Gentrification: Vom Tabu zum Kampfbegriff

„War „Gentrification“ früher ein Fachausdruck für Stadtsoziologen, ist er heute in der linken Szene ein negativ besetzter Kampfbegriff.“ (FAZ.NET, 15.09.09)

Gentrification ist ein umkämpfter Begriff, weil er die sozialen Konsequenzen der Stadterntwicklung benennt und Gewinner und Verlierer städtischer Aufwertungsdynamiken sichtbar macht. Insbesondere Stadtverwaltungen und Sanierungsträger, die sich lange Zeit zumindest den Ansprüchen einer sozial ausgleichenden Stadtentwicklung verpflichtet sahen, stritten in den vergangenen zwanzig Jahren Verdrängungstendenzen unisono ab. Weiterlesen

Hamburg St. Pauli: „Ich will so bleiben wie ich bin“

Für diesen Sonnabend ist in Hamburg eine große „NoBNQ Bezirksversammlung“ mit Austellungseröffnung, Stadtrundgängen und Konzerten angekündigt:

St. Pauli nimmt sich das Recht auf Stadt:
Gegen Gentrifizierung, Mieterhöhung & Investorenarchitektur.
Sonnabend, 5. September 2009 | ab 14 Uhr

Hintergrund sind die Proteste von Anwohner/innen und Initiativen, die sich gegen die Bau- und Sanierungspläne der Investoren Köhler & von Bargen wenden, die mit einem umfassenden  Aufwertungsplan die Straßenzügen rund um die Bernhard Nocht Straße in ein neues Quartier verwandeln wollen. Im Hamburger Abendblatt (Anwohner kämpfen gegen Bernhard Nocht Quartier) wird der Konflikt wie folgt beschrieben:

Die Altbauten in der Bernhard-Nocht-Straße und der Erichstraße sollen teilweise saniert und modernisiert, in mindestens einem Fall sogar abgerissen werden. Seit dem Bekanntwerden herrscht Unruhe auf St. Pauli. Die Bewohner fürchten, aus ihren Wohnungen vertrieben zu werden.

Die anfängliche Werbung für das geplante „Berndhard-Nocht-Quartier (BNQ)“ ist – offensichtlich in Reaktion auf die Proteste der letzten Wochen – etwas handzahmer geworden. Das Projekt firmiert nun unter dem Arbeitstitel „Bernhard-Nocht-Terassen“ – Hinweisen auf den Verzicht auf Lusxusmodernisierungen und Abrisse sind auf der Webseite der Projektentwickler jedoch nicht zu finden…

Weiterlesen

HH: Quartiersmanagement für mehr Aufwertung in St. Georg

In der Welt gibt es einen kleinen Beitrag zu den aktuellen Stadtentwicklungsdynamiken in St. Georg: Das Schmuddelviertel verändert sein Gesicht. Aus dem „einstmals schmierigen Bahnhofsviertel“ sei inzwischen ein „schicker Stadtteil an der Alster“ geworden und Mieten von 11 Euro den Quadratmeter keine Seltenheit. Auch die Gewerbemieten steigen:

Die Außengastronomie in der Langen Reihe hat die Messlatte hoch gelegt: Hier können Immobilienbesitzer inzwischen 50 Euro und mehr pro Quadratmeter Ladenfläche verlangen.

Traditionsgeschäfte hingegen mussten schließen. Kein Wunder also, dass die Meinungen zu den Veränderungen geteilt ausfallen:

Die jetzt in Angriff genommene Aufhübschung des Hansaplatzes ist nur das aktuellste Beispiel für eine Veränderung, die viele Bewohner begrüßen, viele aber auch als Verdrängung von Alteingesessenen kritisieren.

Einige Stimmen aus St. Georg kommen in der Welt zu Wort: Weiterlesen

Hamburg: Recht auf Stadt!

Parallel zu den Wir-Bleiben-Alle-Aktionstagen in Berlin gibt es vom 19.-21. Juni auch in Hamburg drei Aktionstage zum Thema Gentrifizierung:  Recht auf Stadt! 19.-21. Juni ‘09. Stattfinden wird das ganze im Centro Sociale, Sternstr, 2 in 20357 Hamburg (Auftakt: Schule Ludwigstraße).

Das Programm verspricht vielfältige und hoffentlich spannende Debatten. Für alle, die noch nicht so genau wissen, was sie von einem „Recht auf Stadt“ halten sollen, gibt es auch ein hübsches  Recht-auf-Stadt-Mobilisierungs-Jingle.

Hamburg: Gewerbewechselprävention

Aufwertungsprozesse sind fast immer mit der Veränderung der Gewerbestruktur verbunden. Als sichtbare Anzeichen des Nachbarschaftswandels sind die neuen Clubs, Restaurants und Läden oft auch Gegenstand von Protestmobilisierungen. Sich dieses Zusammenhangs offensichtlich bewusst, hat ein Hamburger Eigentümer nun zu einer ungewöhnlichen Maßnahme gegriffen und bereits vor der Neueröffnung eines Adidas-Franchise-Geschäfts an die Rücksicht im Schanzenviertel appelliert.

Gefunden bei Sternstunden des Kapitalismus:

Hamburg: Broschüre zu „Empire St. Pauli“

Zum Filmprojekt „Empire St. Pauli“ gab es auch hier im Blog schon einen Hinweis:“Hamburg: Aufwertung und großes Kino„.

Nun gibt es die Broschüre zum Film. In fünf Texten gibt es Wissenswertes und Hintergründiges zur Entwicklung im Hamburger Stadtteil zu lesen:

Hübsch layoutet gibt es das Ganze auch zum ausdrucken als pdf. Meinen Text gibt es gleich hier zu lesen:

Weiterlesen

Abwertungskit™: Die Miete selber drücken

Endlich gibt es den Abwertungskit gegen steigende Mieten von Margit Czenki und Christoph Schäfer auch als Video. Anzusehen ist das ganzen beim Hamburger Aktionsnetzwerk gegen Gentrification „Es regenet Kavier„:

Konsequent und von vielen Mietern angewendet, löst der Abwertungskit™ eine Preisspirale nach unten aus: die Reichen verlassen den Stadtteil und ziehen zurück in ihre angestammten Siedlungsgebiete am Stadtrand, Nobelrestaurants senken die Preise – und schon bald können Sie in einen grössere, billigere Wohnung umziehen. Und am Ende des Monats liegt eine fette Ersparnis in ihrem Portemonnaie. (download zum selber machen:  hier)

Aber seht am besten selbst:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=Cq1N1d1cVoA]

Hamburg: Zwei Gesichter von Wilhelmsburg

Schlechte Luft…

Seit ein paar Wochen gibt es einen neues Blog zu Wilhelmsburg. Der Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg (AKU) will sich „kritisch mit den Umstrukturierungen auseinandersetzen, die durch die Hamburger Stadtentwicklungspolitik (IBA Hamburg, Sprung über die Elbe…) in Wilhelmsburg durchgesetzt werden sollen“. Dazu viel Erfolg!

Der erste Blogeinträge zumindest lösen diesen Anspruch ein. Unter dem Titel „Die Insel denen die drauf wohnen – Broschüre online“ gibt es eine kenntnissreiche, informative und lesenswerte Beschreibung der aktuellen Entwicklungen auf der Hamburger Elbinsel (Broschüre pdf). In der Einleitung heisst es:

Wir haben uns Gedanken gemacht über den Wandel der sich zur Zeit in Hamburgs Stadtteil Wilhelmsburg – der Elbinsel – vollzieht. Wir haben versucht, die politischen Weichenstellungen und Umstrukturierungsprogramme, die die „Aufwertung“ des Stadtteils durchsetzen sollen, zu analysieren und deren Auswirkungen nachzuvollziehen. Eine Momentaufnahme einer unsozialen Wohnungs- und Aufwertungspolitik.

Meinen Lieblingssatz habe ich auch schnell gefunden: „Wir wünschen der IBA – von ganzem Herzen – Westwind!„.

Weiterlesen

Hamburg: „Das schlechte Gewissen des Reichtums heißt von jeher Sanierung“

Einen bemerkenswerten Artikel gibt es in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung: Stadt der Tiefgaragen. In dem Beitrag geht es um die Sanierung am Valentinskamp im Hamburger Gängeviertel.

Die Süddeutsche Zeitung nimmt die Sanierungspläne zum Anlass für eine sehr grundsätztliche Kritik an der Sanierungspolitik der Hansestadt und ordnet die aktuellen Pläne in die Geschichte einer revanchistischen Stadtpolitik ein:

Hamburg ruiniert das urbane Gängeviertel – und nennt das ¸¸Sanierung‘. (…)  Große Städte schämen sich ihrer Arbeiterkultur wie einer schmutzigen, unsittlichen Herkunft. Die Erinnerung an die engen, übervölkerten Quartiere, in denen die Menschen lebten, die den Wohlstand der Stadt erarbeitet haben, wurden im Laufe der Stadtplanungsgeschichte erst hinter Prachtfassaden versteckt, dann Schritt für Schritt ganz zerstört.

Ihm folgten Legionen von Stadtplanern, mal eher feudal, mal eher revolutionär denkend, mal faschistisch, mal bürgerlich-modern geprägt, die mit den immer gleichen hygienischen und pseudo-sozialen Argumenten die Geschichte der Städte entsorgten. Das unverfängliche Wort für dieses schlechte Gewissen des Reichtums heißt von jeher „Sanierung“.

Es ist vor allem Verlust von Urbanität der von der Süddeutschen Zeitung befürchtet wird und die Perspektrive auf die künftige Bewohnerschaft ist nichte gerade liebevoll:

Zwar wird in Hamburg schon seit Jahrzehnten geklagt, dass das Zentrum nach Geschäftsschluss vollkommen ausgestorben ist, aber ebenso konsequent wird hier – wie in vielen anderen Großstädten auch – Künstlern, Galeristen, Studenten, Kneipiers, originellen Einzelhändlern und allen anderen Menschen, die eine Stadt jung und abwechslungsreich halten, jede Grundlage entzogen, sich zu annehmbaren Preisen anzusiedeln und auszutoben. Die Klientel, die man mit teurem Wohn- und Büroraum in die Innenstadt holt, bevölkert aber bekanntermaßen nur Tiefgaragen und Dachterrassen.

Das zentral gelegene Gängeviertel war traditionell des Arme-Leute-Viertel von Hamburg und seit den 1930erJahren seit Ende des 19. Jahrhunderts Ziel verschiedene Stadterneuerungswellen. .. Weiterlesen

Hamburg: Aufwertung und großes Kino

Mit ihrem Filmprojekt „Empire St. Pauli – Von Perlenketten und Platzverweisen“ haben Filmemacher Irene Bude und Olaf Sobczak eine Dokumentation zu den Veränderungen in St. Pauli zusammengestellt, in der über 50 Bewohner/innen des Viertels zu Wort kommen. Der Film wird am auf der Dokumentarfilmwoche am 28. April im 3001-Kino in Hamburg erstmals zu sehen sein.

St. Pauli ist längst zum Schlachtfeld der Aufwertung geworden… Weiterlesen