München: Neue Yuppie-Hochburgen?

In der Münchner Abendzeitung wird das Ende von München Schwabing als Yuppie-Hochburg herbeigeschreiben.Die Abendzeitung kennt „Die neuen Yuppie-Viertel„:

Von Schwabing redet keiner mehr: Isar-, Max- und Ludwigsvorstadt mausern sich zu Szenestadtteilen – die Au und Obergiesing sind als nächstes dran.

Gentrification – das zeigt der Artikel in der Abendzeitung – hat sich längst zu einem allgemein gebräuchlichen Konzept gemausert, wenn es darum geht, Aufwertungsdynamiken und Verdrängungsprozesse zu beschreiben. Im Beitrag gibt es eine knappe Beschreibung eines typischen Gentrificationverlaufs:

Die günstigen Mieten ehemals einfacherer Viertel ziehen Studenten und junge Kreative an. Plötzlich steht das Viertel im Ruf, hip und szenig zu sein. Das lockt ökonomisch gut gestellte Yuppies (Kurzform für Young Urban Professionals) an. (…) Vormals günstige Mietwohnungen, vorzugsweise in Altbauten, werden für die gut gestellte Klientel luxussaniert und in Eigentumsimmobilien umgewandelt. Die Folge: Immobilienpreise schießen in die Höhe und Designershops, Bars und Szenekneipen aus dem Boden. Das Problem an der Sache: Der neue Lebensstil im Viertel wird für Alteingesessene unerschwinglich.

In einem wirklich lesenswerten Interview in der Südeutschen Zeitung erklärt Prof. Dr. Frank Schröder am Beispiel des Münchner Glockenbachviertels, was das Problem solcher Aufwertungsprozesse ist und warnt vor langfristigen „Vergreisungsprozesssen“: Die Yuppies kommen.

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Berlin: Photo-Shooting in Tempelhof

Die Berliner Polizei hat mit Unterstützung von Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern gestern die öffentlich angekündigte Besetzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof verhindert. Die gezogenen Dienstwaffen eines Zivilbeamten und die Festnahme von als Clowns verkleideten Demonstrant/innen stellen den Polizeieinsatz in kein günstiges Licht. Aber vielleicht war alles auch nur eine Inszenierung um das nächste World-Press-Foto wirklich nach Berlin zu holen:

Dienswaffeneinsatz gegen Flughafenbestzung, Berlin 2009

Dienstwaffeneinsatz gegen Flughafenbesetzung, Berlin 2009

Wordpress Photo 2008, Hausräumung in Cleavland, USA

Bewaffnete Hausräumung in Cleavland, USA (Worldpress Photo 2008)

Berlin: Aufwertungszenit in Prenzlauer Berg erreicht?

Der Immobilienverband (IVD) Berlin Brandenburg, eine Lobbyorganisation von Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Finanzdienstleister, Bewertungs-Sachverständige und  Bauträgern hat nur zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels (siehe auch Beitrag hier im Gentrificationblog) einen eigenen Mitspiegel herausgegeben: IVD-Marktmietspiegel für Berlin. Fazit des IVD-Berichtes in etwa: die Mieten können fast überall gesteigert werden, außer in Prenzlauer Berg, dort ist der Zenit erreicht…

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Hamburg: Recht auf Stadt!

Parallel zu den Wir-Bleiben-Alle-Aktionstagen in Berlin gibt es vom 19.-21. Juni auch in Hamburg drei Aktionstage zum Thema Gentrifizierung:  Recht auf Stadt! 19.-21. Juni ‘09. Stattfinden wird das ganze im Centro Sociale, Sternstr, 2 in 20357 Hamburg (Auftakt: Schule Ludwigstraße).

Das Programm verspricht vielfältige und hoffentlich spannende Debatten. Für alle, die noch nicht so genau wissen, was sie von einem „Recht auf Stadt“ halten sollen, gibt es auch ein hübsches  Recht-auf-Stadt-Mobilisierungs-Jingle.

Gentrification: Vom umkämpften Raum zum umkämpften Begriff

Durch Zufall habe ich auf dem Webblog des Hamburger Aktionsnetzwerks gegen Gentrification „Es regnet Kaviar…“ einen älteren Text von mir gefunden, der in der Zeitschrift  Analyse&Kritik (AK) in der Ausgabe 526 (vom 21.03.2008, Seite 27) veröffentlicht wurde: Gentrification: Vom umkämpften Raum zum umkämpften Begriff.

Für alle, die es gleich hier lesen wollen: Weiterlesen

Landeanflug der Aufwertung. Was ist vom Flughafengelände Tempelhof zu erwarten?

Flughafen Tempelhof. Kaum ist der Flugbetrieb eingestellt, beginnt schon das Gerangel um die Verwertungsmöglichkeiten. Das ehemalige Hauptgebäude ist mit einem Handstreich des Regierenden Bürgermeisters an die internationale Modemesse „Bread & Butter“ vergeben, der Bund als Miteigentümer will sich die Übertragung seiner Liegenschaftsanteile an das Land Berlin satte 40 Mio. Euro kosten lassen und dass ausgerechnet die Edelarchitekten von GRAFT die Planungen für das neu entstehende Wohngebiete Columbiaquartier übertragen bekommen sollen, lässt auch nicht Gutes erwarten. Anwohner/innen befürchten schon jetzt, dass statt der Flugzeuge künftig die Mieten in den Himmel steigen.

Es lohnt sich also ein Blick auf die stadtentwicklungspolitischen Effekte der Zukunftsplanungen auf dem ehemaligen Flughafengelände. Wie bei alle Großprojekte sind auch hier die Projektebene selbst, die Auswirkungen auf die unmittelbare Nachbarschaft und der städtischen Gesamtkontext zu hinterfragen.

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Oberhausen droht Prenzlauer-Berg-Effekt

Auf dem Webportal der WAZ ist ein Veranstaltungsbericht einer Podiumsdiskussion „Die City zwischen Tradition und Moderne“ zu lesen. Inhaltlich ging es offenbar hauptsächlich um die Entwicklungsperspektiven von Alt-Oberhausen und die Frage, ob nicht die gezielte Ansiedlung von Künstler/innen die gewünschten Effekte hervorbringen würden. Mal wieder mussten die Aufwertungsgebiete Ostberlin als Referenzpunkt für die Diskussioen herhalten: Alt-Oberhausen ist nicht Prenzlauer Berg

Ulrike Rose (Landesinitiative StadtBauKultur NRW) etwa verpasste hochfahrenden Plänen von einem Quartier, dem junge Künstler durch bloße Anwesenheit ein neues Gesicht verliehen, erdigen Ballast: „Also ehrlich: Alt-Oberhausen ist nicht Prenzlauer Berg in Berlin.”

Letztendlich diskutierte die versammelte Meute von Stadtplaner/innen, Investoren und Kulturschaffenden dann aber doch den ganzen Abend über die Chancen der Ansiedlung einer Kreativbranche. Das Fazit des Artikels kann daher eher als Drohung verstanden werden, sich doch auf den Weg nach Prenzlauer Berg zu begeben…

Nach zwei Stunden ging man auseinander – nicht ohne neue Ideen.

p.s. Für alle, die nicht ohne weiteres verstehen, warum Prenzlauer Berg als Drohung verstanden werden könnte: prenzelbasher

Hamburg: Aufwertungsoptimismus im „Weltquartier“

Die IBA in Hamburg Wilhelmsburg hatte bisher nur wenige Erfolge zu verkünden. Die Aktivitäten der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Internationalen Bauausstellung beschränkten sich bis dato  auf die Verkündung von hochtrabenden Entwicklungsvisionen, eine Reihe prominent besetzter Kulturevents und die Eröffnung einer neuen Schule mit explizitem Integrationsansatz. Alles sehr schön, ginge es nicht eigentlich um den angestrebten Umbau der Elbinsel und den von der Stadtregierung proklamierten „Sprung über die Elbe“.

Kein Wunder also, dass selbst die Einweihung einer sogenannten „Info-Stele“ im künftigen „Weltquartier“ an der Weimarer Straße als ein Medienevent gestaltet wird: 78 Millionen Euro für das „Weltquartier“ (Hamburger Abendblatt).

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Berlin: Mieterhöhung durch Leerstand

Eigentlich ist Leerstand aus der Sicht der Immobilienbewirtschaftung  „totes Kapital“, da mit unvermieteten Wohnungen keine Rendite erwirtschaftet werden kann. Auch für städtische Gesamtwohnungsmärkte gelten hohe Leerstände gemeinhin als mietpreisdämpfend. Im Zusammenhang mit schrumpfenden Stadtregionen ist sogar von „Mietermärkten“ die Rede, weil eben nicht mehr die Vermieter/innen sich die Mieter/innen aussuchen können, sondern umgekehrt, die Mieter/innen eine tatsächliche Wahlfreiheit haben.

Die Berliner Wohnungsmarktsituation jedoch stellt diese vermeintlichen Markteffekte auf den Kopf. Leerstände – oder zumindest die angeblich hohen Leerstandszahlen – garantieren hier steigende Mietpreise. So können hohe Neuvermietungsmieten (mehr als 20 Prozent über den ortüblichen Vergleichsmieten) nicht mehr über den §5 des Wirtschaftsstrafgesetzes als Mietpreisüberhöhung eingeschränkt werden, wenn das Wohnungsangebot die Wohnungsanfrage um mindestens 5 Prozent übersteigt.  Mit anderen Worten, gilt der Leerstand als hoch genug, ist den Mietpreisen bei Neuvermietungen praktisch keine Grenze gesetzt. Das fast schon manische Festhalten der Senatsverwaltung an der magischen Zahl von 100.000 leerstehenden Wohungen dient also vor allem der Aufrechterhaltung eines angeblich „entspannten Wohnungsmarktes“, der ohne Mietpreisregulierungen auskommt.

Ralf Schönball beschreibt im Tagesspiegel die Auswirkungen des Leerstandsmythos von 100.000 leerstehenden Wohnung und stellt die Frage: Soll Mietwucher wieder bestraft werden? Weiterlesen

Berlin: Ausnahmezustand statt Aufwertung?

Ab morgen (06.06.09) ist es soweit und die „Wir bleiben alle! Aktionswochen gegen Gentrification“ starten. Die taz schreibt zwar einen „Ausnahmezustand“ herbei, nicht jedoch ohne ausführlich über die geplanten Aktivitäten zu berichten und auch die Aktivist/innen selbst zu Wort kommen zu lassen:

„Die action weeks waren erfolgreich, wenn sich die Menschen in Berlin bewusst werden, was in ihrer direkten Umgebung passiert“, erklärt Frank das Ziel der Veranstaltungen. Er wünscht sich, dass es im Anschluss eine breite Debatte über Gentrifizierung gibt – nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Politik.

Begleitend zu den Aktrionen gibt es in den nächsten Wochen auch etliche Veranstaltungen. Eine kleine Auswahl: