Berlin: Quartiersmanagement in Aufwertungsgebieten erfolgreich

Die Immobilienbeilage der Berliner Zeitung (leider nicht online verfügbar) kündigt auf der Titelseite unter der Überschrift „Soziale Kieze“ eine Bilanz von zehn Jahren Quartiersmanagement an. Tatsächlich gibt es auf der Seite 4 ein Interview mit der verantwortlichen Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer.

Das Quartiersmanagement (QM) ist die Berliner Variation des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“, mit dem seit 1998 in Nachbarschaften mit sogenannten „besonderem Entwicklungsbedarf“ interveniert wird. Ziel ist es die ofmals sozial benachteiligten Gebiete an eine Städtischen Durchschnitt heranzuführen und die Bewohnerschaft zu aktivieren, damit sie sich langfristig selber helfen kann. Neben der grundsätzlichen Kritik, dass solche kleinteiligen und quartiersbezogenen Programme eher an den Symptomen als an den Ursachen städtischer Armut und Ausgrenzung ansetzen, wurde immer wieder befürchtet, dass die Zielorientierung der Programme zu einer Aufwertung und Verdrängung führen kann. Ingeborg Junge-Reyer bestätigt in ihrem Interview gegenüber der Berliner Zeitung diesen Verdacht. Nach Erfolgen gefragt, benennt sie ausgerechnet die Aufwertungsgebiete Helmholtzplatz (Prenzlauer Berg) und Boxhagener Platz (Friedrichshain).

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Berlin: Diktatur der Baugruppen

Im Tagesspiegel vom vergangenen Wochenende gibt es einen längeren Artikel zu den innerstädtischen Baugruppen in Berlin: Ein bisschen Diktatur. Diese, in der Berichterstattung zur Wohneigentumsbildung ungewöhnlich negative Überschrift bezieht sich in erster Linie auf das besondere Verhältnis von Architekt/innen zu den eigentlichen Bauherren in solchen Projekten.

„Architektur kann man keinen demokratischen Prozessen unterziehen.“

Doch auch zu den sozialen Kosequenzen und Effekten gibt es ein paar interessante Aussagen in dem Artikel. Weiterlesen

Berlin: Photo-Shooting in Tempelhof

Die Berliner Polizei hat mit Unterstützung von Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern gestern die öffentlich angekündigte Besetzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof verhindert. Die gezogenen Dienstwaffen eines Zivilbeamten und die Festnahme von als Clowns verkleideten Demonstrant/innen stellen den Polizeieinsatz in kein günstiges Licht. Aber vielleicht war alles auch nur eine Inszenierung um das nächste World-Press-Foto wirklich nach Berlin zu holen:

Dienswaffeneinsatz gegen Flughafenbestzung, Berlin 2009

Dienstwaffeneinsatz gegen Flughafenbesetzung, Berlin 2009

Wordpress Photo 2008, Hausräumung in Cleavland, USA

Bewaffnete Hausräumung in Cleavland, USA (Worldpress Photo 2008)

Berlin: Aufwertungszenit in Prenzlauer Berg erreicht?

Der Immobilienverband (IVD) Berlin Brandenburg, eine Lobbyorganisation von Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Finanzdienstleister, Bewertungs-Sachverständige und  Bauträgern hat nur zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels (siehe auch Beitrag hier im Gentrificationblog) einen eigenen Mitspiegel herausgegeben: IVD-Marktmietspiegel für Berlin. Fazit des IVD-Berichtes in etwa: die Mieten können fast überall gesteigert werden, außer in Prenzlauer Berg, dort ist der Zenit erreicht…

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Landeanflug der Aufwertung. Was ist vom Flughafengelände Tempelhof zu erwarten?

Flughafen Tempelhof. Kaum ist der Flugbetrieb eingestellt, beginnt schon das Gerangel um die Verwertungsmöglichkeiten. Das ehemalige Hauptgebäude ist mit einem Handstreich des Regierenden Bürgermeisters an die internationale Modemesse „Bread & Butter“ vergeben, der Bund als Miteigentümer will sich die Übertragung seiner Liegenschaftsanteile an das Land Berlin satte 40 Mio. Euro kosten lassen und dass ausgerechnet die Edelarchitekten von GRAFT die Planungen für das neu entstehende Wohngebiete Columbiaquartier übertragen bekommen sollen, lässt auch nicht Gutes erwarten. Anwohner/innen befürchten schon jetzt, dass statt der Flugzeuge künftig die Mieten in den Himmel steigen.

Es lohnt sich also ein Blick auf die stadtentwicklungspolitischen Effekte der Zukunftsplanungen auf dem ehemaligen Flughafengelände. Wie bei alle Großprojekte sind auch hier die Projektebene selbst, die Auswirkungen auf die unmittelbare Nachbarschaft und der städtischen Gesamtkontext zu hinterfragen.

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Oberhausen droht Prenzlauer-Berg-Effekt

Auf dem Webportal der WAZ ist ein Veranstaltungsbericht einer Podiumsdiskussion „Die City zwischen Tradition und Moderne“ zu lesen. Inhaltlich ging es offenbar hauptsächlich um die Entwicklungsperspektiven von Alt-Oberhausen und die Frage, ob nicht die gezielte Ansiedlung von Künstler/innen die gewünschten Effekte hervorbringen würden. Mal wieder mussten die Aufwertungsgebiete Ostberlin als Referenzpunkt für die Diskussioen herhalten: Alt-Oberhausen ist nicht Prenzlauer Berg

Ulrike Rose (Landesinitiative StadtBauKultur NRW) etwa verpasste hochfahrenden Plänen von einem Quartier, dem junge Künstler durch bloße Anwesenheit ein neues Gesicht verliehen, erdigen Ballast: „Also ehrlich: Alt-Oberhausen ist nicht Prenzlauer Berg in Berlin.”

Letztendlich diskutierte die versammelte Meute von Stadtplaner/innen, Investoren und Kulturschaffenden dann aber doch den ganzen Abend über die Chancen der Ansiedlung einer Kreativbranche. Das Fazit des Artikels kann daher eher als Drohung verstanden werden, sich doch auf den Weg nach Prenzlauer Berg zu begeben…

Nach zwei Stunden ging man auseinander – nicht ohne neue Ideen.

p.s. Für alle, die nicht ohne weiteres verstehen, warum Prenzlauer Berg als Drohung verstanden werden könnte: prenzelbasher

Berlin: Ausnahmezustand statt Aufwertung?

Ab morgen (06.06.09) ist es soweit und die „Wir bleiben alle! Aktionswochen gegen Gentrification“ starten. Die taz schreibt zwar einen „Ausnahmezustand“ herbei, nicht jedoch ohne ausführlich über die geplanten Aktivitäten zu berichten und auch die Aktivist/innen selbst zu Wort kommen zu lassen:

„Die action weeks waren erfolgreich, wenn sich die Menschen in Berlin bewusst werden, was in ihrer direkten Umgebung passiert“, erklärt Frank das Ziel der Veranstaltungen. Er wünscht sich, dass es im Anschluss eine breite Debatte über Gentrifizierung gibt – nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Politik.

Begleitend zu den Aktrionen gibt es in den nächsten Wochen auch etliche Veranstaltungen. Eine kleine Auswahl:

Berlin: Wohnungsmarktkritik

Die kürzlich erfolgte Veröffentlichung des Mietspiegels (siehe hier im Blog) wurden von Mieterorganisationen auch genutzt um ihre grundsätzlichen Einschätzungen der Berliner Wohnungsversorgungssituation publik zu machen. So charakaterisisert Joachim Öllerich von der Berliner Mietergemeinschaft gegenüber der jungen welt in einem Interview die aktuellen Entwicklungen des Berliner Wohnungsmarktes als beängstigend.

Nach den Alternativen befragt skizzierte Öllerich die Konturen einer soziaalen Wohnungspolitik:

Was müßte der Senat sofort, was mittelfristig tun, um den Wohnungsmarkt zu entspannen?

Er muß umdenken. Öffentliche Wohnungsbauunternehmen haben nicht den Markt anzuheizen, ihre Aufgabe ist es vielmehr, die soziale Wohnungsversorgung zu gewährleisten. Dazu gehören ein sofortiger Mietpreisstopp und mittelfristig der Neubau von Wohnungen für die immer ärmer werdende Bevölkerung. In die Baulücken der Stadt gehören keine besserverdienenden Mittelschichten, sondern dort muß Platz sein für einen sozialen Wohnungsbau mit dem die soziale Durchmischung in den Quartieren gewahrt bleibt.

Was eigentlich klingt wie ein konkreter Forderungskatalog solle sich aber nicht auf einzelne Forderungen beschränken, sondern eher allgemein die gesellschaftliche Notwendigkeit einer öffentlichen Regulierung der Wohnungsversorgung  herausstellen…

Kürzlich hat sich in Berlin ein »Mietenstopp-Bündnis« formiert. Welche Impulse müßten von diesem Netzwerk ausgehen, um Druck auf die Wohnungspolitik des Senates entfalten zu können?

Aufgabe dieses Bündnisses sollte sein, die öffentliche Meinung zum Umdenken zu bewegen. Wohnungsversorgung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die die Politik umsetzen muß. Sie ist keine Angelegenheit des Marktes. Wenn das Bündnis diese simple Weisheit begriffen hat, kann es erfolgreich werden. Wenn es sich hingegen im Aufstellen einzelner Forderung erschöpft, bleibt seine Wirksamkeit sehr begrenzt.

Ich würde die Trennung zwischen einzelnen Forderungen, etwa nach einem Förderprogramm für einen sozialen Wohnungsbau oder einer Reform des Mietrechtes zur Begrenzung der Neuvermietungszulagen oder die Festlegung von lokalen Mietsteigerungsmoratorien nicht so streng sehen. Gerade die zur Zeit selbst in Kreisen von Parteien im Abgeordnetenhaus diskutierten Reformen des Mietrechts tragen ja zu einer grundsätzlich anderen und problemorientierteren Sichtweise auf die Wohnungsfrage bei. Die aktuelle Berichterstattung zum Mietspiegel kann als Bruch mit der jahrelangen „Hegemonie des entspannten Wohnungsmarktes“ angesehen werden.

Zur Dokumentation hier das gesamte Interview mit Joachim Öllerich

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Berlin: Mietspiegel-Legenden

Mit der vorgezogenen Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels 2009 wollte die Stadtentwickungssenatorin Junge-Reyer (SPD) vermutlich noch kurz vor der Europawahl punkten und mal wieder „beweisen“, wie sozial die Mietentwicklung in Berlin verläuft. Die nur 1,7 Prozent Mietsteigerungen seit der letzten Erhebung 2007 klingen ja auch erst mal nicht schlecht… Leider hat die Senatorin in ihren Erklärungen vermieden, diesen Durchschnittswert einzuordnen…

Wie meist verschleiern Durchschnittsdaten auch beim aktuellen Mietspiegel die Wirklichkeit und stehen einer Problemsicht im Wege. Insbesondere die überdurchschnittlichen Steigerungen in den Innenstadtbezirken und in den kleineren Wohnungen strafen die Legende vom entspannten Wohnungsmarkt Lügen. Vor allem für die vielen Einpersonenbedarfsgemeinschaften, die den Restriktionen der Hartz-IV-Bemessugsgrenzen unterliegen, verschärft sich die Versorgungssituation.

Bemerkenswerterweise greift die Berichterstattung in den Berliner Lokalmedien genau diese Problemfelder auf. Von der beschwichtigenden Senatsbotschaft „Mieten in Berlin bleiben stabil“ bleibt beim Blick auf die Schlagzeilen nicht viel übrig:

Berlin: Kritik an Baugruppen

In Berlin macht seit ein paar Wochen der Witz die Runde, dass die Gruppe Fels (Für eine linke Strömung), sich neuerdings auch mit Fragen der Stadtteilaufwertung und Gentrification beschäftigt…

Soweit nicht ungewöhliches, haben doch etliche linke Gruppen in der Hauptstadt das Thema für sich entdeckt – doch Hintergrund hier ist ein anderer: mehrere aktuelle und ehemalige Mitglieder der Gruppe sollen sich an sogenannten Baugruppen beteiligen. Anlass Genug für viele, sich mit dem eigenen Verhältnis zum neoliberalen Kapitalismus auseinanderzusetzen. Baugruppen, also der Zusammenschluss privater Bauherren, liegen dabei in Berlin voll im Trend und gelten auch für viele im linken Alternativmilieu als attraktive Lösung der leidigen Wohnungsfrage. Vor allem auf innerstädtischen Freiflächen werden zahlreiche Projekte realisiert.  Von der Politik gelobt und der Verwaltung teilweise gefördert gelten die meist entstehenden Eigentumswohungen als das  „freundliche Gesicht der Aufwertung„.

In Einzelfällen – wie dem KarLoh in Berlin Treptow –  haben sich jedoch inzwischen auch Kritiker/innen Gehör verschafft. Neben der Kritik an den befürchteten Auswirkungen für die Nachbarschaft kritisieren Aktivist/innen aus verschiedenen Projekten gegen Gentrifizierung, Mieterhöhung und Verdrängungen auch die Privatisierung einer eigentlich gesellschaftlichen Frage: Baugruppen, linke Mittelschicht und Aufwertung. In einem offenen Brief (als pdf) an die linksradikale Gruppe „Für eine linke Strömung (Fels)„, aus deren Reihen sich einige an der Baugruppe beteiligen, wird eine inhaltliche Auseinandersetzung zu Fragen des Wohnens und der Alltagsbewältigung eingefordert. Weiterlesen