Hamburg: „Mit Gentrifizierern über Gentrifizierung reden“

Aus Hamburg gibt es Medienschelte für die Lokalredaktion der taz. Auf dem no-bnq-Blog heißt es in Vorabinformationen zur Informationsveranstaltung:

Die taz-hamburg bleibt dabei ihrer Linie treu: die neue urbane Bewegung sorgt in der Stadt und weit darüber hinaus für Schlagzeilen, doch LeserInnen der ehemals alternativen Tageszeitung erfahren davon nichts. “Mit Gentrifizierern über Gentrifizierung reden” – so ließe sich die Haltung der Redaktion zusammenfassen. Neulich lud man zum Gespräch ins Gentrifizierungsprojekt “Haus III&70″ und versuchte vergeblich in letzter Minute kritische Stimmen aufs Podium zu hiefen. Die hatten sich im Vorfeld vernetzt – und sagten der tendenziösen Veranstaltung ab.

Den konkreten Anlaß für diese Einschätzung lieferte ein ausführliches und fast unterwürfig geführtes Interview mit dem Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Mitte Markus Schreiber (SPD). Der durfte in dem Interview „Fast alle können dort bleiben“ seine Vorstellungen von der Entwicklung in St. Pauli ausbreiten und die guten Absichten der Investoren im so genannten Bernhardt-Nocht-Quartier loben: Weiterlesen

Gentrification: Vom Tabu zum Kampfbegriff

„War „Gentrification“ früher ein Fachausdruck für Stadtsoziologen, ist er heute in der linken Szene ein negativ besetzter Kampfbegriff.“ (FAZ.NET, 15.09.09)

Gentrification ist ein umkämpfter Begriff, weil er die sozialen Konsequenzen der Stadterntwicklung benennt und Gewinner und Verlierer städtischer Aufwertungsdynamiken sichtbar macht. Insbesondere Stadtverwaltungen und Sanierungsträger, die sich lange Zeit zumindest den Ansprüchen einer sozial ausgleichenden Stadtentwicklung verpflichtet sahen, stritten in den vergangenen zwanzig Jahren Verdrängungstendenzen unisono ab. Weiterlesen

Hamburg St. Pauli: „Ich will so bleiben wie ich bin“

Für diesen Sonnabend ist in Hamburg eine große „NoBNQ Bezirksversammlung“ mit Austellungseröffnung, Stadtrundgängen und Konzerten angekündigt:

St. Pauli nimmt sich das Recht auf Stadt:
Gegen Gentrifizierung, Mieterhöhung & Investorenarchitektur.
Sonnabend, 5. September 2009 | ab 14 Uhr

Hintergrund sind die Proteste von Anwohner/innen und Initiativen, die sich gegen die Bau- und Sanierungspläne der Investoren Köhler & von Bargen wenden, die mit einem umfassenden  Aufwertungsplan die Straßenzügen rund um die Bernhard Nocht Straße in ein neues Quartier verwandeln wollen. Im Hamburger Abendblatt (Anwohner kämpfen gegen Bernhard Nocht Quartier) wird der Konflikt wie folgt beschrieben:

Die Altbauten in der Bernhard-Nocht-Straße und der Erichstraße sollen teilweise saniert und modernisiert, in mindestens einem Fall sogar abgerissen werden. Seit dem Bekanntwerden herrscht Unruhe auf St. Pauli. Die Bewohner fürchten, aus ihren Wohnungen vertrieben zu werden.

Die anfängliche Werbung für das geplante „Berndhard-Nocht-Quartier (BNQ)“ ist – offensichtlich in Reaktion auf die Proteste der letzten Wochen – etwas handzahmer geworden. Das Projekt firmiert nun unter dem Arbeitstitel „Bernhard-Nocht-Terassen“ – Hinweisen auf den Verzicht auf Lusxusmodernisierungen und Abrisse sind auf der Webseite der Projektentwickler jedoch nicht zu finden…

Weiterlesen

Hamburg: Broschüre zu „Empire St. Pauli“

Zum Filmprojekt „Empire St. Pauli“ gab es auch hier im Blog schon einen Hinweis:“Hamburg: Aufwertung und großes Kino„.

Nun gibt es die Broschüre zum Film. In fünf Texten gibt es Wissenswertes und Hintergründiges zur Entwicklung im Hamburger Stadtteil zu lesen:

Hübsch layoutet gibt es das Ganze auch zum ausdrucken als pdf. Meinen Text gibt es gleich hier zu lesen:

Weiterlesen

Hamburg: Aufwertung und großes Kino

Mit ihrem Filmprojekt „Empire St. Pauli – Von Perlenketten und Platzverweisen“ haben Filmemacher Irene Bude und Olaf Sobczak eine Dokumentation zu den Veränderungen in St. Pauli zusammengestellt, in der über 50 Bewohner/innen des Viertels zu Wort kommen. Der Film wird am auf der Dokumentarfilmwoche am 28. April im 3001-Kino in Hamburg erstmals zu sehen sein.

St. Pauli ist längst zum Schlachtfeld der Aufwertung geworden… Weiterlesen

Wilhelmsburg: Landgang der Aufwertung

Anfang Februar mobilisierte das Aktionsnetzwerk gegen Gentrification in Hamburg zu einer Stadtteilversammlung in St. Pauli, um die geplante Verlegung von drei kommerziellen Beachclubs in den Stadtteil zu verhindern (siehe hier). Etwa 180 Teilnehmer/innen kamen zur Stadtteilversammlung und beschlossen eine Resolution gegen die geplante Kommerzialisierung des Elbufers.

Ob die Protstdrohung oder büroratische Schwierigkeiten zum Scheitern der Pläne führten, lässt sich nicht eindeutig sagen – Fakt ist, es wird keine Beachclubs in St. Pauli geben. So weit so schön, doch leider keine Entwarnung, was das gefürchtete Aufwertungspotential der Beachclubs betrifft. Denn kaum ist der gastronomische Landgang der Aufwertung an St Pauli vorübergegeangen, werden die ersten Stimmen laut, die eine Ansiedlung der Beachclubs in Wilhelmsburg fordern. Die Hamburger Morgenpost fragte in ihrer Ausgabe vom 17.02. „Beachclubs nach Wilhelmsburg?

Weiterlesen

Hamburg: Hafenstraße gegen Ruhestörung

Ein auf den ersten Blick skuriler Konflikt bahnt sich in Hamburg an. Die ehemaligen Hausbesetzer/innen der Hafenstraße organisieren sich gemeinsam mit anderen Initiativen und Stadtteilaktivist/innen aus St.Pauli zur Zeit gegen die Senatspläne, drei neue Beach-Clubs zwischen dem schon vorhandenen Klub Strand Pauli und dem Fischmarkt auf der Vordeichlinie anzusiedeln (das ist genau gegenüber von den ehemals besetzten Häusern). Ein Argument gegen die die Ausbreitung der Vergnügungsindustrie:  „Die ganztägige Musik-Beschallung bis nach Mitternacht sei nicht genehmigungsfähig und unzumutbar„.

Doch der Initiative gegen die Strandbars geht es um mehr als die ordnungsgemäße Nachtruhe. Zum einen wird die Privatisierung der bisher frei zugänglichen Ufergrundstücken und der Ausbau der Videoüberwachung in diesem Bereich befürchtet, zum anderen sieht das Aktionsnetzwerk gegen Gentrification (Es regent Kaviar) in den Strandbars einen Testballon für die eventgastronomische Zurichtung des gesamten Stadtteils:

Was unter Markennamen wie Lago Bay, HCBC oder Hamburg del mar daher kommt, gilt in der Stadtentwicklungs-Szene als Mittel, um Räume EVENTGASTRONOMISCH für größere Immobilienprojekte interessant zu machen. Und tatsächlich entstehen an sämtlichen Beachclub-Standorten Hamburgs heute INVESTOREN-ARCHITEKTUREN – vor der Haifischbar an der Elbe, in den Docklands, in der Schanze, in der Hafencity.

Nach mehreren Treffen lädt die Initiative nun zu einer Stadtteilversammlung ein:

Stadtteilversammlung am 7.2., 16 Uhr, Aula der Ganztagsschule St. Pauli

Mehr zu den Hintergründen der aktuellen Entwicklungen in St. Pauli gibt es im aktuellen ak – analyse & kritik, die Zeitung für linke Debatte und Praxis und auf indymedia zu lesen. Linda Fischer und Steffen Jörg beschreiben wie St. Pauli auf Kosten der Geringverdienenden umstrukturiert wird. auf indymedia gibt es einen ausführlichen Bericht über die bisherigen Aktivitäten gegen die Privatisierung des Uferstreifens.

Hamburg: Polizeigewalt gegen Stadtteilprotest

Die Kriminalisierung von Stadtteilprotesten ist an sich nichts Neues, doch die Unverhältnismäßigkeit gegen den vom Aktionsnetzwerk gegen Gentrification organisierten „Landgang durch die Sonderrechtszone“ in St. Pauli weist eine neue Qualität auf.

Über 100 Menschen beteiligten sich am Abend des 20. August an einem alternativen, aktionistischen Stadtteilrundgang durch St. Pauli um über steigende Mieten, Polizeischikanen gegen Transsexuelle, die Verdrängung der Clubkultur durch Eventgastronomie und rassistische Alltagspraxis von Polizei und VermieterInnen zu informieren. Am Ende des happeningartigen Umzuges kam es zu einem brutalen Polizeieinsatz und Festnahmen. [Berichte auf Indymedia und in der taz-Hamburg]

In einer Stellungnahme des Aktionsnetzwerkes heißt es:

Das Netzwerk „Es regnet Kaviar“ wird sich durch diesen Überfall nicht einschüchtern lassen: Wir werden in Zukunft häufiger Stadtteilrundgänge durchführen! Wir fordern die Polizei auf, die Namen der Polizeischläger zwecks Anzeige rauszurücken und sich von diesen Gewalttätigkeiten zu öffentlich zu distanzieren!

Das traurige Ende des Stadtteilspaziergangs gibt aber Anlass, auf den neuen Blog des Netzwerk „Es regnet Kaviar“ hinzuweisen: Viel Erfolg dem Es-regnet-Kaviar Weblog! Mehr Informationen zu den Veränderungen in St. Pauli finden sich auch bei Kölibri: „Aufwertung – für wen?

Weiterlesen

Kein Sternchen für die Verdrängung

Nun werden viele der Neuansiedler in Prenzlauer Berg auch noch bei der Morgenlektüre ihrer Lieblingszeitung mit dem Gentrificationvorwurf konfrontiert. Das musste einfach zu Reaktionen führen: Erst fühlt sich eine Journalistin durch den Anruf einer Mitarbeiterin des Sanierungsträgers verunsichert, dann regt sich in den Onlinekommentaren das Klassenbewusstsein der Leserschaft. Ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung zeigt, warum Gentrification noch immer ein umstrittener Begriff ist.

Doch beginnen wir von vorn: Charlotte Frank hat einen ansehnlichen Artikel zur „Vertreibung aus dem reichen Herz der Städte“ in der Süddeutschen Zeitung geschrieben und wenig verwunderlich Prenzlauer Berg als eines der Fallbeispiele ausgewählt. Prenzlauer Berg – so haben ihre Recherchen ergeben – ist inzwischen vor allem von jüngeren Bevölkerungsgruppen bewohnt und die Mieten liegen deutlich über den Berliner Durchschnittswerten. Diese Tatsachen allein verwundern noch nicht, dass solche Beobachtungen als Gentrification bezeichnet werden, schon.

Weiterlesen