Schlechte Luft…
Seit ein paar Wochen gibt es einen neues Blog zu Wilhelmsburg. Der Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg (AKU) will sich „kritisch mit den Umstrukturierungen auseinandersetzen, die durch die Hamburger Stadtentwicklungspolitik (IBA Hamburg, Sprung über die Elbe…) in Wilhelmsburg durchgesetzt werden sollen“. Dazu viel Erfolg!
Der erste Blogeinträge zumindest lösen diesen Anspruch ein. Unter dem Titel „Die Insel denen die drauf wohnen – Broschüre online“ gibt es eine kenntnissreiche, informative und lesenswerte Beschreibung der aktuellen Entwicklungen auf der Hamburger Elbinsel (Broschüre pdf). In der Einleitung heisst es:
Wir haben uns Gedanken gemacht über den Wandel der sich zur Zeit in Hamburgs Stadtteil Wilhelmsburg – der Elbinsel – vollzieht. Wir haben versucht, die politischen Weichenstellungen und Umstrukturierungsprogramme, die die „Aufwertung“ des Stadtteils durchsetzen sollen, zu analysieren und deren Auswirkungen nachzuvollziehen. Eine Momentaufnahme einer unsozialen Wohnungs- und Aufwertungspolitik.
Meinen Lieblingssatz habe ich auch schnell gefunden: „Wir wünschen der IBA – von ganzem Herzen – Westwind!„.
Hintergrund sind die Aufwertungsaktivitäten in einer ehemaligen NS-Siedlung, die von der Wohnungsbaugesellschaft SAGA im Rahmen der IBA (Internationale Bauausstellung) zum „Weltquartier“ umgebaut wird. Die nahgelegenen Nordischen Oelwerke W. Carroux werden im Volksmund „Katzenkocherei“ genannt und verbreiten bei Westwind einen fürchterlichen Gestank. Der Wunsch nach eben diesen Lüften bezieht sich ausdrücklich auf die Zeit der Abschlusspresentation der IBA-Projekte. Denn was würde besser als der üble Geruch der Industrie im aufgewerteten und verteuerten Wohngebiet dafür stehen, dass die IBA an den Interssen der dort lebenden Menschen vorbeiplant.
… und schlechter Ruf
Obwohl die Stadtregierung seit 2005 für den „Sprung über die Elbe“ wirbt und versucht Wilhelmsburg ein Image zu verpassen als wäre es Teil der luxuriösen Hafen-City, ist dies noch nicht in allenTeilen Hamburgs angekommen. Auf dem Freitags-Blog von Anna Dorothea gibt es einen hübschen Eintrag zu den Protesten der Hamburger Oberschicht und Bildungsbürger gegen die Abschaffung des Elternwahlrechts bei der Schulauswahl. Insbesondere „die Eltern aus den reichen Elbvororten (laufen) dagegen Sturm, weil sie verhindern wollen, dass ihre Kinder mit dem „gemeinen Volk“ die Schulbank drücken„. Ausgangspunkt des Protestes sind offenbar die Eltern von „zwei Gymnasien im Hamburger Westen“ die „sich offen dazu bekennen, Schulen für die „Oberschicht“ zu sein“. [Hallo Hamburger Leser/innen des Blogs: wisst ihre um welche Schulen es sich handelt?] Die Zeit prägte für die ungewöhlichen Demonstrationsteilnehmer/innen den treffenden Begriff es Gucci-Protestes. Was das alles mit Wilhelmsburg zu tun hat, verrät uns Anna Dorothea in ihrem Beitrag Aufstand der „Guccis“: Nachtrag zu “ Hamburg krempelt die Bildung um“:
Kleine Anekdote am Rand: Um den Eindruck zu erwecken, ihr Protest sei nicht nur auf „ihre“ Stadtteile begrenzt, sondern würde von allen Hamburgern geteilt, hatten sie Schilder mit den Namen einzelner Stadtteile verteilt: St.Pauli, Rahlstedt usw. Die sollten ihre Sprößlinge in die Höhe halten. Darunter war auch „Wilhelmsburg“, ein Stadtteil, der vorwiegend von einkommensschwachen Familien mit Migrantenhintergrund bewohnt wird. Dieses Schild wurde jedoch vergeblich herumgereicht – für einen „Wilhelmsburger“ wollte nun wirklich keiner gehalten werden…
Die beiden Gymnasien dürften das Christianeum http://www.hh.schule.de/christianeum/ und das Gymnasium Othmarschen http://www.gymnasium-othmarschen.de/ sein. Hier ein Bericht der hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg über Walter Scheuerl, Sprecher der Hamburger Volksinitiative „Wir wollen lernen“, und die Diskussionszirkel im Hintergrund: http://www.gew-hamburg.de/hlz/030409/pdf/hintergr.pdf
In der regionalen Beilage des Abendblatts ‚Harburger Rundschau‘ findet sich ein Artikel zum AKU/Mietentwicklung in Wilhelmsburg: http://www.abendblatt.de/region/harburg/article1035728/Arbeitskreis-fuerchtet-teure-Mieten.html
Immerhin…
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