Berlin: Eigentümer-Paradies in der Mieterstadt

Gerade heute habe ich wieder in einer wissenschaftlichen Arbeit lesen müssen, dass der Gentrification-Befund in Prenzlauer Berg gar nicht wirklich gesichert sei, weil Verdrängung nicht als einfache Ableitung von steigenden Mieten und Bevölkerungsaustausch beschrieben werden könne. So wichtig kulturelle und wahrnehmungsbezogene Aspekte für das Verständnis von stadträumlichen Veränderungen auch sein mögen – im Kern kann Gentrification durchaus als Verdrängung im Gefolge immobilienwirtschaftlicher Inwertsetzung beschrieben werden.

Als ein relativ eindeutiger Indikator für solche Formen der ökonomischen Verdrängung erscheint mir die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, denn nur die wenigsten der früheren Bewohner/innen können sich den Erwerb einer Eigentumswohung leisten.

In einem aktuellen Beitrag zum Marthashof-Projekt in Prenzlauer Berg kommt mit Andreas Purrer unter anderem ein Immobilienberater bei Engel & Völkers zu Wort und berichtet, das der Markt für Eigentumswohnungen in den letzten Jahren ‚explodiert‘ sei:

Konnte man noch vor etwa zehn Jahren für 1000 bis 1500 Euro pro Quadratmeter eine Wohnung erwerben, müsse der Käufer gegenwärtig mit Preisen von mindestens 2500, in guten Lagen wie etwa am Kollwitzplatz oder am Wasserturm sogar mit bis zu 5000 Euro pro Quadratmeter rechnen, sagt der Experte. Die hohe Nachfrage nach Wohneigentum im Prenzlauer Berg spiegelt sich auch in den Zahlen wider. „Bereits 30 Prozent der Wohnungen sind Eigentumsapartments“, sagt Andreas Purrer. Tendenz stark steigend.

Zur Erinnerung: Berlin gilt als die Mieterstadt und hat im Durchschnitt nur knapp 14 Prozent Eigentumswohnungen (alle Eigenheimsiedlungen in den städtischen Randlagen mit einberechnet).  Weiterlesen

Berlin: Anglophone Gentrification in Neukölln

Englischsprachige Anti-Gentrification-Plakate am Herrfurthplatz in Berlin Neukölln (Herbst 2010)

Die Berliner Tourismusindustrie wird dieses Jahr voraussichtlich die 20-Millionen-Marke knacken. Fast die Hälfte der Besucher/innen kommen aus dem Ausland. Auch unter Studierenden, jungen Akademiker/innen und Künstler/innen erfreut sich Berlin einer internationalen Beliebtheit. Stadtentwicklung in Berlin ist zunehmend durch Zuzüge und temporäre Anwesenheiten eines internationalen Erlebnispublikums und Bildungsbürgertums gekennzeichnet.

Auch die Gentrification ist von einer wachsenden Zahl internationaler Aufwertungspioniere geprägt. Neukölln wurde lange Zeit als Beispiel für eine Parallelgesellschaft integrationsunwilliger Migrant/innen durch die öffentlichen Debatten getrieben und als ‚Klein Istanbul‘ stigmatisiert. Die Zeiten sind offenbar vorbei: Das neue Neukölln spricht Englisch. Die New York Times wirbt auf ihren Webseiten für den ‚creative place‘, enttäuschte Wirte hinterlassen ihrem englischsprachigen Publikum eine Videobotschaft im Internet und Stadtteilinitiativen kleben ihre Aufrufe mittlerweile in englischer Sprache : „be active against gentrification“.

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Berlin: „Hartz IV geht raus aus Neukölln“

Gerade war es wieder in der Zeitung zu lesen: Nord-Neukölln ist auf dem Weg der Aufwertung. Die Gegend um den Reuetplatz ist längst als Kreuzkölln zur Vorzugslage von Immobilienmaklern erhoben worden und im Schillerkiez befürchtet die taz sogar Verhältnisse wie in Prenzlauer Berg: Willkommen in „Prenzlkölln“:

Altbauwohnungen in dem Neuköllner Viertel sind inzwischen begehrt. Vermieter nutzen die Nachfrage aus: Sie erhöhen die Mieten kräftig – und werben mit platten Schlagworten.

Die Aufwertung des Viertels wird sehr anschaulich aus der Perspektive von Immobilienmakler/innen beschrieben. Während eine Maklerin, die namentlich nicht genannt werden sollte sich über die vielen Studierenden und Künstler/innen freut, die immer höhere Preise akzeptieren, berichtet Immoblienmakler Cemal Düz von 800 Suchaufträgen von Hartz-IV-Empänger/innen, für die er keine Wohnungen mehr im Kiez findet.

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Geschäft mit dem Leerstand

Am kommenden Samstag (23. Oktober 2010, 13 Uhr Uni-Campus) ruft ein breiter Unterstützungskreis in Hamburg zur einer Demonstration „Leerstand zu Wohnraum!“ auf. Alle, die es wollen, können sich sogar auf facebook mit der Initiative befreunden. Im Aufruf heisst es:

Die Mieten in Hamburg steigen kontinuierlich. In den innerstädtischen Vierteln ist es kaum noch möglich, eine Wohnung unter 10 Euro/qm zu finden. Gleichzeitig stehen zahlreiche Gebäude leer, der Leerstand an Büroflächen beträgt momentan 1,17 Mio. Quadratmeter und trotzdem wird immer mehr Büroraum gebaut.

Hamburg ist damit kein Einzelfall. Trotz wachsender Leerstandszahlen in Bürogebäuden sind in vielen Städten immer noch Neubauprojekte gewerblicher Immobilien zu beobachten. Zum Teil sind die Neubauprojekte sicher von der Hoffnung getragen, den aktuellen Bedarfen einer modernen Büronutzung besser zu entsprechen und deshalb gegenüber bestehenden (älteren) Büroanbietern konkurrenzfähig zu sein. Der Umfang der Leerstände in den lokalen Büroimmobilienmärkten verringert sich dadurch natürlich nicht. Viele fragen sich: Wäre es nicht sinnvoll, statt des Leerstandes wenigstens eine kleine Einnahme aus einer preiswerteren Nutzung zu erzielen?

Doch das Geschäft mit den Immobilien fragt – wie alle anderen Kapitalverwertungsstrategien – nicht nach dem Sinn eine Unternehmung, sondern nach deren Zweck. Und der besteht in der Rendite. Mit fatalen Folgen für die Stadtentwicklung – denn einer unkomplizierten Umwidmung in beispielsweise preiswerte Wohnräume stehen eine Reihe von wirtschaftlichen Barrieren gegenüber. So absurd es klingen mag: im Vergleich zu einer preiswerten Vermietung lohnt sich der Leerstand.

Vier Gründe dafür seien hier aufgeführt…

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Gentrification: Aufwertung und Verdrängung in den Städten

In der Herbstausgabe der Lotta (Nr. 40) ist ein Überblicksbeitrag zu verschiedenen Erscheinungsformen der Gentrification  von mir zu lesen. Das meiste wurde hier oder an anderer Stelle schon mal aufgeschrieben und ist nur in der nun dargebotenen Kompaktheit neu.

Aufgegriffen wird in dem Artikel unter anderem, die Aussage von Markus Schmidt, Teamleiter Research bei Aengevelt Immobilien aus dem Artikel „Der niedere Adel kommt“ (procontra-online, Fachzeitschrift für Finanzprofis):

„Gentrifizierung ist ein Prozess, der in jeder Stadt vorkommen kann. Voraussetzung ist ein deutliches Mietpreisgefälle“, so Markus Schmidt, Teamleiter Research bei Aengevelt Immobilien. Aktuell sind in Berlin, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München, Münster und Rostock solche Aufwertungsprozesse zu erkennen. (…)

Derzeit wachsen in vielen Städten die Haushaltszahlen wieder, zugleich sinken die Wohnungsbauaktivitäten. Dies führt zu einer verstärkten Nachfrage in günstigen Wohnlagen. „Es sind vor allem Studenten und die jungen Kreativen, die diese günstigen Quartiere für sich entdecken. Mittel- bis langfristig führt dieser Prozess zu einer Aufwertung des gesamten Quartiers“, erläutert Schmidt.  Die Voraussetzungen für die Aufwertung der Bezirke sind vielfältig. Neben einem gewissen Instandsetzungsrückstau und Leerstand zählt ein unterdurchschnittliches Mietniveau im stadtweiten Vergleich dazu. Auch die Umzugswahrscheinlichkeit spielt eine Rolle, so laufen Aufwertungsprozesse in gewachsenen Stadtteilen mit älteren, eher immobilen Haushalten tendenziell langsamer ab. Die „kreative Klientel“ braucht zudem günstige und freie Gewerberäume. Den neuen „In-Bezirk“ können Investoren an harten Faktoren wie steigenden Mieten bei sinkender Einwohnerzahl und konstanter bzw. wachsender Haushaltszahl erkennen. (…)

Als weiches Kriterium gilt die Angebotsbreite im Einzelhandel, auch deuten erste Bio- und Käseläden, wenn nicht schon vorhanden, auf einen Wandel der Bewohnerschaft hin. Das Einkommen der Studenten ist zwar in der Regel gering, aber auf statusbetontes Leben wird Wert gelegt.“

Für alle, die noch mehr über die aktuellen Tendenzen der Gentrification erfahren wollen, lohnt sich ein Blick in den folgenden Beitrag…

Bild:  sebat85 (flickr.com)

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Sankt Gentrifizian: Aufwertung ohne Heiligenschein

“Oh Heiliger Gentrifizian, verschon unser Auto, zünd‘ andere an!”

Kunst und Aufwertung ist ja oft ein vermintes Themenfeld mit vielen Stolperfallen und komplizierten Verstrickungen. Das Pionierdilemma der Künstler/innen, die ein Viertel symbolisch aufwerten und später von den steigenden Mieten selbst verdrängt werden, ist so was wie ein Klassiker unter den Gentrification-Beschreibungen. Doch immer öfter setzen sich Künstler/innen mit ihrer verzwickten Rolle auseinander oder versuchen sogar in ihren künstlerischen Arbeiten selbst Positionen zur Gentrification zu beziehen.

Als ein Beispiel dafür sei auf eine Diplomarbeit an der Kunst-Hochschule Berlin Weißensee verwiesen. Unter dem Titel „Sankt Nimmerlein“ wurde dort eine Plakatserie zur Thema „Neue Heilige“ entworfen. Auch ein Sankt Gentrifizian:

Sankt Gentrifizian ist der Patron der Hausbesetzer, Demonstranten und Vermummten, der Graffitisprüher, der Stadtsoziologen, aber auch der Fahrradfahrer und Fußgänger. Er wird als Kiezheiliger angerufen, um meist ärmere Stadtteile vor allzu großer Veränderung im Zuge sogenannter Aufwertung zu bewahren und die Sanierung oder den Abriss von Häusern und die Verdrängung der Bewohner des Bezirks durch zahlungskräftigeres Publikum zu verhindern. Er soll Alteingesessene vor Zugezogenen schützen, jene wiederum vor noch später Dazugezogenen und sie allesamt vor Touristen. Aber auch Besitzer von Immobilien und Automobilen bitten ihn um gnädigen Beistand. Außerdem hilft St. Gentrifizian ganz allgemein gegen Brandwunden und kalte Füße.

Sein Gedenktag wird am 1. Mai gefeiert, und er gehört wie z.B. auch St. Laurentius und Johanna von Orléans zu den Röst-Märtyrern.

In Deutschland wird er besonders im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und im Hamburger Schanzenviertel verehrt. Doch auch weltweit erfreut er sich wachsender Beliebtheit. Großen Zuspruch hat ihm vor allem die starke und international verständliche Pose eingebracht, mit der er meistens dargestellt wird, nämlich auf einem umgeworfenen Auto stehend.

Der Legende nach hat St. Gentrifizian bei einer der rituellen Kreuzberger Straßenschlachten ein Auto angezündet. Als er dann triumphierend auf den Wagen gestiegen ist wie Erzengel Michael auf den Teufel, soll er tragischerweise bei lebendigem Leibe verbrannt sein.

Daß diese Geschichte von der Polizei bis heute dementiert wird, hat seiner Verehrung keinen Abbruch getan; Ebensowenig wie die Gerüchte, daß St. Gentrifizian einen Golfschläger bei sich getragen haben soll, er also womöglich eher aus dem Hausbesitzer- statt aus dem Hausbesetzer-Milieu gestammt habe und die Krawalle zu seinen Gunsten eskalieren lassen wollte. So etwas wird von seiner Anhängerschaft als kapitalistische Blasphemie verurteilt. Vielmehr habe der Heilige den Klassenfeind im Kampf mit dessen eigenen Insignien verhöhnen wollen.

St. Gentrifizian gilt als der erste 1. Mai Märtyrer und immer mehr heranwachsenden Großstädtern als Vorbild. Das Umwerfen und/oder Anzünden von Autos hat sich zu einer beliebten Ausdrucksform von tiefer Frömmigkeit entwickelt, und die Staatsmacht versucht bislang vergeblich diesen Brauch zu unterbinden.
Da aber gerade auch die zugezogenen Anhänger des St. Gentrifizian immer wieder mal Besuch von der Familie bekommen, und diese irgendwo ihren Wagen parken müssen, ergibt sich bei den Gläubigen ein immenser Interessenkonflikt. Dieser spiegelt sich anschaulich im folgenden Gebetsspruch wider:
“Oh Heiliger Gentrifizian, verschon unser Auto, zünd‘ andere an!”

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Gentrification: Egoistische Proteste gegen die Aufwertung?

Keine Woche ohne eine neue Gentrification-Story… Auf ZeitOnline gibt es jetzt ein Interview mit mir zu lesen. Das Gespräch wurde telefonisch geführt und von mir auch ordentlich abgesegnet. Allein auf die Überschrift hatte ich keinen Einfluss: Statt differenzierter Analyse klingt es jetzt nach einseitiger Protest-Kritik: „Wir wollen hier bleiben! Alles andere ist uns egal!“. Insgesamt natürlich trotzdem großartig, dass es weiterhin ein so breites Interesse an städtischen Entwicklungen und Proteste gibt!

Im Einleitungstext heißt es:

Warum wird in Deutschland so heftig über Gentrifizierung gestritten? Ein Gespräch mit dem Soziologen Andrej Holm über das Hamburger Gängeviertel, den Wandel Neuköllns und egoistischen Protest.

Das Zitat des Titels ist dabei ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen. Aus der der Sowohl-als-auch-Antwort im Gespräch wird dabei eine einseitige Bewegungsschelte:

ZEIT ONLINE: Werden also die eigentlichen Verlierer dieser Aufwertung – sozial Schwache und Migranten – von diesen Pionieren der Gentrifizierung instrumentalisiert?

Holm: Mit Sicherheit gibt es bei den Protesten häufig die Haltung: Wir wollen hier bleiben! Alles andere ist uns egal! In Berlin zeigt das die Debatte um „Mediaspree“: Viele der Clubs haben sich dem Protest angeschlossen, mittlerweile auch das Tacheles, das selbst von der Räumung bedroht ist. Es gibt aber auch andere Initiativen, etwa das Hamburger Bündnis Recht auf Stadt. Dort haben Künstler das Gängeviertel besetzt und sehr deutlich gesagt: Es geht uns nicht nur um uns, unsere Galerie- und Arbeitsräume, wir wollen tatsächlich eine andere Stadtpolitik und bemühen uns, auch mit anderen sozialen Gruppen in Kontakt zu kommen.

Das gesamt Interview gibt es auf ZeitOnline und auch gleich hier:

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Floridarisierung des Widerstands – Kultur in Anti-Gentrification-Protesten

Die in Wien erscheinende Zeitschrift MALMOE beschäftigt sich in ihrer Ausgabe 51 auf einer Doppelseite mit dem Spannungsverhältnis von „Kunst & Gentrifizierung. Kreative Trüffelschweine im Aufwertungsprozess“.

Bernhard Wernitznig beschreibt unter der Überschrift „Gürtelnightwalks vs. Donaukanaltreiben“ die Aufwertzungsbestrebungen der so genannten kreativen Klasse in Wien. In den Fördergebieten des Gürtelbereiches setze die Stadtverwaltung explizit auf „Rahmenbedingungen für alternative kulturelle und soziale Nutzungen“ um eine Aufwertung der Quartiere anzuregen.  In den zentral gelegenen Teilen der Leopoldstadt hingegen braucht es keine Alternativkultur um eine Gentrification in Gang zu setzen: hier übernimmt der kommerzielle Kulturbetrieb (Prater-Eventmeil, Entertainment-Schlauch Donaukanal, Sängerknaben im Augarten) die Schmiermittelfunktion und beschleunigt die Herausbildung eines Immoblilien-Tourismus-Kulturindustrie-Komplex.

Franziska Frielinghaus hinterfragt die Rolle von Kunst in in städtischen sozialen Kämpfen: „Organisiert Urban Kämpfen!“.  Am Hamburger Beispiel von ‚Park Fiction‘ diskutiert sie die widersprüchlichen Effekte von künstlerischen Interventionen (Luxuswohnbebauung verhindert vs. kulturelle Attraktivierung von St. Pauli vorangetrieben). Sie schlägt vor „Kunst- und Kulturindustrie als Teil des Unternehmens Stadt zu erkennen“ und wünscht sich eine „Kunst, die im Sinnen sozialer Kämpfe ‚weh tut'“. Dissidente Kreativität – so Franziska Frielinghaus – solle sich stärker in die Organisierung kollektiven Engagements in heterogenen Nachbarschaften einbringen.

Klaus Ronneberger wurde auch interviewt („Aktive Minenhunde“) und findet die Beschreibung von Künstler/innen als Minenhunde der Aufwertung zu simpel: „Die meisten ‚Kulturschaffenden‘ sind prekäre Selbständige, die auf preiswerten Wohn- und Arbeitsraum angewiesen sind. Der städtische Raum ist ihr Produktionsort. Die räumliche Existenz eines Künstler/innenmilieus löst nicht automatisch einen Gentrifizierungsprozess aus. Das hängt davon ab, wie der lokale Bodenmarkt reguliert ist, welche Bebauungs- und Nutzungsvorschriften existieren oder wie die jeweilige Stadtregierung in den Wohnungsmarkt eingreift.“

Auch ich durfte mich im Rahmen des kleinen Schwerpunkts zum Verhältnis von Kunst und Gentrification  einbringen („Floridarisierung des Widerstandes“)… Weiterlesen

Berlin: … wie es hier vor 20 Jahren ausgesehen hat

„Prenzlauer Berg, Prenzlauer Berg –  das weiß doch heute keiner mehr wie das hier noch vor 20 Jahren ausgesehen hat“ (Reinald Grebe, Prenzlauer Berg)

Die aktuelle Ausgabe der GEO schweift nicht in ferne Länder sondern beschäftigt sich mit den hiesigen Veränderungen in den 20 Jahren seit dem Beitritt. Eine beeindruckende Fotoreportage zeigt am Beispiel der Hufelandstraße in Berlin Prenzlauer Berg, wie sehr sich Sanierung und Bevölkerungsaustausch ins Bild des Stadtteils eingegraben haben: Eine deutsche Straße im Wandel. Kurzzusammenfassung:

Ausgetauscht: Fassaden, Geschäfte, Anwohner. Geschichte, Heimat, Gedächtnis.

Der Fotograph Harf Zimmermann lebte in den 1980er Jahren selbst in der Straße und ist nach über zwanzig Jahren zurückgekehrt um Bilder von den Orten seiner damaligen Fotos aufzunehmen. Die Hufelandstraße galt im Gegensatz zu anderen Teilen Prenzlauer Bergs als eher bürgerliche Straße mit vielen kleinen privaten Geschäften. Kontinuitäten zur neuen Bürgerlichkeit im Bezirk sind dennoch kaum vorhanden.

Im Text von Andreas Wenderoth heißt es:

„Das war nicht Proleten-, sondern Vorderhaus-Prenzlauer Berg“, sagt Zimmermann. Er wollte mit seinen Bildern die Schönheit des Quartiers bewahren, weil er annahm, dass sie sich bald verflüchtigen würde.23 Jahre später sucht er nun nach den Menschen, die er damals fotografiert hat, weil er sie jetzt in derselben Umgebung noch einmal vor die Kamera stellen möchte. Er klopft an Türen, klingelt, fragt. Sucht nach Spuren des Alten, aber findet fast nur Neues. Ungläubig betrachtet er jenen Ort, der ihm entglitten ist, in den Jahren, da er ihn nicht mehr betrat. Es ist ja nicht so, dass hier Gebäude zerstört worden wären, im Gegenteil, mit viel Geld wurde herausgeputzt und verschönt, und dennoch scheint es, als hätte eine große Welle alles weggespült, was einmal die Substanz der Straße war.

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