Interview: Wohnungspolitik in Berlin

In der Wochenendausgabe der Jungen Welt wurde ein längeres Interview von mir  zu den aktuellen wohungspolitsichen Entwicklungen in Berlin abgedruckt: „Berlin im Normalzustand der kapitalistischen Stadtentwicklung„.

Gespräch mit Andrej Holm. Über die Wohnungspolitik des »rot-roten« Senats, die Privatisierung der GSW, Gentrifizierung, Baugruppen und die Räumung der ehemals besetzten »Liebig 14«

Das Gespräch mir Jörn Boewe selbst fand in mehreren Etappen in den letzten Monaten statt, da mit jeder Verzögerung der Veröffentlichung noch aktuelle Entwicklungen berücksichtigt werden mussten. Auch ein deutliches Zeichen für die wohnungspolitische Hektik des Vorwahlkampfes.

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Düsseldorf: Recht-auf-Stadt-Kitsch

Stadtthemen sind gerade in und Düsseldorf zeigt, das Recht-auf-Stadt-Kampagnen die Popmusik unter den aktuellen Mobilisierungen sozialer Bewegungen sind. Während sich in anderen Städten Künstler/innen dem Vorwurf ausgesetzt sehen, aktiver Teil an den Aufwertungsprozessen zu sein, haben sie in Düsseldorf den Protest gegen Verdrängung und für mehr Freiräume gleich selbst in die Hand genommen.

Im Bündnis für Freiräume haben sich verschiedene Polit-Initiative, Kulturschaffende und Musikgruppen zusammengeschlossen um sich gemeinsam in die Düsseldorfer Stadtpolitik einzumischen. Statt Demos und Besetzungen gibt es hübsche Bilder und Musik.

Ende Februar hat die Gruppe Farbfieber (Kunst im öffentlichen Raum) in der Unterführung Ellerstraße ein Paar riesige Wandbilder gemalt und schon mal die richtige Frage gestellt:

Wandbild "Wem gehört die Stadt?" (Düsseldorf, Februar 2011)

Die Antwort auf die Frage gibt die Electropop-Band KitschCats mit ihrem Stück „Unsere Stadt“.

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Berlin: Wie konservativ ist der Protest gegen die Räumung der Liebig 14

Tip: Stadtpolitik zwischen Hundeartikel und Drogen-Reportage (tip 5/2011)

Berlins 14tägig erscheinenden Veranstaltungsblätter zitty und tip haben ein Gutes: ihren Erscheinungsrhythmus. ZehnTage nach der Räumung kräht eigentlich kein Hahn mehr nach der Liebigstraße – aber die tip hat zwischen einem Schwerpunkt über Hunde in der Stadt und einer Drogen-Reportage  noch mal das Thema der Liebigstraßen-Räumung aufgegriffen: Der Stadtsoziologe Andrej Holm über „Liebig 14“.
Die  Fragen bewegten sich so ziemlich im Mainstream der Debatte der letzten Woche:  Statt einer  wohnungs- und stadtpolitischer Einordnung ging es auch hier eher um die Legitimation der Räumung:  War die Liebig 14 überhaupt ein echtes Stück Subkultur oder haben die da nur gewohnt? Waren sich die Bewohner/innen zu fein nach Weißensee zu ziehen? Lassen sich mit eingeschlagenen Schaufensterscheiben Unterstützer/innen gewinnen.

Unter den Fragen auch ein echter Klassiker der Gentrification-Debatte:

tip: Wieviel Kiezkonservatismus steckt in der Gentrifizierungsdebatte? Frei nach dem Motto: Alles soll so bleiben, wie es war.

Aber natürlich will ich mich gar nicht über die Fragen beschweren, immerhin hatte ich die Gelegenheit, am Ende des Gespräches das Gespenst eines stadtpolitischen Protestes an die Wand zu malen.

Das ganze Interview gibt es gleich hier:

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Berlin: Die Häuser denen die drin wohnen

Privatrecht vor Grundrecht: Räumung der Liebigstraße 14

Morgen früh soll das ehemals besetzte Haus in der Liebigstraße 14 geräumt werden. Ein Gericht hatte die Kündigungsklagen des Eigentümers bestätigt. Die Berliner Polizei soll mit 1.000 Beamten den Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung des Urteils unterstützen. Freude der Hausbewohner/innen und viele Unterstützer/innen werden auf den Straßen sein und versuchen, die Räumung zu verhindern. Die von allen Seiten erwartete Eskalation scheint unvermeidbar. Doch Innensenator Körting, der eigentlich für die Ruhe und Ordnung in der Stadt verantwortlich sein sollte, verkündet stur:  „Der Rechtsstaat wird sich durch Linksterroristen nicht erpressen lassen“.

Das klingt konsequent. Die viel wichtigere Frage wäre jedoch, warum sich eine rot-rote Koalition auf Landesebene und ein grüner Bürgermeister im Bezirk entgegen aller wohnungspolitischen Versprechungen des Vorwahlkampfes von zwei Hauseigentümern auf der Nase herum tanzen lassen.

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Hamburg: Stadtplaner in Uniform feat. Haussmann

Kriminalpräventive Grünanlage oder gefährlicher Wildwuchs?

Stadterneuerung als Aufstandsbekämpfung und polizeitaktische Sanierungsmaßnahmen gelten eigentlich als Themen der historischen Stadtforschung: Im 19. Jahrhundert ließ Baron Haussmann breite Magistralen durch die Pariser Armutsquartiere schlagen um den Einsatz von Kanonen in der Stadt zu ermöglichen. Ein Stadtplanung nach militätisch-polizielichen Vorgaben von Sichtachsen und Kontrollräumen schien der Vergangenheit anzugehören.

Schien. Denn wie die Hamburger Bürgerinitiative „Projektgruppe Stadtnatur“ zusammengetragen hat, versucht sich die Hamburger Polizei unter dem Stichwort der kriminalpräventiven Stadtplanung „verstärkt und strukturiert in die stadtplanerische Arbeit einzubringen“. Statt ganze Viertel zu planieren geht es heute erst einmal um die Begrenzung der städtischen Vegetation:

Die Polizei Hamburg beteiligt sich nach eigenem Bekunden seit mehreren Jahren „strukturiert“ und „regelhaft“ an der Stadtplanung in Hamburg. Aus kriminalpräventiven Gründen ist sie offenbar an einer Ausräumung von Bäumen, Sträuchern und Hecken aus dem öffentlichen Raum interessiert. Der seit einigen Jahren unbemerkt durchgeführte Einsatz von fliegenden Überwachungs-Drohnen in Hamburg könnte diese Bestrebungen zur „Entlaubung“ der Stadt noch verstärken.

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Berlin: Baugruppe statt Freiraum

Die Berliner Baugruppendebatte geht in die nächste Runde. In der Kleinen Rosenthaler Straße soll das seit fast zwanzig Jahren bestehende Werkstattprojekt Linienhof einem Mehrgenerationenhaus einer Baugruppe weichen. In einem Offenen Brief an die neuen Eigentümer des Grundstücks schreiben die derzeitigen Nutzer/innen:

Der Linienhof ist ein wichtiger Bestandteil Berliner linker, unkommerzieller Strukturen. (…) hier kann geschweißt, geflext und ausgebaut werden. Und das umsonst. (…) Natürlich wissen wir, dass es rund um den Rosenthaler Platz nicht mehr viel zu verteuern und zu vertreiben gibt; fast nichts mehr, außer den letzten kleinen Nischen, zu denen auch der Linienhof gehört.

Linienhof: "Baut Euer Haus woanders" / Bild: auguststrasse-berlin-mitte.de

Adressat des Briefes und Eigentümer des Grundstücks ist mit Mathias Greffrath ausgerechnet ein linkes Westberliner Urgestein. Uwe Rada schreibt in der taz (Die letzte Brache in Mitte):

Zusammen mit dem benachbarten besetzten Haus Linienstraße 206 ist die Brache die letzte Hinterlassenschaft der Nachwendeprovisorien zwischen Rosenthaler Platz und Hackeschem Markt. Drum herum ist alles gesäubert, manche sagen dazu immer noch Scheunenviertel. Ausgerechnet hier wollen Mathias Greffrath und Hortensia Völckers ihren Traum vom selbstbestimmten Leben verwirklichen. Schimpfen die Protestierer. Nicht nur um Brache versus Baugruppe geht es ihrer Ansicht nach, sondern um linkes Prekariat versus angeblich linke Bauherren: Mathias Greffrath ist Autor, Globalisierungskritiker und taz-Kolumnist; Hortensia Völckers ist künstlerische Leiterin der Bundeskulturstiftung.

Der Linienhof-Konflikt zwischen den Freiraumnutzer/innen und der Bauherrengruppe ist der vorläufige Höhepunkt einer Auseinandersetzung um die Beteiligung von linken Aktivist/innen an Baugruppenprojekten.

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Berlin: Pionierdilemma an der Spree

stop_gentrification_berlin_megaspree_2009Die MegaSpree-Demonstration der Clubbetreiber/innen, Strandbars,  Kunst- und Kulturschaffenden und Freiraumbewohner/innen wollte nichts Geringeres als gegen Gegen Privatisierung und Betonierung, für eine kulturell vielfältige, freie und soziale Stadt auf die Straße zu gehen. Unter dem Arbeitstitel MediaSpree soll auf den teilweise brachliegenden Uferflächen der Spree in den Innenstadtbezirken Friedrichshain und Kreuzberg eine neues Geschäfts- und Wohnviertel entstehen, dass sich in erster Linie an Nutzer aus den Bereichen der neuen Medien, Musikindustrie und des Veranstaltungsentertainment richtet. Die überwiegend von privaten Investoren geplante Bebauung hat bereits in der Vergangenheit für Proteste gesorgt. So wurden nach einem Bürgerbegehren 2008 die Bauplanungen zunächst auf Eis gelegt,  um verschiedene Forderungen von Bürgerinitiativen stärker in den Planungen zu berücksichtigen.

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Freiräume und Stadtentwicklung

Im Rahmen der Freistil-Reihe fand am vergangenen Freitag im Potsdamer Hans-Otto-Theater die Veranstaltung „My Freiraum is my castle“ statt. Neben einer wirklich großartigen Performance bei der Schauspieler/innen und Aktivist/innen  Zitate von ehemaligen Hausbesetzer/innen in Potsdam lasen, war ich eingeladen, einen Input zu den Fragen Wie und warum ändern sich Städte? Wie können wir urbane Freiräume erschaffen, erhalten und (mit)bestimmen? zu geben. Eine Manuskript meines Beitrages gibt es hier zu lesen…

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Aufwertungskritik: Nicht mein Bier

Die wöchentlich erscheinende Jungle World bezeichnet sich selbst gern als ‚linke Wochenzeitung aus Berlin“.  Besonderes Kennzeichen: Kritik und Häme gegen linke Politikansätze. Ein Artikel in der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich mit der angeblich linksradikalen Kritik an städtischen Umstrukturierungsprozesse und entschlüsselt insbesondere die Freiraumbewegung als Diktatur der eigenen Konsumvorstellungen: Sterni ist kein Argument. Weiterlesen