Berlin: Nach der Sanierung ist vor dem Neubauboom

KolleBelle II in der Belforter Straße geplant?

Alle Skeptiker der Berliner Sanierungspolitik dürfen sich bestätigt fühlen. Führte schon die Stadterneuerung der letzten Jahre zu erheblichen Aufwertungs- und Verdrängungseffekten, so wurden mit der Aufhebung der Sanierungssatzungen nun auch verstärkt Neubauprojekten Tür und Tor geöffnet. Allein im April diesen Jahres wurden Anträge für 130 Neubauwohnungen in den ehemaligen Sanierungsgebieten von Prenzlauer Berg gestellt (Dringlichkeitsantrag der Grünen,  BVV Pankow). Luxuswohnprojekte wie der Marthashof oder das Palais Kolle Belle zeigen dabei, wohin die Reise geht.

Um lästige Sanierungsgenehmigungen zu umgehen, konzentrierten sich die Neubauaktivitäten bisher außerhalb der Sanierungsgebiete oder setzten eine vorfristige Entlassung aus den Sanierungssatzungen voraus (durch die vorfristige Zahlung der Ausgleichsbeträge).

Ein Neubauprojekt wird vom KolleBelle-Investor Econ-Cept auf den benachbarten Grundstücken zwischen Belforter-, Metzer- und Straßburger Straße geplant. Informationen von Mieter/innen zufolge soll entlang der Straßburger Straße der Blockrand mit einem siebenstöckigem Wohnhaus geschlossen werden. Dazu sollen jeweils die ersten Aufgänge von zwei Wohnscheiben (Siedlungsbau aus den 1960er Jahren) abgerissen werden. Mehrere alte Bäume müssen dem Bau einer Tiefgarage weichen. Im Flugblatt der Mieterinitiative werden die mit dem Projekt verbundenen Befürchtungen formuliert:

Zudem sehen die Mieter der Häuser die Gefahr, dass durch die Bauarbeiten eine so große Beschädigungen entstehen,dass die Häuser dann komplett abgerissen werden müssen und die zum Teil seit mehr als 50 Jahren hier wohnenden Mieter zum Auszug gezwungen werden. Das Bauprojekt ist für einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren geplant. Das heißt: Schmutz, Staub, Baulärm, durch Baustelleneinrichtung blockierte Parkplätze und genervte Nachbarn für 2-3Jahre.

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Berlin: Abrissgenehmigung als Kündigungsinstrument

Vor ein ein paar Wochen gab es hier einen Beitrag zum Abriss der Kastanienallee 42 mit einem ausführlichen Interview mit einer Mieterin. Zur Erinnerung: Mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung hatte der Eigentümer einen Abriss des Hauses begründet und konnte auf dieser Grundlage die Mietverträge kündigen. Anders als bei Modernisierungsankündigungen gilt ein Abriss aus Wirtschaftlichkeitsgründen als regulärer Kündigungsanlass und bedarf keiner Zustimmung durch die Mieter/innen. Mit solchen Abrissgenehmigungen verschiebt sich das durch Mietrecht halbwegs ausbalancierte Kräfteverhältnis zwischen Mieter/innen und Eigentümer/innen also deutlich zugunsten der Eigentümer/innen und gibt ihnen eine extralegales Kündigungsinstrument in die Hand.

In der taz von heute wurde die Geschichte aufgegriffen. Unter der Überschrift Ein Haus muss weichen lässt Manuela Heim neben der Mieterin auch die Hausverwaltung und die Leiterin des zuständigen Stadtplanungsamtes zu Wort kommen.

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