Hamburg: Gängeviertel: Erfolgreicher Protest oder Rettung der Marke Hamburg?

Das seit dem Sommer von überwiegend Künstler/innen besetzte Gängeviertel hat in Hamburg und darüber hinaus eine lebhafte Debatte um die Folgen einer unternehmerischen Stadtpolitik ausgelöst. Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe „In welcher Stadt wollen wir eigentlich leben“ werden Fragen der aktuellen Stadtpolitik in Hamburg diskutiert. Die Auftaktveranstaltung am 17.11.2009 stand unter dem Titel „Recht auf StadtGehört die Stadt nicht eigentlich uns alle?“.

Hier für alle, die es mögen, hier eine schriftliche Fassung meines kleinen Inputs zu Beginn der Diskussion:

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Berlin: Telefonjoker gegen Gentrification (Radio Fritz)

Auf Radio Fritz (lifestream), dem Jugendsender des RBB ist für heute Abend (Die, 17.11. 22 Uhr) ein Blue-Moon zum Thema Gentrification angekündigt:

Gentrifizierung. Gerade in Kreuzberg derzeit sehr gut zu beobachten. Überall entstehen Luxus- Wohnungen, der Kiez verändert vehement sein Gesicht, die Mieten steigen rasant. Ärmere Menschen, Künstler,Migranten werden aus dem Kiez gedrängt. Wohlhabende, meist Zugezogene und einige Spekulanten erobern die Viertel für sich. Ist das normal und gut? Die geben ja schließlich auch ihr Geld im Kiez aus. Oder geht da gerade eine ganze Lebenskultur kaputt, für die Berlin weltweit berühmt ist? Manche sind so wütend, dass sie Luxuslofts mit Farbbeuteln und Eiern bewerfen und Oberklasseautos davor anzünden.Versteht ihr diese Wut oder nicht fragt Hendrik Schröder im heutigen Blue Moon.

Blue-Moon ist eine dieser interaktiven Mitmachsendungen, bei denen die Hörer/innen sich per Telefon an der Diskussion beteiligen können:

Talk-Telefon: 0331 70 97 110

Berlin: Zweierlei Aufwertungsperspektiven

In der taz von heute gibt es zwei Beiträge, die zumindest in ihren Überschriften ankündigen, sich mit Gentrification zu beschäftigen. Jan Feddersen erklärt in seiner Kolumne: „Gentrification – na, prima!„, Peter Nowak beschreibt in seinem Beitrag: „Eine türkische Familie unter Druck. Wie Migranten mit der Gentrifizierung zurechtkommen„.

Kurz zusammengefasst fragt sich Jan Feddersen, der selbst im Aufwertungsverdachtsgebiet Nord-Neukölln wohnt, was denn an der Aufwertung eigentlich schlecht sei und lässt uns an seinen Vorstellungen von einer „guten Stadt“ teilhaben:

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Hamburg: Floridarisierung des Protestes

Die harte Haltung des Senats war nicht mehr aufrechtzuerhalten – sowohl Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (Grüne) als auch Kultursenatorin Katrin von Welck (parteilos) gehen auf Tuchfühlung mit den Künstler/innen die seit Ende August einige Gebäude im Gängeviertel besetzt hatten. Die Stadt will offenbar die künftigen Nutzungskonzepte überdenken – bisher plante ein holländischer Investor den Abriss und Neubau großer Teile des Altbauviertels. Soweit, so schön.

Doch wo die harte Hand nicht hinlangt, werden weiche Standortfaktoren ausgepackt. So auch in Hamburg: wenn es schon nicht gelingt die unternehmerischen Strategien der Stadtentwicklung durch direkte Investitionen durchzusetzen, soll doch wenigstens ein Marketinggewinn herausspringen, wenn sich die protestiertenden Künstler/innen schon so weit in die Öffentlichkeit der stadtpolitischen Debatte hinauswagten. Mit prominenter Unterstützung von Richard Florida himself wird jetzt eine Vereinnahmungsstrategie aufgetischt. Wenn schon kein internationaler Investor im Gängeviertel, dann soll Hamburg zumindest internationales Modell für die Förderung der kreativen Klasse werden. Marke Hamburg – egal wie: US-Ökonom Florida will Künstler an öffentlichem Eigentum beteiligen.

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Interview: … über Gentrifizierungsprozesse, Polizeiüberwachung und „das Böse“

Die Stallpost ist das Studierendenmagazin der Fachschaft Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg. Die aktuellen Ausgabe widmet sich in ihrem Schwerpunkt dem Thema „Gentrification“ (pdf).

Darunter ein lesenswertes Interview mit Steffen Jörg (Seite 13-16) vom Aktionsnetzwerk gegen Gentrification „Es regnet Kaviar“, der uns ein paar (auch kritische) Innenansichten der aktuellen Stadtteilmobilisierungen in Hamburg St. Pauli gewährt:

Stallpost: Aus welchen politischen Zusammenhängen und aus welchen sozialen Schichten kommen Hier bei uns an der Wand ist auch „Yuppies die Aktivist_innen von „Es regnet Kaviar“?

Steffen Jörg: (…) Die Zusammensetzung des Aktionsnetzwerkes ist nicht ein repräsentatives Abbild der Leute, die auf St. Pauli wohnen. Es ist größtenteils ein weiß-deutsch, akademisch und von der Mittelschicht geprägter Zusammenhang. Und das ist tatsächlich ein Problem: Wie kriegt man es hin, Leute die nicht aus so einem Kontext kommen, Leute die einen migrantischen oder einen sozial anderen Hintergrund haben, in solche Netzwerkstrukturen und in  so eine Aktivierung hinein zu bekommen.

Ein Beitrag von Marco Tiesler „Gentrifizierung: Die Empörung des Bürgertums – Gefahren eines Salonbegriffs!“ (Seite 9-12) greift die soziale Zusammensetzung vieler Anti-Gentrification-Initiativen auf und setzt sich mit der Gefahr einer selbstbezogenen Salonpolitik auseinander, die sowohl die wirklichen Verlierer städtischer Verwertungsprozesse als auch die sozialen Dimensionen selbst aus den Augen verliere.

Mit im Heft ist auch ein kleines Interview mit mir: … über Gentrifizierungsprozesse, Polizeiüberwachung und „das Böse“ (Seite 4-8). Wie der Titel vermuten lässt ein ziemlicher Rundumschlag, für alle die es mögen, hier dennoch dokumentiert:

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Vancouver: Die Grenzen der Aufwertung

David Ley einer der etabliertesten Gentrificationforscher in Kanada hat kürzlich den 50. Jahrestag der Gentrificationforschung eingeleutet. Auf einer Vorlesung präsentierte er bisher unveröffentlichte Manuskripte von Ruth Glass, die als die Urheberin des Gentrificationbegriffs gilt. Nicht erst 1964 in ihrer Untersuchung zu den Veränderungen in London Islington, sondern schon 5 Jahre zuvor soll sie den Begriff für die von ihre beobachteten Verdrängungsprozesse benutzt haben.

Doch die Zusammenfassung der Vorlesung „Are there limits to gentrification? Evidence from Vancouver“ bietet mehr als eine wissenschaftshistorische Randnotiz. Über die Gentrification in kanadischen Städten parlierend, ging David Ley auch auf die aktuellen Aufwertungsbefürchtungen in Vancouver (Downtown East) ein:

Bereits vor dreißig Jahren waren viele Voraussetzungen für eine Aufwertung gegeben: historische Bausubstanz, Nähe zum Wasser und baumgesäumte Straßen. Eigentlich ist also der komplette stadtplanerische Kriterienkatalog für eine Gentrification erfüllt, trotzdem zähle das Gebiet heute immer noch zu den ärmsten in ganz Kanada. Auf die Frage, wie denn die Nachbarschaft der Aufwertung solange widerstehen konnte, hat David Ley zunächst eine kurze Antwort parat:

A complex local sense of place which is unfriendly to gentrification.

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CupCakes in New York: Sahnehäubchen der Aufwertung

Für alle jene, denen die Gentrification-Debatten auf den Keks gehen, weil ja doch immer wieder nur von Verwertungslücken, Investitionsstrategien und Aufwerungsökonomien die Rede ist, gibt es nun eine echte Alternative: den CupCake.

Im Sommer gab es hier auf dem Blog unter dem Titel „Gentrification ist Geschmackssache“ eine angeregte Diskussion um lebensstilvermittelte Indikatoren für die Aufwertung von Quartieren. Anlass war die Ankündigung eines kleinen Forschungsprojektes in New York. Kathe Newman wollte in einem  Seminar zusammen mit den Studierenden die Verkaufsstellen der immer beliebter werdenden CupCakes in New York kartieren und überprüfen, ob sie einen brauchbaren Indikator für die Aufwertungsdynamiken darstellen. Nun scheinen erste Ergebnisse vorzuliegen.

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Hamburg: Manifest gegen Gentrification

Lange diskutiert und endlich veröffentlicht: die gemeinsame Positionierung verschiedener Hamburger Stadtteilinitiativen. Der Text ist so gut, dass es sich kaum lohnt, einzelne Teile hervorzuheben. Deshalb hier auf dem Blog die Dokumentation in voller Länge: Not In Our Name, Marke Hamburg!

Als kleiner Bonus hier noch der Hinweis auf eine kleine Broschüre zu verschiedenen Hamburger Aufwertungsschwerpunkten: „Trendy, Teuer, Langweilig“ (pdf)“. Insgesamt 17 verschiedene Initiativen und Aktionsnetzwerke stellen jeweils kurz die Situation in ihren Nachbarschaften dar, zeichnen eine eindrückliches Bild der umkämpften Stadtentwicklungspolitik in Hamburg und fordern ein Recht auf die Stadt ein. Schön ist, dass in Anlehnung an die spektrenübergreifenden Organisierungsversuchen der „Right to the City Campaign“ in us-amerikanischen Städten auch in der Selbstdarstellung des Hamburger Bündnisses von „Neuen Mehrheiten“ die Rede ist. Denn wenn es wirklich um eine Recht auf die Stadt für alle geht, dann wird es darunter auch nicht zu machen sein.

Jetzt aber die versprochene Dokumentation von Not In Our Name, Marke Hamburg!

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Hamburg: IKEA macht Gentrification zum New Urban Mainstream

Ikea-Altona-1024x577Die Aufwertungsorientierung der Hamburger Stadtpolitik kennt offenbar keine Grenzen. Hafencity, IBA-Wilhelmsburg und jetzt auch noch ein riesiges Möbelkaufhaus mitten in Altona.
IKEA plant auf dem Gelände des sogenannten Frappant den Neubau eines IKEA-Marktes (etwa 40.000 qm Bruttogeschossfläche). Allein das Verkehrsaufkommen der täglich zu erwartenden 10.000 Besucher/innen wird für die Nachbarschaft eine enorme Belastung darstellen.

Doch die Gründe für die nun gestartete Kampagne „Kein IKEA in Altona“ gehen über die Befürchtung von Stau und Verkehrsbelastungen hinaus. Im Mittelpunkt der Proteste steht zum einen die anstehende Verdrängung der über 100 Künstler/innen, die in verschiedenen Ateliers des ehemaligen Kaufhausgebäudes eine Basis für ihre Arbeit und Ausstellungen gefunden haben. Zum anderen werden eine allgemeine Aufwertung des Quartiers und insbesondere steigende Gewerbemieten befürchtet.

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