Berlin: Die Renditestreber von Moabit

Mieterprotest in der Calvinstraße (Bild: MoabitOnline)

Die Verdrängung der Mieter/innen aus ihren Wohnungen beschränkt sich längst nicht mehr auf die vermeintlichen Trendbezirke – auch in Moabit gewinnt die Aufwertungsspirale an Schwung. In der Melanchton/Calvinstraße hat die Terrial GmbH zum Jahreswechsel weitere Kündigungen ausgesprochen. Mit Luxusneubauten und Wohnungsmodenierungen versuchen die Eigentümer mehr Geld aus ihren Grundstücken Häusern zu schlagen. Die bisherigen Bewohner/innen stören dabei und werden mit verschiedenen Mitteln zum Auszug bewegt: Neben jahrelangem Baulärm und Baubelastungen sind drastische Modernisierungsumlagen (von fast 5 Euro/qm) und Kündigungen wegen angeblichen Mietzahlungsverzugs (wegen vom Eigentümer nicht anerkannter Mietminderungen) die Verdrängungsinstrumente der Wahl.

Vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31.12.2011 haben die Mieter/innen noch einmal die Öffentlichkeit gesucht und kurz vor Weihnachten gemeinsam mit dem Berliner MieterVerein zu einem Pressegespräch geladen. Ausführliche Berichte gibt es bei MoabitOnline („Calvinstraße 21 – die letzten Mohikaner?„), im Neuen Deutschland („Zu Weihnachten die Kündigung„) und bei der Berliner Abendschau („Mieterprotest in Tiergarten„).

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Berlin: Schöner Wohnen in Räumen der Benachteiligung

Eine Woche unterwegs in Österreich habe ich die RBB-Abendschau und ihre Reihe „Schöner Wohnen in Berlin“ verpasst. Täglich wurde ein „Aufsteiger-Kiez“ vorgestellt, der von den Redakteur/innen als kommendes Wohnquartier der jungen Kreativen ausgemacht wurde.

Prenzlauer Berg, Mitte, Kreuzberg und Friedrichshain sind bevorzugte Wohngegenden. Junge Kreative und Intellektuelle wollen hier leben. Aber es gibt kaum noch erschwinglichen Wohnraum und so entstehen dort neue In-Kieze, die bisher nicht als gute Wohnlage galten. In dieser Woche stellen wir Ihnen die „Aufsteiger-Kieze“ vor.

Die für die Reportagen ausgewählten Quartiere lesen sich wie ein Stadtplan von Gentrification-Verdachtsgebieten:

Merkwürdig nur, dass bis auf eine Ausnahme alle hier beworbenen „Aufsteiger-Kieze“ in oder direkt angrenzend an die erst kürzlich ausgerufenen Aktionsräume Plus liegen und als besonders benachteiligt gelten:

Die Ergebnisse des jährlichen „Monitoring Soziale Stadtentwicklung“ haben gezeigt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Gebiete in ihren Lebens- und Arbeitsbedingungen im Vergleich zu anderen Gebieten Berlins benachteiligt sind. Hier gibt es überdurchschnittlich hohe Anteile an Arbeitslosen sowie Empfängerinnen und Empfänger staatlicher Unterstützungsleistungen; die Bildungs- und Gesundheitschancen für Kinder und Jugendliche sind vergleichsweise niedrig.

 

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Berlin: Street Reading Immobilienwerbung

Sollte es noch eines Arguments dafür bedürfen, dass der Wohnungsmarkt in Berlin kein einheitlicher ist, so sei an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Werbebotschaften der Wohnungsunternehmen an verschiedenen Stellen der Stadt verwiesen. In der Ethnologie gibt es seit ein paar Jahren Ansätze einer „Street-Reading“ benannten Methode, um Strukturen und Konflikte in Nachbarschaften zu erfassen und zu deuten. Grundidee ist das systematische Erfassen von allen Zeichen im Raum und deren anschließende Auswertung.  Vielleicht gar keine schlechte Idee – schon eine kleine Auswahl von solchen „Raumzeichen“ (hier Immobilienwerbungen im öffentlichen Raum) provoziert viele Fragen und signalisiert deutlichen Unterschiede zwischen einzelnen Gebieten…

Bei einer kleinen Irrfahrt durch den Stephanskiez (Moabit) ist uns diese hübsche Kundenwerbung aufgefallen. Kernbotschaft: preiswerte Wohngelegenheit.

Immobilienwerbung in Moabit

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Berlin: Immobilienmarktanalyse von unten in Moabit

"Initiative - Wem gehört Moabit?"Kaum ein Innenstadtviertel in Berlin, in dem nicht über drohenden, bereits begonnene oder abgeschlossene Aufwertungsprozesse und Mietsteigerungen diskutiert wird. Oft müssen sich Kritiker/innen der Gentrification den Vorwurf einer ’nur gefühlten Verdrängung‘ gefallen lassen – fehlen doch oft konkrete Zahlen und Fakten für die Immobilienmarktdynamiken in einzelnen Quartieren.

In Moabit-Ost hat sich nun eine „Initiative – Wem gehört Moabit“ gegründet, die über eine Webseite zur Erfassung der Eigentümerstruktur in der Nachbarschaft aufruft.

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Berlin: Weddinger Mieten auf Zehlendorfer Niveau

Die Berliner Morgenpost bestätigt in einem Beitrag der heutigen Ausgabe die Thesen einer allgemeine Mietsteigerungsdynamik in Berlin: Nirgendwo in Berlin steigen die Mieten so stark wie in Mitte.

Als neuer Schwerpunkt der Mietsteigerungen werden die alten Arbeiterquartiere Moabit und Wedding ausgemacht, die in der bisherigen Berichterstattung eher als „Soziale Brennpunkte“ und „Problemkieze“ herhalten mussten. Sichtbare Symptome der Veränderung werden in dem Beitrag zunächst an der sich verändernden Gewerbestruktur und verringerten Leerstandszahlen festgemacht.

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Berlin Moabit: tip schreibt Aufbruch herbei

Jan Poppenhagen (www.jpoppenhagen.de)

Jan Poppenhagen (www.jpoppenhagen.de)

Die Berliner Programmzeitschrift tip titelt ihr aktuelle Ausgabe mit: Moabit – ein Stadtteil zwischen Absturz und Aufbruch. Auf der Titelseite ist ein verfälschtes Motiv des Fotographen Jan Poppenhagen zu sehen. Statt der rauhen Fotorealistik seiner Arbeiten mit Moabiter Jugendlichen ist eine hippe junge Frau zu sehen, die offensichtlich für den herbeigeschriebenen Aufbruch des Bezirks stehen soll. Im Impressum findet sich ein “Dank an Jan Poppenhagen, dessen Bildidee wir freundlicherweise übernehmen durften”. Susanne Torka nimmt auf MoabitOnline auf eine Mail des Fotographen Bezug:

Er stellt klar, dass er das Titelbild nicht fotografiert hat und dem “tip” auch nicht erlaubt hat, seine Idee zu kopieren. Im Gegenteil das “weichgespülte” Foto gefällt ihm überhaupt nicht.

Doch nicht nur das verfälschte Foto löst Diskussionen aus. Auf den Seiten MoabitOnline hat eine muntere Diskussion über das Für und Wider von Gentrification in Moabit begonnen. Weiterlesen