Berlin: Luxuswohnprojekt mit „sozialer Verantwortung“ (KolleBelle II)

Erst kürzlich habe ich hier über die Neubauplanungen im Bereich Metzer/Belforter/Straßburger Straße (Nähe Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg) geschrieben: Nach der Sanierung ist vor dem Neubauboom. In einem gut recherchierten Artikel in der Berliner Zeitung präsentiert Stefan Strauß nun noch ein paar spannende Details des Bauvorhabens: Die Angst der alten Mieter vor dem Investor.

Der Artikel beschreibt die große Verunsicherung der Bewohner/innen in den 110 Wohnungen der 60er Jahre Siedlung.

Die Bewohner wissen, dass sie in diesem sehr begehrten Wohnviertel immer noch sehr geringe Mieten zahlen. Eine Zweieinhalbzimmerwohnung mit 56 Quadratmetern kostet etwa 300 Euro kalt. Es sind die letzten bezahlbaren Wohnungen im Kollwitzplatzgebiet, sagt Michail Nelken (Linke), Stadtrat für Stadtentwicklung.

Viele der Mieter/innen leben schon lange in ihren Wohnungen, einige sind über 70 Jahre alt und fürchten den geplanten Eingriff in ihr Wohnumfeld oder sogar eine Verdrängung durch die Immobilienfirma Econ Cept. Die will…

die Freiflächen an der Straßburger Straße mit einem Wohnhaus bebauen, geschlossene Blockrandbebauung nennen das Fachleute. Eine Tiefgarage mit 120 Plätzen ist geplant, Dachgeschosswohnungen sollen auf den bestehenden Häusern entstehen.

Etwa 20 der 110 Wohnungen sollen abgerissen werden, Bewohner/innen werden zum Auszug Abfindungen angeboten. Econ Cept Geschaftsführer Rainer Bahr – einst Gründungsmitglied der Grünen – nennt es eine „ansprechende städtebauliche Lösung“.

Weiterlesen

Marxismus: Ein kurzer Lehrgang

Die altehrwürdige Royal Society for the encouragement of Arts, Manufactures and Commerce (RSA) ist im 21. Jahrhundert angekommen und bietet kurzweilige und mit lustigen Animationen versehene Vorträge im Internet an.

David Harveys Vortrag zum Wesen und Verlauf der aktuellen Krise bietet einen kompakten Einblick in die Argumentationsweise marxistischer Analysen. Warum solch ein thematisch ausladener Vortrag hier auf dem Gentrifcationblog Beachtung findet, ist ab Minute 7:00 zu sehen. Der Kapitalismus – so Harveys Argument – hat für seine Krisen immer geographische Lösungen gesucht: Verlagerung von Produktionsstätten, Eroberung neuer Märkte oder eben auch die Investitionen in den zweiten Kapitalkreislauf.  Stadtentwicklung wird so zur Ableitung der jeweiligen Produktionsmodi und Regulationsweisen und als ’spatial fix‘ zur Krisenlösung der Überakkumulation…

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=qOP2V_np2c0]

Passend zur sehenswerten Animation sonst eher abschreckend wirkender Poliotökonomie der Beweis, dass Marxismus eigentlich Pop ist.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=wyqJ9wxZ9L0]

RSA/Harvey gefunden bei annalist
I Read Some Marx via Tobias (danke!)

Berlin: Nach der Sanierung ist vor dem Neubauboom

KolleBelle II in der Belforter Straße geplant?

Alle Skeptiker der Berliner Sanierungspolitik dürfen sich bestätigt fühlen. Führte schon die Stadterneuerung der letzten Jahre zu erheblichen Aufwertungs- und Verdrängungseffekten, so wurden mit der Aufhebung der Sanierungssatzungen nun auch verstärkt Neubauprojekten Tür und Tor geöffnet. Allein im April diesen Jahres wurden Anträge für 130 Neubauwohnungen in den ehemaligen Sanierungsgebieten von Prenzlauer Berg gestellt (Dringlichkeitsantrag der Grünen,  BVV Pankow). Luxuswohnprojekte wie der Marthashof oder das Palais Kolle Belle zeigen dabei, wohin die Reise geht.

Um lästige Sanierungsgenehmigungen zu umgehen, konzentrierten sich die Neubauaktivitäten bisher außerhalb der Sanierungsgebiete oder setzten eine vorfristige Entlassung aus den Sanierungssatzungen voraus (durch die vorfristige Zahlung der Ausgleichsbeträge).

Ein Neubauprojekt wird vom KolleBelle-Investor Econ-Cept auf den benachbarten Grundstücken zwischen Belforter-, Metzer- und Straßburger Straße geplant. Informationen von Mieter/innen zufolge soll entlang der Straßburger Straße der Blockrand mit einem siebenstöckigem Wohnhaus geschlossen werden. Dazu sollen jeweils die ersten Aufgänge von zwei Wohnscheiben (Siedlungsbau aus den 1960er Jahren) abgerissen werden. Mehrere alte Bäume müssen dem Bau einer Tiefgarage weichen. Im Flugblatt der Mieterinitiative werden die mit dem Projekt verbundenen Befürchtungen formuliert:

Zudem sehen die Mieter der Häuser die Gefahr, dass durch die Bauarbeiten eine so große Beschädigungen entstehen,dass die Häuser dann komplett abgerissen werden müssen und die zum Teil seit mehr als 50 Jahren hier wohnenden Mieter zum Auszug gezwungen werden. Das Bauprojekt ist für einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren geplant. Das heißt: Schmutz, Staub, Baulärm, durch Baustelleneinrichtung blockierte Parkplätze und genervte Nachbarn für 2-3Jahre.

Weiterlesen