Berlin auf dem Weg nach Paris? (Interview mit „Novy Prostor“)

In der aktuellen Ausgabe der Straßenzeitung „Novy Prostor“ (Neuer Raum), die in vielen tschechischen Städten von Obdachlosen verkauft wird, gibt es ein Interview mit mir. Titelgebend war ein etwas überspitztes Zitat aus dem Interview: „Berlín míří k Paříži“ (Berlin auf dem Weg nach Paris).

Die deutsche Fassung des Interviews gibt es hier zu lesen: Weiterlesen

Berlin: „kleinsträumige Gentrification“ in Neukölln

Im Neuen Deutschland gibt es zwei Artikel zu den aktuellen Stadtentwicklungstendenzen in Neukölln. DerAustellungsbericht  „Auf Dauer kommen Reiche“ stellt die Austellung „Wer macht die Stadt für wen?“ (pdf) der Kiezgruppe Neukölln vor (noch bis zum 31.8. im »New Yorck«, Mariannenplatz 2 in Kreuzberg zu sehen:

»Wer macht die Stadt für wen?«, lautet der Titel einer Ausstellung, in der es um die Veränderungen in Neukölln, insbesondere im Norden, geht. Seit zwei, drei Jahren mausert sich der einstige »Schmuddelbezirk« zum neuen In-Kiez, rund um Reuter- und Weserstraße eröffnen Galerien, Ateliers, Szenekneipen und Cafés. Doch schon machen sich Ängste breit: Droht eine Gentrifizierung, also eine Aufwertung des Kiezes mit Mieterhöhungen und der Verdrängung alteingesessener Bewohner? Inwieweit ist die Entwicklung von der Politik gesteuert und wie kann man ihr entgegenwirken?

Mit diesen Fragen hat sich eine Gruppe von (Nord-)Neuköllnern beschäftigt, die als Studierende und Akademiker selbst Teil dieses »Aufwertungsprozesses« sind und sich dennoch – oder eben deshalb – gegen die Gentrifizierungstendenzen in ihrem Kiez wehrt. Ihre These: Die Aufwertung von Stadtteilen wird immer auch von der Politik mit angestoßen, zum Beispiel über die Festlegung von Sanierungsgebieten und die Förderung von Projekten, die den Kiez positiv in die Medien bringen und so das Image verbessern sollen.

Als Kontrast zu den Thesen der Ausstellung gibt es in der selben Ausgabe des Neuen Deutschland noch ein Interview mit Sigmar Gude: „Gentrifiziertes Neukölln? Sigmar Gude sieht keine Verdrängungstendenzen“. Weiterlesen

Berlin: Die Karawane zieht weiter – Stationen einer Aufwertung

Räumliche Verlagerung von Pionierphasen der Gentrification in Berlin (1987-2007)

Räumliche Verlagerung von Pionierphasen der Gentrification in Berlin (1987-2007)

Für einen im Herbst erscheinenden Istanbul-Berlin-Stadtreader anlässlich der 20jährigen Städtepartnerschaft Berlin Istanbul wurde ich eingeladen, die Berliner Aufwertungsdynamiken zu beschreiben. Ein ausführliche Version des für den Reader geschriebenen Textes  gibt es schon vorab hier auf dem Gentrificationblog zu lesen (siehe unten).

Eine wirklich empfehlenswerte Veranstaltung im Zusammenhang des Jahrestages der Städtepartnerschaft ist die vom August-Bebel-Institut und dem Forum Berlin Istanbul organisierte Konferenz »Zivilgesellschaft(en) in Berlin und Istanbul« (6.-9. Oktober 2009, Berlin). Thema dort ist explizit die „Stadt als Ort zivilgesellschaftlichen Engagements“.

Aber jetzt zum versprochenen Text zu den Stationen der Berliner Aufwertung:

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Berlin: NIMBY-Proteste in Kreuzberg und Mitte

NIMBY – Not In My Backyard – sind Formen von Protestbewegungen, die in der Regel im Eigeninteresse von Anwohner/innen und/oder Eigentümer/innen allgemeine städtische Nutzungen in ‚ihren‘ Vierteln verhindern wollen. Oftmals werden solche NIMBY-Mobilisierungen von Haus- und Grundstückseigentümer/innen getragen, die im Bau einer Müllverbrennungsanlage, einer psychatrischen Einrichtung oder eines Obdachlosentreffpunkts nicht nur eine Verschlechterung der Lebensqualität sehen, sondern auch einen Wertverlust ihrer Grundstücke befürchten.

Solche Aufstände der Mittelklasse verfolgen im Gegensatz zu den oftmals politischen Forderungen sozialer Bewegungen vorrangig eine „quality of life“-Agenda und werden meist von artikulationsfähigen und ressourcenstarken Mittelschichten getragen.

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Berlin: Steigende Immobilienpreise trotz Krise

Der gerade vom Gutachterausschuss veröffentlichte „Bericht über der Berliner Grundstücksmarkt 2008/09“ bestätigt die widersprüchlichen Kriseneffekte im Bereich des Wohnungsmarktes.  In der Berliner Zeitung gibt es einen informativen Beitrag zu lesen: Monopoly Berlin: Pariser Platz ist am teuersten.

Im Vergelich zu den beiden Boomjahren 2006 und 2007 sind die Umsätze deutlich zurückgegangen und erreichen nur noch knapp die Hälfte des  Vorjahresniveaus. Statt 14,2 Mrd. Euro wurden Grundstücke und Häuser ’nur‘ noch in einem Jahresumfang von 7,2 Mrd. Euro verkauft.  Die Umsätze des Grundstücks- und Immobilienhandels erreichen dabei jedoch keinen historischen Tiefpunkt sondern bewegen sich auf dem Niveau von 2003/2004.

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Berlin: Lohnende Brandstiftung?

rigaer_graffiti3-1Rigaer Straße 84, Rückblende April 2007:,

Am 28.04.2007 ist bei einem Brand in der Rigaer Straße 84 der Lebensraum von 48 Menschen und Platz für internationale Gäste, Voküs, Kino, politische Arbeit, Konzerte und Kneipe zerstört worden. Wir, die BewohnerInnen, haben über Stunden hilflos mit ansehen müssen, wie der gesamte Dachstuhl und Teile des Frauenstockes in der 4.Etage dem Feuer zum Opfer gefallen sind.

Gut zwei Jahre nach dem BrandstiftungDachstuhlbrand im damals noch bewohnten, ehemals besetzten Haus Rigaer Straße 84 wird nun das ausgebaute Dachgeschoss vermietet: „Einzigartig mit 4 (VIER) Dachterassen – Für den luxeriösen Anspruch!

Update: Nach Hinweise vom Scheckkartenpunk, ist die Brandursache wohl nicht so eindeutig, wie von dem Polizeisprecher im verlinkten ND-Artikel angegeben. KLar ist nur, es brannte wenige Woche nachdem die Besetzergruppe ein eigenes Kaufinteresse anmeldeten um die geplante Modernisierung zu verhindern. Im Verlauf der Sanierungsarbeiten löste sich die Gruppe auf und einzelne Bewohner/innen nahmen Entschädigungszahlungen für den Auszug an. Was bleibt: der Dachstuhlbrand legte die Voraussetzung für die unkomplizierte Durchführung der späteren Modernisierungsaktivitäten. Weiterlesen

Berlin: Alle gegen Alle?

Die Diskussion um die Berliner Stadtpolitik nimmt immer skurrilere Züge an. Die CDU und der rbb sprechen vom „Roten Terror“ (Video), Volker Ratzmann sieht „Kieztaliban“ am Werk und die jungle world macht es nicht unter den „Roten Khmer“. Aufhänger sind fast immer die Brandanschläge auf Autos, gemeint sind vielfach jedoch die notwendigen Diskussionen um die Miet- und Verdrängungsdynamiken in den Berliner Innenstadtbezirken (siehe Interview mit Aktivist/innen der „wir-bleiben-alle“-Kampagne)

Wurde vor ein paar Wochen noch über steigende Mieten, Verdrängungseffekte und Hartz-IV-freie Zonen geschrieben, hat sich zumindest die öffentliche Debatte deutlich in einen vorgeblichen Sicherheitsdikurs verlagert. Den Artikeln der letzten Woche folgend, bietet Berlin ein Bild zwischen Belfast und Beirut: umkämpfte Räume und unübersichtliche Akteurskulissen: Linke gegen Reiche, Alteingesessene gegen Jungfamilien, Ossis gegen Schwabe und die FDP gegen Hartz IV. Wenn das so weitergeht, wird Ulfkotte bald seinen nächsten Bestseller schreiben müssen…

Nun hat der Tagesspiegel auch noch einen Brand auf der Baustelle der Baugruppe „Börse“ in Prenzlauer Berg in den Kontext von Stadtteilprotesten gestellt („Wachschutz für Ökohaus“) und die Debatte um die Baugruppen neu entfacht. Die taz hat darin auch gleich einen neuen Konflikt entdeckt: Linke gegen Linke und schreibt über „Die verdrängte Debatte„:

Ruhender Pol und Stimme der Vernunft in all dem Chaos: die Diakonie! Die hält sich nicht mit Scheinkonflikten auf sondern fordert sinnvollerweise für Berlin flexible und ortsteilspezifische Richtwerte für Hartz-IV-Wohnungen: „Ich will so wohnen, wie ich will“

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Berlin: „Niemand hat das Recht, in einer bestimmten Straße zu wohnen“

Die taz berichtete in ihrer gestrigen Ausgabe von den Vermarktungsschwierigkeiten des umstrittenen Luxuswohnprojektes CarLoft in Kreuzberg: Carlofts werden ausgebremst. Bisher konnten nur zwei der 11 Lofts vermietet werden – vom Traum eines Direktverkaufs hatten sich die Investoren bereits vor etlichen Monaten verabschiedet.

Ursprünglich sollten die vor ein paar Monaten fertiggestellten Wohnungen als Eigentum in der Preislage von 500.000 bis 1.500.000 Euro verkauft werden. Die Firma CarLoft® GmbH, die zwei Architekten gehört, hat sich die Idee der „Carlofts“ sogar in 39 Ländern patentieren lassen.

Die Pressesprecherin des Vermarktungsbüros Corinna Kaspar sieht die Gründe für die schleppende Vermietung eher in der Finanzkrise als in der öffentlichen Kritik am Luxuswohnprojekt:

Kaspar nennt allerdings andere Gründe für die Vermarktungsschwierigkeiten. „Die internationale Finanzkrise ist bei Projektentwicklern und Bauträgern, aber auch bei CarLoft-Käufern eher präsent als Aktionen linksradikaler Gruppierungen, denen wir übrigens stets den direkten Dialog angeboten haben.“

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Berlin: Linke diskutiert soziale Wohnungspolitik mit Hartz IV

Am Montag fand im Abgeordnetenhaus Berlin eine Veranstaltung der Linksfraktion mit dem Titel „Zu Hause mit Hartz IV“ statt. Die Abgeordnete Elke Breitenbach stellte fünf Anträge für eine Neugestaltung der Ausführungsvorschrift Wohnen (AV-Wohnen) vor, im Anschluss durften Reiner Wild vom Berliner Mieterverein, Markus Wahle vom Berliner Bündnis für eine bessere AV Wohnen und ich die vorliegenden Anträge kommentieren. In der offenen Diskussionen nach den Vorträgen kamen dann verstärkt Initiativen und Betroffe selbst zu Wort, die sehr deutlich machten, welche katastrophalen Auswirkungen die bisherige Praxis für Hart-IV-Bedarfsgemeinschaften mit sich bringt.  So ergab eine Umfrage des Notfalltelefons der Kampagne gegen Zwangsumzüge, dass 20 Prozent der Befragten die über den Richtwerten liegenden Wohnkosten aus den Regelsätzen finanzieren und am Ende des Monats hungern müssen. Angesicht dieser Dramatik erscheinen die diskutierten Änderungsvorschläge als Versuch einen Gorilla zu schminken: eine soziale Stadtpolitik wird mit der Hartz-IV-Gesetzgebung nicht durchzusetzen sein. Dennoch waren sich die meisten Anwesenden einig, dass die momentanen Regelungen einer Revision bedürfen und die Spielräume für die Betroffenen ausgeweitet werden müssen. Markus Wahle zeigte sich jedoch deutlich enttäuscht, dass nur ein Teil der von verschiedenen Initiativen erarbeiteten Änderungsvorschläge zur AV-Wohnen Eingang in die nun vorliegenden Anträge gefunden hatten.

Einen guten Veranstaltungsbericht gibt es in der jungen welt nachzulesen: Hausen mit Hartz IV. Christian Linde beendet seinen Beitrag mit meinem Bewegungsoptimismus (Danke schön!). Mal sehen, ob es hilft:

Holm appellierte an die Initiativen, sich nicht an Forderungen nach kosmetischen Korrekturen an der AV Wohnen zu verlieren. Im Mittelpunkt müsse die Stadtpolitik insgesamt stehen. Hierbei hätten nicht zuletzt die außerparlamentarische Bewegung und die »Marktmacht von 300 000 ALG-II-Beziehern« eine besondere Bedeutung. »Drei Parteien im Berliner Parlament beschäftigen sich zurzeit intensiv mit Wohnungspolitik. Das tun die nicht freiwillig«, so Holm.

Für alle, die noch mehr zu den auf der Veranstaltung diskutierten Anträgen wissen wollen, hier eine Zusammenfassung der Antragsentwürfe und eine leicht überarbeitete Fassung meiner Stellungnahme: Weiterlesen

Berlin: „Polizei kann das Problem der Gentrifizierung nicht alleine lösen“

Im Tagesspiegel erschien heute eine bemerkenswertes Interview mit dem Politikwissenschaftler Hans-Gerd Jaschke von der Hochschule für Wirtschaft und Recht, an der auch Polizeibeamte ausgebildet werden: „Die Anschläge werden noch Monate weitergehen“. Weniger überraschend dabei die Verurteilung der zahlreichen Brandanschläge auf Autos in Berlin, als vielmehr der Versuch, nach den Ursachen zu fragen. Weiterlesen