Berlin: Yuppies, Junkies, Steigende Mieten

http://www.antiberliner.de/

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Kürzlich erschien die aktuelle Ausgabe der von der Antifaschistischen Linken Berlin unterstützte Zeitschrift „Der Antiberliner„. Zum bunten Kaleidoskop der Themen diesmal auch eine Artikel zum Thema Stadtentwicklung und Wohnungspolitik am Beispiel Kreuzbergs, den zu schreiben ich angefragt wurde: „Yuppies, Junkies, Steigende Mieten„. In Berlin liegt die Zeitung in vielen Kneipen und Buchläden aus, für alle anderen gibt es den Beitrag hier in der elektronischen Fassung (ausführliche Fassung folgt  unten).

Berlin Kreuzberg, zuletzt wegen steigender Mieten und exklusiver Bauprojekte in die Schlagzeilen geraten, ist aktuell Schauplatz eines typischen Protestdilemmas: Nachbarschaftsinitiativen fordern nach der Schließung eines Druckraumes in der Dresdener Straße die Ausgrenzung der Drogenszene aus dem öffentlichen Raum und eine Verschärfung der Polizeiarbeit. Linke Gruppen und Sozialinitiativen rufen zu Kundgebungen gegen diese Verdrängungspolitik auf und in der Berliner Medien wird aus dieser Auseinandersetzung ein „Kampf zwischen Yuppies und Junkies“. Dass es sich bei der Bürgerinitiative um Yuppies oder überhaupt Besserverdienende handelt, darf bezweifelt werden. Richtig erscheint es mir dennoch, die Proteste gegen die Drogenszene vor dem Hintergrund von Aufwertungsdynamiken zu betrachten. (…)

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Berlin: Rettungsschirm für Luxuswohnprojekte?

Aus der Welt der Banken  und ruinösen Industrieunternehmen ist das Motiv inzwischen hinlänglich bekannt: der Staat unterstützt vor allem die Reichen und Vermögenden. Natürlich in erster Linie, um die systemwichtigen Strukturen in unser aller Interesse zu retten…

Eine ähnliche Konstellation scheint sich nun in Berlin Kreuzberg anzubahnen. So jedenfalls ist eine Meldung im Berliner Tagesspiegel zu interpretieren: Luxus-Wohnprojekt attackiert.

Rund 20 dunkel gekleidete Personen haben in der Nacht zu Freitag ein im Bau befindliches Luxus-Wohnprojekt in Kreuzberg mit Steinen und Farbbeuteln angegriffen. Nach Angaben der Polizei gingen an dem Gebäude in der Liegnitzer Straße zwölf Scheiben zu Bruch. Anschließend flüchteten die Unbekannten in den Görlitzer Park. Der polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamtes hat die Ermittlungen übernommen.

Was bitte hat denn der Schutz von Immobilienprojekten mit Staatsschutz zu tun? Weiterlesen

Berlin: Kriminelle Aufwertung in Kreuzberg

Für alle, die Aufwertung und Verdrängung schon immer für ein Verbrechen hielten, gibt es jetzt eine Bestätigung. In der taz gab es in der vorigen Woche einen Bericht zur Verhaftung des ersten Mieters im Kreuzberger Luxuswohnprojekt Carlofts. Unter der Rubrik „was macht eigentlich…“ ist zu lesen, dass die Eigentümer des Carlofts „Den ersten Mieter an den Knast Moabit verlieren„:

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NIMBY in Kreuzberg: Junkies, Yuppies, Polizei

Berlin Kreuzberg, zuletzt wegen steigender Mieten und exklusiver Bauprojekte in die Schlagzeilen geraten, ist aktuell Schauplatz eines typischen Protestdilemmas. Nachbarschaftsinitiativen, die sich eigentlich gegen die Folgen einer verfehlten Drogenpolitik organisieren, fordern die Ausgrenzung der Drogenszene und eine Verschärfung der Polizeiarbeit.

So verständlich der Wunsch auch ist, keine gebrauchten Spritzen in den Hausfluren zu finden und seinen Kindern den Anblick von Drogenabhängigen zu ersparen – so asozial sind die Mobilisierungen zur Verdrängung des Problems aus der eigenen Nachbarschaft. NIMBY (Not in My Backyard)-Bewegungen sind oft typisch für Mittelklassenachbarschaften, die in schlichter Regelmäßigkeit nach Ausschluss und Kontrolle rufen. Das es vor allem Gewerbetreibende und Wohnungseigentümer sind, die keine offen Drogenszene im Kiez wollen, ist dabei kein Wunder. Denn sie haben nicht nur ein alltägliches, sondern eben auch ein direktes finanzielles an einer Verdrängung der Drogenszene.

Berichte zu dem Konflikt in Kreuzberg gibt es in etlichen Berliner Tageszeitungen, mit durchaus unterschiedlichen Perspektiven auf den Konflikt: Weiterlesen

Kreuzberg bald wie Ostberlin?

Das Magazin Klartext des RBB hat gestern einen sehenswerten Beitrag zu den aktuellen Mietentwicklungen in Kreuzberg ausgestrahlt: „Hohe Mieten – Wird der Mittelstand aus der City vertrieben?“. Das ist zwar ein unglücklicher Titel, denn letztlich trifft die Verdrängung vor allem ökonomisch benachteiligte Haushalte – doch bemerkenswert ist der Grundtenor der Sendung: stiegende Mieten und Verdrängung drohen nun auch in den Nachbarschaften der Westberliner Innenstadtbezirke. Die Aunfwertungsprozesse in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain werden dabei als Drohkulisse einer künftigen Kreuzberger Entwicklung gezeichnet. In der Anmoderation des Beitrags heisst es:

Wohnen im Herzen der Stadt. Das ist in Berlin durchaus bezahlbar. Noch. Denn die Mieten in der Innenstadt klettern seit geraumer Zeit steil nach oben. Viele können sich das nicht leisten und müssen gehen. In den östlichen Citybezirken ist diese Entwicklung besonders gravierend. Beispiel: Mitte, Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. Da wurden komplette Bevölkerungsschichten einfach ausgetauscht. Immer häufiger erwischt es dabei auch Familien aus der Mittelschicht. Ein Trend, der nun auch die westliche Innenstadt erreicht hat.

Zur Erinnerung: noch vor wenigen Jahren galt es als stadtpolitischer Tabubruch im Zusammenhang mit der Stadterneuerung in Ostberlin von Gentrification zu sprechen. Auch die erst kürzlich erschienene Sozialstudie zur Aufhebung des Sanierungsgebietes Kollwitzplatz in Berlin Prenzlauer Berg spricht angesichts von gravierende Verdrängungsindizien in ihrem Zahlenmaterial lieber von einer „sozialen Konsolidierung“. Aus der Kreuzberger Perspektive jedoch erscheint der Prenzlauer Berg als eindeutige Aufwertungskulisse. Ein politischer Appell zum Abschluss des Beitrages warnt erneut vor Ostberliner Verhältnissen:

Wenn im Senat die Mehrheit aus SPD und Linken nicht die Initiative ergreift, wird auch in Kreuzberg das Wohnen zum Luxus werden – wie zuvor in Prenzlauer Berg, Mitte und Friedrichshain.

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Kreuzberger Protesttraditionen

Was ist bloß mit den Kreuzbergern los? Ob Mediaspree, Bethanien-Besetzung oder Privatschul-Ansiedlung – ohne Protest geht’s nicht.“ Werner van Bebber versucht im Tagesspiegel die Kreuzberger Protestkultur zu verstehen. Neben dem Versuch einer Psychoanalyse des Stadtteils (“ Kreuzberg will Kreuzberg bleiben. Kreuzberg sperrt sich gegen eine Runderneuerung…“) verweist der Artikel „Immer gleich auf den Barrikaden“ aber auch auf ein paar stadtpolitische Begründungen. Mit den Beobachtungen von Ulrich Peltzer (Teil der Lösung) werden einige aktuelle Veränderungen anschaulich beschrieben:

Politik ist immer, und weil sich Kreuzberg wieder verändert, ist Politik gegen diese Veränderung so wichtig wie 1973 Politik gegen Spekulanten. „Soziale Entmischung“ sagen die einen, „Gentrifizierung“ sagen die anderen. Für beides stehen „Mediaspree“, der Verkauf vieler alter Häuser überall in Kreuzberg, die steigenden Mieten. Das alles sprengt die Kreuzberger Strukturen. Es fühlt sich schlecht an. Für Ulrich Peltzer, den Autor von „Teil der Lösung“, einem Roman über das neue Berlin, zeigt sich die Entmischung in einem seiner Lieblingscafés, dem „Bateau Ivre“ am Heinrichplatz. Im Sommer, sagt er, hätten wir hier nicht so sitzen können. Wegen der dänischen Touristen. Wegen der spanischen und italienischen Bürgerkinder. Deren Eltern kaufen oder mieten Wohnungen in Kreuzberg, weil es hip ist. Wie die Dänen, Schweden, Norweger zahlen sie Preise, bei denen die Normal-Kreuzberger nicht mitkommen.

Kreuzberger Mischung?

Das Berliner Programmmagazin Zitty hat in der aktuellen Ausgabe den „Kampf um Kreuzberg“ ausgerufen und auch gleich wieder für beendet erklärt. Auch wenn der Beitrag viele Informationen über die Mietentwicklungen bietet, den zentralen Konflikt sieht Autor Martin Hildebrandt in der Auseinandersetzung um eine Handvoll mehr oder minder hipper Läden in Kreuzberg: „Auf der einen Seite linke Revolutionäre, die alles verdammen, was mit Kapitalismus zu tun hat. (…) Auf der anderen Seite finanzstarke Investoren, die Kreuzberg entwickeln wollen, so nennen sie es. Und zwischen allen Stühlen sitzen die Zwischennutzer, die prekär Selbstständigen, die mit ihren kleinen Bars, Läden und Agenturen den Spagat wagen und an einen dritten Weg glauben.“ Und wenig verwunderlich will die ZItty möglichst alle Stühle bedienen und wärmt das etwas altbackene Bild der „Kreuzberger Mischung“ auf:

Was wird aus dem Kampf um Kreuzberg? Kreuzberg wird kein Christiania für Großstadthippies, aber auch kein Soho für Kunstmillionäre. Es wird weiterhin ein Ort für gegensätzliche Lebensentwürfe bleiben, egal welche Pläne und Träume Einzelne verwirklicht sehen wollen. Das liegt vor allem an seinen Bewohnern, die sich stärker mit ihrem Bezirk verbunden fühlen als alle anderen Berliner. Trotz des Wandels, im Kern ist Kreuzberg immer gleich geblieben. Solange es linke Utopisten gibt, die gegen das Kapital ankämpfen, und Unternehmen, die trotzdem noch in Kreuzberg investieren, braucht man sich keine Sorgen zu machen. Die Kreuzberger Mischung überlebt.

Schön, dass es doch noch ein paar Leute gibt, die sich Sorgen machen und gegen die unverkennbaren Aufwertungstendenzen mobilisieren. Einen ausführlichen und lesenswerten Beitrag gibt es auf Indymedia zu lesen: Steigende Mieten und Widerstand. Weiterlesen

Kreuzberg: Aufwertung ohne Fast-Food

Dass Mietsteigerungen und Aufwertungen auch um Kreuzberg keinen Bogen machen, wurde hier im gentrification blog schon an der einen oder anderen Stelle beschrieben: steigende Mietpreise im Reichenberger Kiez, Car Loft und Zwangsversteigerungen bestimmten die Schlagzeilen auf Webseiten und linken Postillen. Ganz anders die Berichterstattung der Mainstreampresse. Die Welt hat den Kiezkampf für sich entdeckt, doch Mieten und Investitionen spielen dabei keine Rolle. Statt dessen geht um Hassattacken gegen US-Fastfood-Ketten. Im dem Medium üblichen Alarmismus wird eine eingeschlagene Scheibe und eine gesprühte Parole am neuen Sandwichladen der Subway-Kette zur Schlagzeile „Extremisten zertrümmern Existenz eines Kleinunternehmers in Kreuzberg“ hochgepusht. Andere sprechen sogar von Terror in Kreuzberg und

hoffen, daß sich die Tendenz zur Aufwertung (Gentrification) dieses Bezirks fortsetzt und der Terror gegen Gastronomen nur das letzte Aufbäumen der linksradikalen Szene darstellt.

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Sonderausschuss MediaSpree

Der Duden bietet für Aus|schuss, der; -es, Ausschüsse gleich mehrere Bedeutungen an: Neben der Fachkommission unter anderem auch das Abfallprodukt. Im Fall des hier beschriebenen Sonderausschusses MediaSpree scheint es sich um beides zugleich zu handeln. Nach einer langen Sommerpause und etwa 11 Wochen nach dem erfolgreichen Bürgerbegehren gegen das Investorenprojekt MediaSpree hat sich nun diese Woche der lange geplante Sonderausschuss der Bezirksverordneten- versammlung Kreuzberg-Friedrichshain konstituiert. Bei der radiokampagne.de Berlin gibt es ein Interview mit Karsten Jost von MediaSpreeVersenken.

Im Sonderaussschuss, der am 8. Oktober mit seiner eigentlichen Arbeit beginnen wird, sollen für die einzelnen Grundstücke des MediaSpree-Geländes Vorschläge zur Umsetzung des Bürgerentscheides diskutiert werden. Ob in einer solchen kleinteiligen Vorgehnsweise, die von vielen befürchteten Verdrängungsprozesse und Auswirkungen auf die anliegenden Wohngebiete angemessen diskutiert werden können, bleibt fraglich. Zumindest eine direkte Umsetzung des Bürgervotums sähe anders aus. Insofern ist der Ausschuss eben nicht nur Fachgremium, sondern auch eine Mischung von Verlegenheitslösung und Abfallprodukt des Bürgerentscheids…

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Kreuzberg: Ende der Nischen

Gerade erst wurde eine Studie über die großflächigen Mietsteigerungen und kleinräumigen Aufwertungstendenzen in Kreuzberg veröffentlicht, nun drängt sich die Realität der Aufwertung ins Rampenlicht. Einer der letzten Nischen des preiswerten Wohnens in Kreuzberg droht die Zwangsversteigerung. Die Bewohner/innen der Reichenberger Straße 114 befürchten die Kündigung ihrer bisherigen Nutzungsverträge und eine Vertreibung aus dem Haus. Die Zwangsversteigerung findet am am 14.10.2008 um 9:00 Uhr im Saal I/144 in der Möckernstraße 130 statt.

Mehr informationen zum Hintergrund des Konfliktes: Weiterlesen