Anti-Gentrification-Hase

Nicht nur für die unkomplizierten und kompetenten Zusammenarbeit für das Wir Bleiben Alle! Büchlein hat sich der Unrast-Verlag ein dickes Lob verdient. Auf dem Weblog des Verlages wird auch ganz offen die Einstellung des immer noch laufenden Verfahrens gegen mich gefordert. Als Ostergruß verpackt habe ich folgendes schöne Bildchen unter dem Eintrag „Ist das G-Wort böse?“ gefunden. Das nenne ich ein vorbildliches Verlag-Autoren-Verhältnis. Danke Willi!

Ostergrüße, UNRAST-Verlag

Ostergrüße, UNRAST Verlag

Für alle die sich von den datenschutzrechtlichen Bedenken bisher nicht abschrecken ließen und Facebook benutzen, gibt es dort die Möglichkeit, die Forderung nach Einstellung meines Verfahrens zu unterstützen:
Facebook causes: Drop the charges against Andrej Holm

Buchankündigung: Wir Bleiben Alle!

Heute habe ich die letzten Korrekturen an den Druckfahnen vorgenommen – jetzt geht es ab zur Druckerei und Anfang Mai soll es dann tatsächlich erscheinen:
Wir Bleiben Alle! Gentrifizierung – Städtische Konflikte um Aufwertung und Verdrängung.
Das kleine Büchlein (80 Seiten) erscheint in der Reihe unrast transparent und ist als Einstiegstext für alle geschrieben, die sich grundlegend mit Fragen der Aufwertung und Verdrängung auseinandersetzen wollen, die verstehen wollen, warum ihre Miete schon wieder gestiegen ist oder nach Anregungen für die nächste Aktion der gerade gegründeten Stadtteilgruppe suchen. In der Verlagsankündigung hießt es:

Gentrification, die Inwertsetzung bisher preiswerter Wohnviertel, hat sich zu einem ständigen Begleiter städtischer Veränderungen entwickelt und steht für die neoliberale Version kapitalistischer Urbanisierung. Sanierte Häuser und neue Gewerbenutzungen stehen nicht nur für einen Wandel der Stadt, sondern vor allem für steigende Wohnkosten, die Verdrängung ökonomisch Benachteiligter und die Durchsetzung neuer Sozialstrukturen in den betroffenen Quartieren. Weltweit lösen diese immobilienwirtschaftlichen Aufwertungsstrategien Proteste und Widerstand der bisherigen Bewohner_innen aus. »Wir bleiben Alle! « Das Recht zu Bleiben, ist dabei eine zentrale Forderung vieler Stadtteilinitiativen.
An auch internationalen Beispielen werden die Hintergründe und Wirkungsweisen städtischer Aufwertungsdynamiken ebenso nachgezeichnet, wie die Strategien von Stadtteilbewegungen und Anti-Gentrification-Mobilisierungen.

Berlin: Gefahren der Aufwertung (Interview)

Das Quartiersmanagement (QM) Körnerpark beschäftigt sich mit den Aufwertungsgefahren in Nord-Neukölln. In der aktuellen Ausgabe der Körnerpost (pdf) gibt es ein kurzes Interview mit mir. Neben verschiedenen Einschätzungen zur aktuellen Entwicklung in Nord-Neukölln waren auch die Beschränktheiten des Quartiersmanagements selbst Thema des Gespräches. Zwischen Beiträgen zur „Baumscheiben-Begrünung“ und einem Aufruf zum Frühjahrsputz („Sauberer Kiez – Mach mit!“) wirken kritsche Wortmeldungen zur Stadtentwicklung und Quartierspolitik etwas verloren… Aber im Unterschied zu den umstrittenen Projekten des QM Schillerpropmenade (Task Force Okerstraße) verzichtet das Handlungskonzept des QM Körnerpark selbst beim Ziel „Steigerung des Sicherheitsempfinden“ auf repressive Instrumente. Schade ist allenfalls, dass die als ‚Stärke des Quartiers‘ festgestellte Wohnungsversorgung mit „guten und preiswerten Altbauwohungen“ in den Zielkoordinaten des Quartiersmanagements nicht mehr auftaucht. Die Sicherung preiswerter Wohnungen wäre mit großer Sicherheit ein sinnvoller Beitrag zur angestrebten Verbesserung der Lebensqualität im Quartier.

Im Interview für die Körnerpost hab ich das auch so ähnlich formuliert:

Sie halten die Aufwertung eines Stadtteils für eine ambivalente Angelegenheit, weil neben der Erneuerung von Bausubstanz und der Beseitigung von Gewerbeleerstand häufig auch die Mieten steigen. Wie soll eine Stadtentwicklung, die die sozial schwache Bevölkerung berücksichtigt, Ihrer Meinung nach denn aussehen?

Eine Stadtpolitik, die von den Bedürfnissen der aktuellen Bewohner/innen ausgeht, sollte sich vor allem an der Verbesserung der Lebensqualität und der Schaffung von Arbeitsplätzen orientieren. Da ökonomische Ressourcen in der Gesellschaft ungleich verteilt sind, muss eine sozial orientierte Stadtpolitik immer auch eine Umverteilungspolitik sein. Ein wichtiger Aspekt für einkommensschwächere Haushalte ist dabei, dass die Miete bezahlbar bleibt.

Das ausführliche Interview gibt es auch gleich hier zu lesen:

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München: Champagner zur Currywurst

In der Süddeutschen Zeitung schreibt Beate Wild eine Kolumne über das Münchener Nachtleben (After Eight), in der sie seit ein paar Monaten das Ende des Glockenbachviertels betrauert. Artikel wie Requiem für ein Viertel (14.01.2010) und Der nächste Todesstoß (25.03.2010) stehen für die Wahrnehmung einer urbanen Apokalypse des ehemaligen Szeneviertels.

Das Glockenbachviertel – so die Beobachtungen von Beate Wild –  verliert den Charme von Coolness und Happienes der vergangenen Jahre. Lange Zeit als Standort einer Schwul-Lesbischen-und-Nachtclubszene gefeiert schließen nun viele der angesagten Clubs und Kneipen. Stattdessen etabliere sich im Viertel ein schnöder Vergnügungskommerz. Aufhänger ihrer Geschichte ist die neue Speisekarte einer Currywurstbude, die unter anderem eine kleine Flasche Champagner für 59 Euro empfiehlt.

Curry heißt der Laden schlicht. Weniger schlicht ist das Angebot. Und genau hier liegt das Problem. Champagner in einer Currywurst-Bude? Und das im wahnsinnig lässigen Glockenbach, dem Szeneviertel Münchens schlechthin? Das ist der Anfang vom Ende dieses Viertels. Das Ende der Coolness, das Aus für die Subkultur, das Amen für die In-Lokale.

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Berlin: „Ausziehen, wenn Sie nicht pleite gehen wollen!“

„Ausziehen, wenn Sie nicht pleite gehen wollen!“ Das ist der Tipp eines Mieterberatungsanwalts für die  Mieter/innen in einem Schöneberger Sozialwohnungsbau. Es geht hier nicht um eine Fehlbelegungsabgabe…

Sozialwohnungen sind belegungs- und mietpreisgebunden Wohnungen, die im Rahmen staatlicher Förderprogramme (Sozialer Wohnungsbau) errichtet wurden. Klingt erst einmal vernünftig – ist es aber in der Praxis nicht. Zum einen liegen die Mieten mit durchschnittlich über 5 Euro/qm (nettokalt) über den Berliner Durchschnittsmieten (4,85 Euro/qm) – zum anderen dürfen Eigentümer/innen nach Ablauf der Förderverträge die Mieten auf eine fiktive Kostenmiete erhöhen, die weit über dem städtischen Mietniveau liegt. Die Berliner Regierung hat 2003 völlig zurecht den Ausstieg aus der wahnwitzigen Förderlogik der sogenannten Anschlussförderung beschlossen, der Eigentümer/innen nach 15 Jahren Förderung weitere 15 Jahre Fördergelder zukommen ließ. Doch ohne eine vernünftige Ausstiegsregelung machen die subventionsverwöhnten Eigentümer/innen von ehemaligen Sozialwohnungen in Berlin nun genau das, was von  Marktteilnehmer/innen erwartet wird – sie erhöhen die Miete. Und weil sich das die Mieter/innen nicht gefallen lassen wollen, mobilisieren sie sich und den Protest. Für den Ostersamstag ruft das Aktionsbündnis sozialmieter.de zu einem Aktionstag mit symbolischen Umzug auf:

Aktionstag mit einem symbolischen Umzug auf die Strasse
Ostersamstag, 03.04.2010, 13.00 – 16.00
Akazienstraße in Schöneberg

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Hamburg: Proteste gegen Mieterhöhungen bei der SAGA

Die SAGA ist Hamburgs kommunale Wohnungsbaugesellschaft und vermietet rund 130.000 Wohnungen in der Stadt. Mit fast 15 Prozent am gesamten Wohnungsbestand der Stadt eigentlich eine gute Ausgangslage für eine soziale Wohnungspolitik. Eigentlich. Denn wie in anderen Städten auch orientiert sich die kommunale Wohnungsbaugesellschaft längst an den unternehmerischen Vorgaben der Finanzverwaltung und agiert vielerorts als Preistreiber der Wohnungsmieten. Die MoPo berichtet darüber und weckt erhebliche Erwartungen an den Protest: „SAGA-Mieter proben den Aufstand!

Die SAGA steht schon lange nicht mehr für günstiges Wohnen“, sagt Steffen Jörg von der AG Mieten des neuen Bündnisses „Recht auf Stadt“. So sind die Mieten beim städtischen Unternehmen in den vergangenen Jahren viel stärker geklettert als im Hamburger Durchschnitt – 33 statt 17 Prozent.

Die Hamburger SAGA hat im vergangenen Herbst – kurz nach der Veröffentlichung des neuen Mietspiegels – für 23.000 Wohnungen Miererhöhungsforderungen rausgeschickt. Nun regt sich der Protest. Die taz kritisiert die steigenden Mieten als „Sondersteuer für Arme“ und die MoPo schreibt gleich den Aufstand herbei und veröffentlicht die Protesttermine. Das Recht-auf-Stadt-Bündnis und Mieter Helfen Mieter wollen weitere Mietsteigerungen verhindern und rufen zu einer öffentlichen Versammlung auf:

SAGA-Mieter/innen-Versammlung:
Donnerstag, 25. März, 19 Uhr Centro Soziale (Sternstraße 2)

Bereits in einem Offenen Brief an die Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk vom 17.12.2009 forderte das Recht auf Stadt Bündnis einen „Mietenstopp sofort!„. In dem Text werden die drohenden Mietsteigerungen den SAGA-Konzerngewinnen vün über 100 Mio. Euro (2008) gegenübergestellt.

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Filmtipp: „Im Schatten des Tafelberges“ (Kapstadt)

Für eine Vorabrezension für den AK Analyse & Kritik (Zeitung für linke Debatte und Praxis)  („Wenn wir nichts tun, werden wir sterben“) hatte ich Gelegenheit eine sehenswerte Dokumentation über städtische Kämpfe in Südafrika anzuschauen:

Im Schatten des Tafelberges – When the Mountain meets its shadow
von Alexander Kleider und Daniela Michel, in Kooperation mit Romin Khan, Deutschland 2009, 62 Min, engl. OF m. dt. UT

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=7yl57yk_YBQ]

Im März und April wird es in Deutschland, der Schweiz und Norwegen eine Premierentour mit den FilmemacherInnen sowie Ashraf Cassiem und Mncedisi Twalo von der Anti Eviction Campaign geben. Aufführungen unter anderem in Basel (28.3.10), Freiburg (28.3.10), Nürnberg (31.3.10), Berlin (5.4.10), Bielefeld (6.4. 10), Hamburg (13.4.10), Göttingen (14.4.10), Stuttgart (15.4.10). Alle Termine finden sich hier.

Meine kleine Rezension zum Film gibt es gleich hier zu lesen:  Weiterlesen

Berlin: Häuserkampf und Stadterneuerung

1990, Straßenfest in der Mainzer Straße (wenige Monate vor der Räumung) (Bild: Umbruch-Bildarchiv)

1990, Straßenfest in der Mainzer Straße (wenige Monate vor der Räumung) (Foto: Umbruch-Bildarchiv)

In der aktuellen Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik gibt es einen kleinen Artikel, den ich zusammen mit Armin Kuhn geschrieben habe: Häuserkampf und Stadterneuerung. Ausgehend von den runden Jubiläen der letzten großen Hausbesetzungswellen in Berlin (30 Jahre West-Berliner Hausbesetzungen / 20 Jahre Hausbesetzungen in Ostberlin)  haben wir versucht die Verbindungslinien zischen den Besetzungsbewegungen und der Stadterneuerungspolitik nachzuzeichnen. Waren die Westberliner Hausbesetzer/innen Auslöser und teilweise Partner/innen einer neuen Stadterneuerungspolitik, waren die meisten Hausbesetzungen in Ostberlin nach der Wende von einer stadtpolitischen Ignoranz geprägt…

Der Artikel bei den Blättern für deutsche und internationale Politik ist für eine Woche freigeschaltet und kann als PDF heruntergeladen werden.

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Berlin: Verdängungsnormalität

Mieterinitiativen in Berlin versuchen seit langem gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen differenzierten Blick auf die Mietentwicklung der Stadt durchzusetzen. Statt mit pauschalen Durchschnittsgrößen preiswerter Mieten und verfügbarer Wohnungen alle Kritik an der Stadtentwicklung abzuwiegeln, verwiesen die Stadtteilinitiativen vor allem auf die klaren Aufwertungs- und Verdrängungsindizien in einer Reihe von innerstädtischen Vierteln. Nun zeigt der GSW-Wohnungsmarktreport 2010 (pdf), dass die Berliner Wohnungsmarktentwicklung doch als stadtweiter Trend bezeichnet werden kann: In allen Bezirken (mit der Ausnahme von Spandau) steigen die Mieten.

In der aktuellen Ausgabe der Tageszeitung Neues Deutschland gibt es ein kurzes Interview mit mir zu diesen Entwicklungstendenzen nachzulesen: Verdrängung wird Normalfall (siehe unten). Aufhänger für das Gespräch waren Aktivitäten einer Stadtteilinitiative in Alt-Treptow, die in den letzten Monaten zunächst gegen den Neubau von Eigentumswohnhäusern durch Baugruppen mobilisierten und aktuell gegen die Mieterhöhungen durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“. Ebenfalls im Neuen Deutschland gab es einen Beitrag zu den Protesten in Alt-Treptow: Kunger-Kiez droht zu kippen.

»Stadt und Land« erklärte ND, bei insgesamt 332 Wohnungen im Kunger-Kiez die Netto-Kaltmiete zum 1. April zu erhöhen. Von einigen Mietern verlangt die Gesellschaft 11 Prozent Aufschlag, von anderen 20 Prozent. Ein älterer Mann ist erbost, dass »Stadt und Land« mehr Geld ohne Gegenleistung fordere: »Unser Hausflur vergammelt, da blättert die Farbe ab.« Seit der letzen Mieterhöhung sei dort nichts geschehen. Wer sich jedoch weigert zu zahlen, dem droht die Gesellschaft mit Klage.

Das selbst in einem bisher eher unscheinbaren Wohnquartier wie Alt-Treptow Mieterhöhungen durchsetzbar sind und Eigentumswohungsprojekte  dort realisiert werden können, zeigt wie umfassend der Trend der Aufwertung und Verdrängung mittlerweile die Berliner Innenstadt ergriffen hat. Statt der früheren Luxusenklaven stellen mittlerweile   Wohngebiete mit stagnierenden Mietpreisen die Ausnahme dar: Verdrängung ist Normalfall.

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Berlin: Bio-Paradies Prenzlauer Berg

Mauren Kennedy and Paul Leonard (2001) haben in ihrer sehr allgemeinen Definition Gentrification beschrieben als:

„the process by which higher income households displace lower income residents of a neighborhood, changing the essential character and flavor of that neighborhood.“

Die Veränderungen der Sozialstruktur sind dabei relativ klar zu ‚messen‘ – aber welche Indikatoren stehen für den ‚grundlegenden Wandels des Nachbarschaftscharakters‘? Unter dem Titel „Gentrification ist Geschmackssache“ wurde hier bereits über spezifische Konsumgewohnheiten  (z.B. Cup-Cakes) diskutiert. Ein Beitrag der Deutschen Welle zeigt, dass auch die Vorsorgungsdichte von Bioläden ein guter Gradmesser für die Durchsetzung milieuspezifischer Lebensweisen ist. Gerade mit dem Ausbau des Bio-Angebotes in konventionellen Lebensmittelketten, wird der Gang in den Bioladen zu einem Statement des Lebensstil.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=fqQDU2ZIpQQ]

Im Berliner Aufwertungsbezirk Prenzlauer Berg gibt es allein entlang der Schönhauser Alle und ihrer Umgebung über 10 Bio-Läden bzw. Bio-Supermärkte. Trotz der Krise konnten die Umsätze im vergangenen Jahr um 15 Prozent gesteigert werden. Selbst kleine Klitschen erreichen trotz der Konkurrenz der preiswerteren Bio-Supermärkte einen millionenschweren Jahresumsatz.

via: Jenz Steiner