschätzung der aktuellen Situation beschäftigten, wurden auch Perspektiven für künftige Strategien diskutiert. Doch so sehr auch der utopische Gehalt des Recht-auf-Stadt-Konzeptes im kulturellen Begleitprogramm (Lesung von Christoph Schäfer: „Die Stadt ist unsere Fabrik“) und den Auftaktpodien („Was bedeutet Recht auf Stadt?“) betont wurde – in den Arbeitsgruppen-Debatten dominierte vielfach die pragmatische Suche nach einfachen Lösungsansätzen für eine andere Stadtentwicklung.

Doch so verständlich die Frage nach den wirklich wirksamen Instrumenten gegen Mietsteigerungen und Verdrängungen sind, so unbefriedigennd müssen die Antworte darauf ausfallen: Es gibt unter kapitalistischen Verhältnissen der Stadtentwicklung keine einfache und dauerhafte Methode, um eine soziale Stadtentwicklung sicherszustellen. Die Geschichte der Wohnungspolitik lässt sich als die Abfolge von unterschiedlichen Re- und Deregulierungsphasen gegenüber den ebenfalls veränderten Verwertungsstrategien der Immobilienwirtschaft. Den einen Königsweg für die soziale Wohnungspolitik wird es dabei nicht geben, zumal auch nationale und lokalstaatliche Besonderheiten Einfluß auf die jeweiligen Stadtentwicklungsprozesse nehmen.

Strategien für eine andere Wohungspolitik stehen vor der Herausforderung grundsätzlich nicht nur eine andere Stadt, sondern eine völlig neue, utopische Gesellschaft einzufordern und auf der anderen Seite Antworten für das Hier und Jetzt zu finden. Erfahrungen und Vorschläge gehören daher auf den Prüfstand der gemeinsamen Debatte. Was sind die möglichen Effekte und anzunehmenden Grenzen von Förderprogrammen, rechtlichen Regelungen oder kommunalen Wohungsbaugesellschaften? Eine fachlich fundierte Debatte wohnungspolitischer Instrumente ist aus dieser Perspektive nicht nur sinnvoll sondern notwendig. Im Kern geht es jedoch vor allem darum herauszufinden, wie eine andere Politik in den Städten durchgesetzt werden kann. In der Jahrmarktstimmung von pragmatischer Reformpolitik und revolutionärem Pathos, zwischen Bewegungsansätzen und administrativen Lösungswegen verloren sich in Düsseldorf jedoch zuweilen die Spuren einer Recht-auf-die-Stadt-Bewegung.

 

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Multitudes: „Neoliberale Urbanisierung und das Recht auf die Stadt“

Ende des vergangenen Jahres erschien das stadtbezogene Themenheft „Devenir Métropole“ der französischen Zeitschrift multitudes (revue politique, artistique et philosophique). Mein Beitrag „Neoliberale Urbanisierung und das Recht auf die Stadt“ wurde für die aktuelle Ausgabe (no. 43) übersetzt: Urbanisme néolibéral ou droit à la ville„.

Für alle, die französische Texte lesen können, sind noch eine Reihe anderer interessanter Beiträge im Schwerpunkt versammelt:

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„Recht auf Stadt“ – Mehr als ein guter Slogan?

Im Rahmen der Utopia Now Konferenz in Erfurt war ich Ende Mai diesen Jahres zu einem Workshop mit dem schönen Titel: „right to the city“ eingeladen. Meinen Inputbeitrag gibt es für alle, die die Konferenz verpasst haben, jetzt nachzulesen.

Im Erfurter hEFt für Literatur, Stadt und Alltag gibt es eine kleine Nachlese der Konferenz (hEFt, Juli 2010, pdf). Mein Beitrag ist hübsch layoutet auf den Seiten 32/33 zu finden, kann aber auch gleich hier gelesen werden…

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