Berlin: Der Aufwertungszirkel

Eigentlich sind Meldungen über längst Bekanntes keine Zeitungsartikel wert, doch der Tagesspiegel in Berlin erinnert uns dankenswerter Weise in seiner aktuellen Ausgabe an eine unbeliebte Tatsache: Wohnen wird teurer. Zitiert wird diesmal eine Studie von Jones Lang LaSalle (JLL), die ein sogenanntes „Residential City Profile Berlin“ vorgelegt haben. Allein in den letzten sechs Monaten seien die Mieten in Berlin um 2,5 Prozent gestiegen. Doch interessant ist nicht nur der Fakt der Preissteigerungen, sondern deren raum-zeitliche Entwicklung. Die Geographie der Aufwertung in Berlin lässt sich für die vergangenen 18 Jahre als fast geschlossener Kreis über den Innenstadtbezirken darstellen…

Gegenüber dem zweiten Halbjahr 2007 stieg die durchschnittliche Angebotsmiete laut Jones Lang LaSalle um 15 Cent oder 2,5 Prozent an. Dass der Anstieg nicht sogar noch deutlicher ausgefallen ist, begründet Roman Heidrich von JLL damit, „dass viele Investoren, die in Berlin Wohnungen gekauft haben, schon in den Jahren davor ihre Mietsteigerungen realisiert haben“. Die Mietentwicklungen unterscheidenen sich jedoch zwischen den Bezirken. Die höchsten Durchschnittsmieten werden in Charlottenburg-Wilmersdorf mit 7,45 Euro pro Quadratmeter verlangt. Deutlich gestiegen sei der Durchschnittswert aber auch auch in Mitte (um zehn Prozent auf 6,40 Euro) und in Friedrichshain-Kreuzberg (um knapp sechs Prozent auf 6,35 Euro).

„Gerade in Friedrichshain-Kreuzberg“, sagt Heidrich, „sind verstärkt Tendenzen zu beobachten, die Prenzlauer Berg in den letzten 15 Jahren durchlebt hat.“ Eine rege kulturelle Szene hat Investoren auf den Bezirk aufmerksam gemacht. Jetzt erwerben und sanieren (sie) diese Gründerzeithäuser – und erhöhen danach die Miete.

Sehr schön beschreibt die Wohnungsmarktstudie von JLL den zirkulären Charakter von Aufwertungsprozessen, bei denen diejenigen, die sich die aktuellen Preistreibereien nicht mehr leisten können in die nächstgelegenen Viertel weiterziehen und dort die Aufwertungsspirale in Gang setzen. Fast wie mit einem Zirkel lassen sich die Berliner Aufwertungsschwerpunkte der vergangene 18 Jahren auf dem Stadtplan nachzeichenen: Anfang der 1990er Jahre von Kreuzberg nach Mitte, dann von Mitte nach Prenzlauer Berg, von dort nach Friedrichshain und jetzt wieder zurück nach Kreuzberg und nach Neukölln. Die aktuelle Phase dieser Aufwertungskreisläufe fasst Christian Hunziger im Tagesspiegel zusammen:

Menschen, die sich diese hohen Mieten nicht leisten können oder wollen, wandern ab – zum Beispiel nach Neukölln-Nord. Dass der auch „Kreuzkölln“ genannte Kiez um den Reuterplatz im Kommen ist, bestätigen die Zahlen der Marktforscher: Während in anderen Teilen Neuköllns im Durchschnitt eine Miete von weniger als fünf Euro verlangt wird, sind es rund um Hobrecht- und Friedelstraße immerhin zwischen fünf und sechs Euro.

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