Hamburg: „Recht auf Stadt“ soll Hamburgs Seele retten

In der Süddeutschen Zeitung von heute gibt es einen bemerkenswerten Artikel von Till Briegleb: Kampf um die Stadt. (Süddeutsche Zeitung Nr.258, Montag, den 09. November 2009 , Seite 13)

Aufgegriffen werden die aktuellen Proteste gegen eine unternehmerische Stadtpolitik und das breite öffentliche Echo auf das Manifest gegen einseitige Aufwertungsstrategien in der Stadt: „Not in Our Name“, dass von Künstler/innen und Stadtaktivist/innen kürzlich in Umlauf gebracht wurde. Schon im Untertitel holt Till Briegleb weit aus:

Bei der Besetzung von Künstlerquartieren geht es um die Zukunft der Gesellschaft

 

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Hamburg: Floridarisierung des Protestes

Die harte Haltung des Senats war nicht mehr aufrechtzuerhalten – sowohl Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (Grüne) als auch Kultursenatorin Katrin von Welck (parteilos) gehen auf Tuchfühlung mit den Künstler/innen die seit Ende August einige Gebäude im Gängeviertel besetzt hatten. Die Stadt will offenbar die künftigen Nutzungskonzepte überdenken – bisher plante ein holländischer Investor den Abriss und Neubau großer Teile des Altbauviertels. Soweit, so schön.

Doch wo die harte Hand nicht hinlangt, werden weiche Standortfaktoren ausgepackt. So auch in Hamburg: wenn es schon nicht gelingt die unternehmerischen Strategien der Stadtentwicklung durch direkte Investitionen durchzusetzen, soll doch wenigstens ein Marketinggewinn herausspringen, wenn sich die protestiertenden Künstler/innen schon so weit in die Öffentlichkeit der stadtpolitischen Debatte hinauswagten. Mit prominenter Unterstützung von Richard Florida himself wird jetzt eine Vereinnahmungsstrategie aufgetischt. Wenn schon kein internationaler Investor im Gängeviertel, dann soll Hamburg zumindest internationales Modell für die Förderung der kreativen Klasse werden. Marke Hamburg – egal wie: US-Ökonom Florida will Künstler an öffentlichem Eigentum beteiligen.

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Hamburg: Manifest gegen Gentrification

Lange diskutiert und endlich veröffentlicht: die gemeinsame Positionierung verschiedener Hamburger Stadtteilinitiativen. Der Text ist so gut, dass es sich kaum lohnt, einzelne Teile hervorzuheben. Deshalb hier auf dem Blog die Dokumentation in voller Länge: Not In Our Name, Marke Hamburg!

Als kleiner Bonus hier noch der Hinweis auf eine kleine Broschüre zu verschiedenen Hamburger Aufwertungsschwerpunkten: „Trendy, Teuer, Langweilig“ (pdf)“. Insgesamt 17 verschiedene Initiativen und Aktionsnetzwerke stellen jeweils kurz die Situation in ihren Nachbarschaften dar, zeichnen eine eindrückliches Bild der umkämpften Stadtentwicklungspolitik in Hamburg und fordern ein Recht auf die Stadt ein. Schön ist, dass in Anlehnung an die spektrenübergreifenden Organisierungsversuchen der „Right to the City Campaign“ in us-amerikanischen Städten auch in der Selbstdarstellung des Hamburger Bündnisses von „Neuen Mehrheiten“ die Rede ist. Denn wenn es wirklich um eine Recht auf die Stadt für alle geht, dann wird es darunter auch nicht zu machen sein.

Jetzt aber die versprochene Dokumentation von Not In Our Name, Marke Hamburg!

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Hamburg: IKEA macht Gentrification zum New Urban Mainstream

Ikea-Altona-1024x577Die Aufwertungsorientierung der Hamburger Stadtpolitik kennt offenbar keine Grenzen. Hafencity, IBA-Wilhelmsburg und jetzt auch noch ein riesiges Möbelkaufhaus mitten in Altona.
IKEA plant auf dem Gelände des sogenannten Frappant den Neubau eines IKEA-Marktes (etwa 40.000 qm Bruttogeschossfläche). Allein das Verkehrsaufkommen der täglich zu erwartenden 10.000 Besucher/innen wird für die Nachbarschaft eine enorme Belastung darstellen.

Doch die Gründe für die nun gestartete Kampagne „Kein IKEA in Altona“ gehen über die Befürchtung von Stau und Verkehrsbelastungen hinaus. Im Mittelpunkt der Proteste steht zum einen die anstehende Verdrängung der über 100 Künstler/innen, die in verschiedenen Ateliers des ehemaligen Kaufhausgebäudes eine Basis für ihre Arbeit und Ausstellungen gefunden haben. Zum anderen werden eine allgemeine Aufwertung des Quartiers und insbesondere steigende Gewerbemieten befürchtet.

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Hanau: Hauptsache hochwertige Wohnnutzung

Hanauer Mumie: Umriss des Dialoggebietes zum Stadtumbau

Anfang der Woche sollte so etwas stattfinden wie die Stunde der Wahrheit. Im Vergabeverfahren („Wettbewerblicher Dialog„) um die Auswahl des künftigen Investors für den Umbau der Hanauer Innenstadt stand die Präsentation der Überarbeitungen an den Entwürfen der letzten drei Bewerber auf dem Programm. Die Frankfurter Rundschau berichtete ausführlich mit einer Doppelseite über die nun vorliegenden Entwürfe: Knackpunkt FreiheitsplatzDrei sind noch dabei | Es wird Zeit zu entscheiden

Geplant ist ein umfassender Umbau eines großflächigen Innenstadtareals. Insgesamt geht es um eine Investitionsvolumen von 200 Mio. Euro und  zusätzlich 30 Mio. Euro an öffentliche Mitteln die für den ambitionierten Stadtumbauplan ausgegeben werden sollen. Neben den unvermeidlichen Einkaufszentren und verschiedenen Kultureinrichtungen ist auch ein hochwertiger Wohnungsbau geplant. Die von der Stadt und der kommunalen Baugesellschaft Hanau favorisierte Variante von Abriss und Neubau war auf heftige Kritik bei den Betroffenen gestoßen, die erst aus der Zeitung vom geplanten Abriß ihrer Wohnungen erfahren hatten.

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Hamburg: Gentrificationgegner sollen die Stadt retten

Der Vormarsch des lange gemiedenen und teilweise inkriminierten G-Worts hält an. In der gestrigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung gibt es einen ausführlichen Artikel zu den Aufwertungsprozessen und Protesten im Hamburger Schanzenviertel: „Jenseits der Krawalle„. In der Unterzeile begrüßt Autor Till Briegleb den sich formierenden Widerstand gegen die Aufwertungspläne:

Hamburg will das Schanzenviertel in eine Shoppingmeile verwandeln – endlich formieren sich auch zivile Gegner

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Hamburg St. Pauli: „Ich will so bleiben wie ich bin“

Für diesen Sonnabend ist in Hamburg eine große „NoBNQ Bezirksversammlung“ mit Austellungseröffnung, Stadtrundgängen und Konzerten angekündigt:

St. Pauli nimmt sich das Recht auf Stadt:
Gegen Gentrifizierung, Mieterhöhung & Investorenarchitektur.
Sonnabend, 5. September 2009 | ab 14 Uhr

Hintergrund sind die Proteste von Anwohner/innen und Initiativen, die sich gegen die Bau- und Sanierungspläne der Investoren Köhler & von Bargen wenden, die mit einem umfassenden  Aufwertungsplan die Straßenzügen rund um die Bernhard Nocht Straße in ein neues Quartier verwandeln wollen. Im Hamburger Abendblatt (Anwohner kämpfen gegen Bernhard Nocht Quartier) wird der Konflikt wie folgt beschrieben:

Die Altbauten in der Bernhard-Nocht-Straße und der Erichstraße sollen teilweise saniert und modernisiert, in mindestens einem Fall sogar abgerissen werden. Seit dem Bekanntwerden herrscht Unruhe auf St. Pauli. Die Bewohner fürchten, aus ihren Wohnungen vertrieben zu werden.

Die anfängliche Werbung für das geplante „Berndhard-Nocht-Quartier (BNQ)“ ist – offensichtlich in Reaktion auf die Proteste der letzten Wochen – etwas handzahmer geworden. Das Projekt firmiert nun unter dem Arbeitstitel „Bernhard-Nocht-Terassen“ – Hinweisen auf den Verzicht auf Lusxusmodernisierungen und Abrisse sind auf der Webseite der Projektentwickler jedoch nicht zu finden…

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Aufruf: Die Krise findet Stadt

Das bundesweite Bündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise“ kündigt für den 17. September einen dezentralen Aktionstag an. Bisher sind in 15 Städten Protestaktivitäten geplant. In Berlin wird es neben anderen sozialpolitischen Interventionen auch eine Kundgebung vor der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geben:

Do., 17. September, 13 Uhr
Senatsverwaltung | Fehrbelliner Platz
Stadtpolitische Aktion: “Die Krise findet Stadt – Wir übernehmen den Laden”

Im Aufruf werden unter anderem die Abdankung der Stadtentwicklungssenatorin und ein Rettungspaket für eine soziale und selbstverwaltete Stadtentwicklung gefordert.

Stadtaktivist/innen und Initiativen sind eingeladen, sich mit kurzen Redebeiträgen in die Kundgebung einzubringen. Am 15.09. wird es noch ein letztes Vorbereitungstreffen geben, um die Beiträge abzustimmen (20 Uhr im Bethanien, Mariannenplatz 2)

via Mail von:
AG Stadt/ Bündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise“

Dokumentation des Aufrufs:

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Prag: Unangepasst gegen Verdrängung

Aufruf zur Aktionswoche der Unangepassten in Prag

Aufruf zur "Aktionswoche der Unangepassten" in Prag

In der aktuellen Ausgabe der Straßenzeitung „Novy Prostor“ (Neuer Raum), die in vielen tschechischen Städten von Obdachlosen verkauft wird, geht es unter anderem um Aufwertungstendenzen und Verdrängung: als internationales Beispiel wird Berlin verhandelt. Tomas Havlin hat einen Artikel geschrieben, den ich leider nur in der tschechischen Version gelesen habe (und deshalb nicht genau verstanden habe, was eigentlich drinsteht). Dazu gibt es ein Interview mit mir: „Berlín míří k Paříži“ (dt. Fassung: „Berlin auf dem Weg nach Paris„).  Das ist ein etwas überspitztes Zitat aus dem Interview:

Vor allem in den Ostberliner Innenstadtgebieten entwickeln sich Inseln des Luxuswohnens. Schon jetzt finden Hartz-IV-Haushalten (Hartz IV ist das deutsche Modell von sozialen Transferleistungen) keine Wohnungen mehr. In Westberliner Innenstadtbezirken und auch in den Großsiedlungen am Stadtrand hingegen konzentrieren sich die ökonomisch benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Noch gibt es in Berlin keine Pariser Verhältnisse (reiche Innenstadt/ausgegrenzte Banlieues), aber ohne politische Eingriffe und eine Rückkehr zu einer sozialen Stadtpolitik geht die Entwicklung in genau diese Richtung.

Soweit ich Tomas Havlin richtig verstanden habe, wurde der Schwerpunkt der Ausgabe nicht ohne Grund gewählt, denn auch in Prag gibt es deutliche Aufwertungstendenzen und eine zunehmende Verdrängung von ‚unangepassten Gruppen‘ aus der Innenstadt. Bei Gelegenheit hoffentlich demnächst auch hier im Blog mal einen ausführlichen Bericht zur Situation in Prag.

Für alle, die kurzfristig Zeit finden, lohnt sich vielleicht eine Reise nach Prag. Vom 12. bis 19. Septmember findet dort eine stadtpolitische Aktionswoche unter dem Motto „Všichni jsme nepřizpůsobiví“ statt – übersetzt in etwa: „Wir alle sind unangepasst„. Weiterlesen

Recht auf Stadt – Soziale Kämpfe in der neoliberalen Stadt

Ende vergangenen Jahres fand in Erfurt, von der Rosa-Luxemburg.Stiftung Thüringen organisiert,  eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Die Stadt im Neoliberalismus“ statt. Seit ein paar Wochen gibt es die mitgeschnitten Audiobeiträge auch im Netz zu hören:

Die Beiträge der Veranstaltung sind mittlerweile in der Broschüre erschienen:

Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen e.v. (Hrsg.) 2009: Die Stadt im Neoliberalismus. Erfurt: RLS/Gesellschaftsanalyse (ISBN 978-3-935850-45-2)

Meinen Text gibt es auch hier im Blog zu lesen:

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