Stuttgart: Hochpreiswohnen am Tiefbahnhof

potentielle Bebauungsflächen Stuttgart 21 (Bild: stuttgart.de)

Die Stuttgarter Schlichtungsrunden zwischen den S21-Befürworter/innen und den Gegner/innen scheinen zwar wenig zu einer Schlichtung des Konfliktes beizutragen, bieten dafür aber den einen oder anderen Schlagabtausch der Argumente. Am Freitag kamen die künftigen Bebauungspläne zur Sprache. Die Schlagworte vom „hochwertigen Wohnen“ auf einem „europäischen Stadtgrundriss an der Parkkante“ lassen nicht Gutes vermuten und auch die in der Diskussion gehandelten Grundstückpreise (also noch ohne Bebauung) verweisen auf ein eher hochpreisiges Wohnungsmarktsegment.

Der immobilienwirtschaftliche Aufwertungsdruck ist dabei hausgemacht. Denn die Stadt erwarb die bebaubaren und nicht bebaubaren Grundstücke des Bahnhofsprojektes von der Deutschen Bahn im Jahre 2000 für einen Preis 474 Mio. Euro ohne sich die mindestens 20jährige Übergangszeit bis zur tatsächlichen Verfügbarkeit der Flächen verzinsen zu lassen.

Prof. Jürgen Baumüller, weltweit anerkannter Stadtklimatologe, stellte sein immobilienwirtschaftliches Basiswissen unter Beweis und rechnete die fiktiven Zins- und Zinseszinskosten für diese verdeckte Subvention der Deutschen Bahn aus. Auf mittlerweile 1,5 Mrd Euro seien die Kosten des Grundstückkaufs (berechnet auf der Basis verlorener Zinseinnahmen) angestiegen. Bezogen auf die voraussichtlich 50 ha zu bebauender Fläche wären das also 3.000 Euro/qm. Die lokalpolitische Unterstützung für den Tiefbahnhof wird wohl durch hochpreisige Wohnungen finanziert werden müssen… Heiner Geissler nutzte seine Moderationsfunktion, um zu fragen, ob die Abwicklung von Geschäften die absehbar keine Einnahmen und keinen Nutzen generieren überhaupt erlaubt seien. Geklärt werden konnten diese verwaltungs- und kommunalrechtlichen Fragen in der Schlichtungsrunde leider nicht.

Für alle, die ein wenig Zeit haben und sich von der schwäbischen Mundart der Beteiligten nicht abschrecken lassen, gibt es bei coloRadio aus Dresden einen wirklich informativen Ausschnitt der Freitagssitzung.

Den Versprecher des Tages leistet sich der für das Bauressort zuständige Bürgermeister Hahn, der allen Anwesenden versichern wollte, dass auch die Stadtregierung ein ehrliches  Interesse an

„einer maßlosen Bebauung der Parkkante“

habe. Die Geistesgegenwart des Bügermeister im Zusammenahng des knapp verpassten ‚maßvoll‚ eine Freud’schen  Fehleistung in Spiel zu bringen, spricht für ein erstaunliches Maß an Selbstironie oder eine gehörige Portion Dummheit.

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Frankfurt Westend: Wie Hausbesetzungen die Hochhausplanungen verhinderten

Wolf Wetzel hat auf telepolis einen hübschen Artikeln veröffentlicht, der sich mit aktuellen Grroßprojekten der Stadtentwicklung in verschiedenen Städten beschäftigt: „Unternehmen Stadt: Wenn öffentlicher Raum in Renditeanlagen verwandelt wird„. Die geplanten Investorenprojekten benennen – so Wolf Wetzel – zugleich die aktuellen Orte des Widerstandes gegen die unternehmerische Stadtpolitik: MediaSpree, das Hamburger Gängeviertel,  der anstehende Verkauf der Hanauer Innenstadt an einen Investor oder die Planungen für Hochhäuser auf dem Universitätsgelände in Frankfurt Bockenheim sind nicht nur die Meilensteine einer neoliberalen Umstrukturierung der Städte sondern eben auch Wegmarken des Protestes.

Konflikte um Stadtentwicklungspläne haben eine lange Geschichte, Wolf Wetzel schlägt angesichts der aktuellen Umstrukturierungen vor, aus der Geschichte des Widerstandes zu lernen.  Anfang Dezember fand im allerwürdigen Club Voltaire in Frankfurt/Main eine Diskussionsveranstaltung „Geschichte wird gemacht! Neoliberale Stadtentwicklung und städtische  Gegenbewegungen“ im Rahmen der bundesweiten Veranstaltungsreihen „Unternehmen Stadt Übernehmen“ statt. Wolf Wetzel reflektierte in der Diskussion seine Erfahrungen der Westend-Hausbesetzungen, die er als Jugendlicher miterlebt hatte. Seinen Veranstaltungsinput hat er für den Telepolisartikel ausgebaut.

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Hamburg: IKEA macht Gentrification zum New Urban Mainstream

Ikea-Altona-1024x577Die Aufwertungsorientierung der Hamburger Stadtpolitik kennt offenbar keine Grenzen. Hafencity, IBA-Wilhelmsburg und jetzt auch noch ein riesiges Möbelkaufhaus mitten in Altona.
IKEA plant auf dem Gelände des sogenannten Frappant den Neubau eines IKEA-Marktes (etwa 40.000 qm Bruttogeschossfläche). Allein das Verkehrsaufkommen der täglich zu erwartenden 10.000 Besucher/innen wird für die Nachbarschaft eine enorme Belastung darstellen.

Doch die Gründe für die nun gestartete Kampagne „Kein IKEA in Altona“ gehen über die Befürchtung von Stau und Verkehrsbelastungen hinaus. Im Mittelpunkt der Proteste steht zum einen die anstehende Verdrängung der über 100 Künstler/innen, die in verschiedenen Ateliers des ehemaligen Kaufhausgebäudes eine Basis für ihre Arbeit und Ausstellungen gefunden haben. Zum anderen werden eine allgemeine Aufwertung des Quartiers und insbesondere steigende Gewerbemieten befürchtet.

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Moskau: Stadtumbau für ‚Neue Reiche‘

Stadtumbau Moskau (http://www.inmoskau.de/blog)

Gentrification ist längst ein globales Phänomen: In Moskau werden ganze Stadtviertel aus dem Boden gestampft in denen vor allem die “Nouveaux Riches” wohnen werden. Für schlappe 14 Mrd. Euro werden zur Zeit etwa 20 Wolkenkratzer errichtet: “Moscow City”. Neben Geschäftsräumen entstehen vor allem Luxuswohnungen (imagetours). Dass solche Großprojekte auch den sonstigen Wohnungsmarkt beeinflussen, zeigt das Beispiel der russischen Hauptstadt eindrücklich. Novosti, die russische Nachrichtenagentur titelte Anfang des Jahres: Moskau: Wohnungspreise schlagen alle Rekorde.

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