Zwei statistische Berichte der letzten Tage werfen erneut ein Schlaglicht auf die zunehmende Spaltung der Stadt und den wachsenden Verdrängungsdruck in der Innenstadt. Am Wochenende veröffentlichte die Berliner Morgenpost exklusiv die Ergebnisse einer kleinräumigen Kaufkrafterhebung durch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK): „Soviel Geld haben die Berliner zur Verfügung„.
Am höchsten ist sie danach in Dahlem sowie Frohnau und Hermsdorf. In den beiden reichsten Postleitzahlgebieten hat jheder Einwohner mehr als 25.000 Euro jähgrlich zur freien Verfügung. Am niedrigsten ist die Kaufkraft in Kreuzberg (…) Hier sind es nur etwas mehr als 13.000 Euro.
In der Berliner Zeitung wurden die Ergebnisse des aktuellen Wohnungsmarktberichtes der Investitionsbank Berlin (IBB) veröffentlich: „Grunewald ohne Wald„.
Friedrichshain-Kreuzberg ist auf dem besten Wege für Mieter genauso teuer zu werden wie Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf mit den noblen Stadtteilen Dahlem, Grunewald und Wannsee. (…) Im Durchschnitt werden in Friedrichshain-Kreuzberg Wohnungen zu einem Preis von 6,42 Euro pro Quadratmeter angeboten. Damit liegt der Bezirk deutlich über dem Berliner Durchschnitt von 5,82 Euro
Zwei klassische Effekte der Gentrification werden mit diesen Zahlen deutlich: ein zunehmender Verdrängungsdruck für die bisherigen Bewohner/innen und die weitere Polarisierung der Bewohnerschaft in den Aufwertungsvierteln.
Verdrängungsdruck in Kreuzberg
Die teuersten Neuvermietungsmieten in einem der ärmsten Viertel der Stadt stellen einen deutlichen Gentrification-Indikator da. Sie stehen nicht nur für einen sozial selektiven Zuzug in die Viertel, sondern werden sich mittelfristig auch in den Vergleichsmieten niederschlagen, die ausschlaggebend für künftige Mieterhöhungen im Bestand sein werden.
Im Berliner Durchschnitt, so der Wohnungsmarktbericht der IBB liegen die Mietpreise von etwa 20 Prozent der angebotenen Wohnungen unter fünf Euro je Quadratmeter (nettokalt). In Kreuzberg Friedrichshain trifft dies nur auf sieben Prozent der Mietwohnungsangebote zu.
Im Vergleich zur Struktur der Wohnungsangebote eine Übersicht der Nettoeinkommen nach Bezirken aus dem Mikrozensus Berlin von 2007
Kreuzberg-Friedrichshain ist den Statistiken zu Folge der Bezirk mit den geringsten Nettoeinkommen und den (zweit)wenigsten preiswerten Wohnungsangeboten. Der Aufwertungsdruck ist damit nicht länger als eine Dramatisierung von Stadtteilinitiativen und eines grünen Bezirksürgermeister anzusehen.
Soziale Polarisieurng und Verarmung der Ärmsten
Die vorliegenden Zahlen zu den Kaufkraftpotentialen in verschiedenen Berliner Gebieten stehen aber nicht nur für einen zunehmenden Verdrängungsdruck, sondern zeigen auch, wie sich steigende Mieten in den Stadtteilen auswirken. Als Kaufkraft erfasst werden die nach allen regelmäßigen Zahlungen (also auch der Miete) verfügbaren Einkommen der Haushalte eines Gebietes. Steigen die Mieten ohne gleichzeitige Einkommenszuwächse, fällt die Kaufkraft. Die geringen Kaufkraftwerte in Kreuzberg-Friedrichshain sind dabei nicht nur Ergebnis geringer Einkommen, sondern eben auch Effekt einer relativ hohen Mietbelastung.
Wie so oft steckt der Teufel von Durchschnittswerten im Detail. Sozialstudien in den ehemaligen Sanierungsgebieten von Kreuzberg (von topos) haben bereits in den vergangen Jahren eine zunehmende soziale Polarisierung innerhalb der Gebiete festgestellt. Auf der einen Seite steht dabei mit 25 bis 30 Prozent ein seit Jahren stabiler Anteil von Transfer- und Geringverdienerhaushalten – auf der anderen Seite haben sich mit einem Anteil von mittlerweile über 20 Prozent auch Besserverdienende im Bezirk etabliert. In den Untersuchungsgebieten Bergmannstraße Nord, Grefekiez und Luisenstadt ist der Anteil von Haushalten mit mehr als 2.600 Euro Haushaltsnettoeinkommen allein zwischen 2005 und 2008 um 40 Prozent gestiegen. Die aktuelle ermittelten Neuvermietungsmieten werden diese Polarisierung weiter verstärken, denn insbesondere einkommensschwache Bevölkerungsgruppen werden es künftig schwer haben, in Kreuzberg noch eine Wohnung zu finden.
Die Nachfrage bestimmt eben den Preis und nachdem Kreuzberg zu DEM Szenebezirk wurde, war eigentlich klar, dass es zu drastischen Mietsteigerungen kommen wird. Schade eigentlich.
Einkommensschwache Menschen haben es heute schon schwer in angesagten Teilen Kreuzbergs ihre Wohnungen halten zu können.
Weite Teile Kreuzbergs sind zur Flaniermeile mutiert, ökologisch korrekt,
Da kann ich Großstadtkind nur Recht geben. Seitdem Kreuzberg Szenemeile geworden ist, sind die Mieten erheblich angestiegen.
hallo,
es wird höchste zeit, daß der senat ein gesetz zur mietenbegrenzung erlässt – wir wollen hier keine hamburger und münchner verhältnisse