Berlin: Clubkultur und Gentrification

Am Samstag fand im Hebbel am Ufer (HAU 2) die Veranstaltungsreihe LIFE IS LIVE statt. Im ersten Panel diskutierten verschiedene Musiker, Konzert- und Tourneeveranstalter/innen und eine Musikkuratorin über die Auswirkungen der Tonträgerkrise auf die Eventbranche der Musikindustrie. Richtig Geld verdient werden kann – so in etwa der Tenor – eigentlich nur noch mit Life-Events. Die bestehende Vielfalt von Konzertagenturen und Veranstaltern gerät dabei zunehmend unter den Monopolisierungsdruck internationaler Player der Branche wie Life Nation.  Eine höhere Frequenz an Auftritten und die verstärkte Orientierung am Spektakel sind ebenso Folgen dieser Entwicklung wie die Etablierung von Life-Events durch größere Konzerne (wie z.B. der Telekom) die mit solchen Ereignissen ihr Zielgruppen-Portfolio erweitern wollen. Vieles habe sich verändert, aber die neuen Entwicklungen bieten auch neue Chancen – so die Argumentation auf dem Podium. Worin diese neuen Chancen bestehen, habe ich aber nicht verstanden.

Im zweiten Panel ging es dann um die räumlichen Auswirkungen der Clubkultur: unter dem Motto „Das Event,  die Stadt und das Eigentum“ diskutierten hier Gerrit Schultz (Betreiber vom WMF-Club), Tobias Rapp (Kulturjournalist, Spiegel), Ted Gaier (Musiker, Goldene Zitronen) und Björn Böhning (Politiker, SPD). Christoph Gurk (Musikkurator HAU) und Jens Balzer (Kulturjournalist, Berliner Zeitung) moderierten die Debatte und ich durfte die Rolle des Wissenschaftlers spielen…

UPDATE: hier ein kleiner Artikel zur Diskussion in der taz: Die Kleinen und die Bösen:

Dem (der Gentrification) möchte der Stadtsoziologe Andrej Holm durch Strategien der Dislokation begegnen, in dem man boomenden Vierteln bewusst aus dem Weg geht, oder durch De-Attraktivierung von beliebten Orten. So viel wurde bei „Life is live“ klar: Die Stadt der Zukunft muss sich ihre Lebbarkeit aufs Neue erkämpfen, Popmusik wird dabei eine zentrale Rolle spielen.

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Berlin: Pionierdilemma an der Spree

stop_gentrification_berlin_megaspree_2009Die MegaSpree-Demonstration der Clubbetreiber/innen, Strandbars,  Kunst- und Kulturschaffenden und Freiraumbewohner/innen wollte nichts Geringeres als gegen Gegen Privatisierung und Betonierung, für eine kulturell vielfältige, freie und soziale Stadt auf die Straße zu gehen. Unter dem Arbeitstitel MediaSpree soll auf den teilweise brachliegenden Uferflächen der Spree in den Innenstadtbezirken Friedrichshain und Kreuzberg eine neues Geschäfts- und Wohnviertel entstehen, dass sich in erster Linie an Nutzer aus den Bereichen der neuen Medien, Musikindustrie und des Veranstaltungsentertainment richtet. Die überwiegend von privaten Investoren geplante Bebauung hat bereits in der Vergangenheit für Proteste gesorgt. So wurden nach einem Bürgerbegehren 2008 die Bauplanungen zunächst auf Eis gelegt,  um verschiedene Forderungen von Bürgerinitiativen stärker in den Planungen zu berücksichtigen.

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Sonderausschuss MediaSpree

Der Duden bietet für Aus|schuss, der; -es, Ausschüsse gleich mehrere Bedeutungen an: Neben der Fachkommission unter anderem auch das Abfallprodukt. Im Fall des hier beschriebenen Sonderausschusses MediaSpree scheint es sich um beides zugleich zu handeln. Nach einer langen Sommerpause und etwa 11 Wochen nach dem erfolgreichen Bürgerbegehren gegen das Investorenprojekt MediaSpree hat sich nun diese Woche der lange geplante Sonderausschuss der Bezirksverordneten- versammlung Kreuzberg-Friedrichshain konstituiert. Bei der radiokampagne.de Berlin gibt es ein Interview mit Karsten Jost von MediaSpreeVersenken.

Im Sonderaussschuss, der am 8. Oktober mit seiner eigentlichen Arbeit beginnen wird, sollen für die einzelnen Grundstücke des MediaSpree-Geländes Vorschläge zur Umsetzung des Bürgerentscheides diskutiert werden. Ob in einer solchen kleinteiligen Vorgehnsweise, die von vielen befürchteten Verdrängungsprozesse und Auswirkungen auf die anliegenden Wohngebiete angemessen diskutiert werden können, bleibt fraglich. Zumindest eine direkte Umsetzung des Bürgervotums sähe anders aus. Insofern ist der Ausschuss eben nicht nur Fachgremium, sondern auch eine Mischung von Verlegenheitslösung und Abfallprodukt des Bürgerentscheids…

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Aufwertungsängste

Die Welt-Online macht sich Sorgen. Um Berlin. Anlass ist dass Bürgerbegehren gegen die Investorenpläne von Media Spree und die dahinter stehende Furcht vor Gentrification. Unter dem Titel „Das ist die Berliner Angst“ polemisiert der Beitrag gegen die völlig unbegründeten Verdrängungsbefürchtungen. Besonders schlimm: die Intoleranz der Aufwertungsgegner/innen. Selbst kleine Cafes werden nicht verschont:

Es liegt einen Spaziergang entfernt von dem umkämpften Ufer und ist doch ein Ort, wo man alles darüber lernen kann. Denn dort – auf dem Boden neben einer ausgemusterten Espressomaschine – steht ein Eimer mit Fassadenfarbe. Die Besitzerin, eine junge Mutter, die sich Kind und Café mit dem Vater teilt, hat erst vor zwei Wochen wieder streichen müssen: „Yuppie scum“ hatte diesmal jemand auf die Wand geschmiert: „Yuppie-Abschaum“. Wer diese jungen Eltern in Latzhosen für Yuppies hält, der fürchtet sich erst Recht vor Hochhäusern.

Völlig überzogen sei der Vergleich mit Entwicklungen in den Metropolen der USA und wirklich verdrängt wird in Berlin ja auch niemand:

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Media Spree. Treffer! Versenkt?

In den Berliner Medien und auch bundesweit war es in der vergangen Woche d a s Thema der Berliner Stadtpolitik: Media Spree – oder besser, das Bürger/innenbegehren zur Beschränkung der Investorenpläne bei der Entwicklung der Spreeuferzone in Kreuzberg/Friedrichshain. Nicht nur das Stadtmagazin zitty [1 | 2 | 3] berichtete, sondern auch im Tagesspiegel, der Berliner Morgenpost und der Berliner Zeitung waren längere Beiträge zu finden. Sogar die Frankfurter Rundschau hat sich des Themas mit einem ganzseitigem Artikel angenommen. Was das ganze mit Gentrification zu tun haben soll, gibt es hier nachzuhören.

Glückwunsch der Initiative Mediaspree Versenken! und den vielen anderen, die mit ihrer Stimme zum Erfolg der Abstimmung beigetragen haben. Doch wie wird es jetzt weitergehen?

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