Berlin: Gentrification fein vertont

Mit Empire St. Pauli gibt es einen sehenswerten Film zu den Themen des Gentrificationblogs, das Buch zum Blog muss noch geschrieben werden, aber das Lied zum Blog ist schon da:

Viviane Flügge: g-wort

Am kommenden Samstag (24.10.) gibt es ab 22h eine Record-Release-Party in der „Meuterei“ in Kreuzberg (Reichenberger Str.58). Das Lied zur Gentrification wird dort sicher noch mal vorgestellt – und viele andere auch.

Musik: Viviane Flügge (via reifenwechsler)

Bild: bluestef17

Zürich: Sind Hausverkäufer verantwortlich für die Gentrification?

Unter dem Titel „Jürg Acklin ist nicht Pestalozzi“ gibt es auf dem Blog von Ronnie Grob einen spannenden Diskussionsbeitrag zur Aufwertung im Züricher Quartier Seefeld. Ausgangpunkt ist eine engagierte Reportage des Schweizer Fernsehens zu den Investitionsstrategien in Seefeld: „Vertrieben von Zuhause – Yuppisierung eines Quartiers (27 min)“.

Der Filmbeitrag beschreibt die Veränderungen im Quartier am Beispiel der Verwertungsstrategien des Investors  Urs Ledermann, dermehr als dreißig Immobilien im Gebiet bewirtschaftet (NZZ, 2006). Erzählt wird eine immer wiederkehrende Geschichte der Sanierung, des Abrisses und der Neubebauung, bei der die früheren Mietparteien ausziehen müssen und neue, solventere Bewohner/innen erschreckend hohe Beträge für luxeriöse Wohnungen bezahlen. So weit, so schlecht, so typisch für Gentrificationprozesse.

Ronnie Grob macht zurecht auf einen Zusammenhang aufmerksam, der in den meisten Gentrificationstudien unterbelichtet bleibt. Er greift eine Interviewpassage mit Jürg Acklin – einem linksliberal eingestellten Schriftsteller und Psychoanalytiker – auf, in dem dieser beschreibt, warum er großen Bedenken zum Trotze das Haus aus jahrzehntelangem Familienbesitz an den umstrittenen Investor verkauft:

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Berlin: Besetzte Häuser und Aufwertung

Gestern zu später Stunde lief beim ZDF im „Kleinen Fernsehspiel“ der hübsch inszenierte und sehenswerte Spielfilm „Die EX bin ich„. Katrin Rothe erzählt darin vom Selbstmord des Protagonisten ausgehend die Geschichte von Träumen und Anpassungen in den Besetzten Häusern in Ostberlin Anfang der 1990er Jahre.

Der Film (87 min.) ist für kurze Zeit beim ZDF anzusehen.
Dazu gibt es auch Ausschnitte aus einer Podiumsdiskussion zur Premiere, in der ehemalige Hausbesetzer/innen, Verwaltungsangestellte und eine damalige Baustadträtin über die Entwicklung der ehemaligen Besetzerviertel diskutieren.  Denn – fast wie in einem Modell zu subkulturellen Quellen der Aufwertung – sind es die Quartiere mit der höchsten Dichte an Hausbesetzungen, die heute, 20 Jahre später, die weitest fortgeschrittenen Aufwertungsphänomene aufweisen.

Berlin: Gentrification forciert Zweiklassenschule

Zentrales Merkmal der Berliner Aufwertungsgebiete ist – neben den überdurchschnittlich hohen Wohnkosten – ein hoher Anteil von Akademiker/innen. Diese gelten gemeinhin als sehr bildungsbewusst, wenn es um die Erziehung des eigenen Nachwuchses geht. Selbstorganisierte Kindertagesstätten, Elterncafes und Kinderjoga für die Kleinsten, Privatschulen für die etwas Älteren – so sah die Realität exklusiver Bildungseinrichtungen im Ergebnis der Stadtteilaufwertung bisher oft aus. Dies soll sich nun ändern: Die Direktorin der Gustav-Falke-Grundschule in Berlin Wedding umwirbt die Mittelklasseeltern aus Alt-Mitte und Prenzlauer Berg mit Lockangeboten.

Berliner Morgenpost: Berliner Schule wirbt Schüler mit Deutsch-Klasse

Berliner Zeitung: Deutsch als Bedingung

Das klingt auf den ersten Blick vernünftig, denn nichts steht in der Berliner Stadtpolitik so hoch im Kurs wie der Mythos der Sozialen Mischung. Die Rechnung klingt zunächst auch sehr einleuchtend: kommen deutsche Kinder aus bildungsaffinen Familien an die Problemschulen, steigt das allgemeine Bildungsniveau und zieht die Schüler/innen aus benachteiligten Haushalten fast wie von selbst in eine bessere Bildungssituation. Der alte Traum von der Gentrification, die den Armen und Ausgegrenzten nützt, weil sie von den sozialen und kulturellen Ressourcen der Bessergestellten profitieren, soll nun ausgerechnet an der schärfsten sozialen Trennlinie Berlins (Bernauer Straße) verwirklicht werden. Weiterlesen

Hanau: Aufwertung und Verdrängung (Veranstaltung)

Vor ein paar Monaten habe ich hier auf dem Blog über die skurrilen Aufwertungspläne in Hanau berichtet: Hanau: Luxuswohnen als Standortfaktor. Seit ein paar Monaten haben Stadtteilinitiativen und Mietergruppen begonnen, sich gegen die Verkaufspläne der Innenstadt zu organisieren. Mit reglmäßigen Stadtrundgängen und Veranstaltungen versuchen sie den sogenannten „Wettbewerblichen Dialog“ (das Auswahlverfahren für den am besten geeigneten Investor) kritisch zu begleiten. Für die kommende Woche ist eine Veranstaltung zu Verdrängungsprozessen angekündigt:

Donnerstag, 22.10.2009 um 19:30DGB-Jugendheim (Hanau)
Veranstalter/innen: Sozialforum Hanau und Mieterrat Französische Allee
„…das Quartier so gestalten, dass junge Familien mit ordentlichen Berufen im Karree wohnen…“ *

*Sozialdezernent Axel Weiss-Thiel auf der Mieterversammlung am 4.7.09.

Eine Veranstaltung mit Dr. Andrej Holm (Goethe-Universität Frankfurt) und dem Sozialforum Hanau zur geplanten Verdrängung alteingesessener Bevölkerungsgruppen im Zuge des Wettbewerblichen Dialogs. Weiterlesen

Berlin: Lefebvre in Neu-Belgrad

Und gleich die nächste Veranstaltungsankündigung für das kommende Wochenende. Neben der Segregation in Berlin und der Gentrification in Tel Aviv kann am Freitag auch über Henri Lefebvre und die jugoslawische Erfahrung diskutiert werden. metroZones lädt zum dritten Mal zum Saloon ein:

Freitag, den 16.10. 2009 um 20:30 Uhr

Buchhandlung Pro qm, Almstadtstr. 48 – 50 (10119 Berlin)
Lefebvre in Neu-Belgrad
Autogestion / Selbstverwaltung & das Recht auf Stadt

mit Klaus Ronneberger (Stadtkritiker, Frankfurt/M) und Kommentaren von Helmut Weber (Künstler, Wien), Manuela Bojadžijev (Ultra-Red, Berlin), Jochen Becker (mZ, Berlin)

Im Ankündigungdtext heisst es: Weiterlesen

Tagung: Soziale Spaltung und Segregation in Berlin

Der AK Linke Metropolenpolitik läd zu seiner jährlichen Tagung ein. Im Mittelpunkt der diskussionen stehen diesmal die Tendenzen der sozialräumlichen Spaltungen in Berlin.

Samstag, den 17.10.2009, 10 bis 18 Uhr
Neues Stadthaus, Parochialstr. 1-3, Berlin-Mitte

Tagung: hier arm – da sexy? Soziale Spaltung und Segregation in Berlin

Soziale und räumliche Polarisierung nehmen seit Jahren in den Städten zu. Auch in Berlin verschärfen sich die sozialen Gegensätze: In aufgewerteten Teilen der Innenstadt wurde über drei Viertel der Bewohnerschaft ausgetauscht. Woanders werden immer neue „Problemquartiere“ identifiziert, wo sich Armut und von sozialer Ausgrenzung Betroffene konzentrieren.

Auf der Tagung wollen wir nicht nur die globalen, nationalen und spezifischen Berliner Entwicklungen diskutieren, die zu Segregation führen. Ziel ist die Auseinandersetzung mit bestehenden und alternativen Instrumente zur Segregations-bekämpfung wie z.B. dem Quartiersmanagement (QM).

Nach wie vor sind die QM-Gebiete die Schlusslichter in Bezug auf Einkommen, Arbeitslosigkeit, Wohnungs- und Lebensqualität der BewohnerInnen. Was kann das Quartiersmanagement, was können Maßnahmen der Bildungs- oder Wohnungspolitik für eine soziale Stadtentwicklung leisten?

Tagungsprogramm (Programm zum Download): Weiterlesen

Veranstaltung: Gentrifizierung in Berlin und Tel Aviv

Ich möchte auf die folgende Veranstaltungen hinweisen:

Freitag, den 16.10.2009 um 19 Uhr in die Meuterei (Reichenberger Str. 58, 10999 Berlin)

Podiumsdiskussion „GrenzgängerArt“: Gentrifizierung in Berlin- Neukölln und Tel Aviv- Florentin im Vergleich

Es diskutieren:

  • Dr. Talia Margalit (Architektin, Dozentin für Geographie und Stadtentwicklung, Universität Negev),
  • Dr. Henrik Lebuhn (Politologe, Berlin)
  • Roee Suffrin (Bildender Künstler, Jerusalem)
  • Alma Allora (Kunststudium Tel Aviv und Weimar)
  • Matthias Merkle (Retsina Film, Freies Neukölln)

Samstag, den 17.10.2009 um 11 Uhr an der Werkstatt der Kulturen (Wissmannstr.)

Kiezspaziergang durch Neukölln und Kreuzberg mit Tobias Hoeppner (Bündnis „Steigende Mieten Stoppen“)

Steigende Mietpreise, ein deutlicher Zuwachs von jungen und meist deutschen Studierenden sowie die (vehemente) Etablierung von Szenekneipen, Galerien und Büros der Kreativbranche wurden bereits 2006 als erste Anzeichen eines Gentrifizierungsprozesses in Berlin-Neukölln diskutiert. In Berlin gelten Teile von Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain als typische Beispiele solcher Entwicklungen. Diese Aufwertungen lassen sich auch im Tel Aviver Stadtteil Florentin beobachten. Weiterlesen

Harlem: Gentrification im Schneckentempo

Auf den Seiten von City Limits aus New York gibt es einen spannenden Artikel, der die Krisenauswirkungen in Harlem beschreibt: „Quiet follows Harlem’s rezoning for development“. Demetria Irwin beschreibt in ihrem Artikel die weitgehende Einstellung der Bauarbeiten an verschiedenen Baurojekten in Harlem. Insbesondere entlang der 125th Street haben zudem etliche Geschäfte aufgegeben, so dass der Aufwertungsboom der vergangenen Jahre auch im Straßenbild sichtbare Rückschläge verzeichnen muss.

The major factor, of course, was the collapse of the financial markets that came months after the rezoning approval, deflating New York City’s real estate bubble. Harlem was not spared. According to the Greater Harlem Chamber of Commerce, approximately one-third of businesses in Harlem closed in the last year, between July 1, 2008 and June 30, 2009.

Dass es nicht nur Krisenverlierer geben muss, geht aus den Aussagen der lokalen Mieterorganisationen hervor, denn der Zusammenbruch der Immobilienwirtschaft nimmt den Verdrängungsdruck aus dem Quartier:

„For so many low-income and even moderate-income Harlem residents, this is good news in that there is the expectation that it will ease some of the displacement pressures,“ said Harlem Tenants Council director Nettie Hester Bailey. „The economic meltdown and the collapse of the real estate industry have stopped the overdevelopment of Harlem in its tracks.“

Hamburg: „Mit Gentrifizierern über Gentrifizierung reden“

Aus Hamburg gibt es Medienschelte für die Lokalredaktion der taz. Auf dem no-bnq-Blog heißt es in Vorabinformationen zur Informationsveranstaltung:

Die taz-hamburg bleibt dabei ihrer Linie treu: die neue urbane Bewegung sorgt in der Stadt und weit darüber hinaus für Schlagzeilen, doch LeserInnen der ehemals alternativen Tageszeitung erfahren davon nichts. “Mit Gentrifizierern über Gentrifizierung reden” – so ließe sich die Haltung der Redaktion zusammenfassen. Neulich lud man zum Gespräch ins Gentrifizierungsprojekt “Haus III&70″ und versuchte vergeblich in letzter Minute kritische Stimmen aufs Podium zu hiefen. Die hatten sich im Vorfeld vernetzt – und sagten der tendenziösen Veranstaltung ab.

Den konkreten Anlaß für diese Einschätzung lieferte ein ausführliches und fast unterwürfig geführtes Interview mit dem Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Mitte Markus Schreiber (SPD). Der durfte in dem Interview „Fast alle können dort bleiben“ seine Vorstellungen von der Entwicklung in St. Pauli ausbreiten und die guten Absichten der Investoren im so genannten Bernhardt-Nocht-Quartier loben: Weiterlesen