Berlin: NIMBY-Proteste in Kreuzberg und Mitte

NIMBY – Not In My Backyard – sind Formen von Protestbewegungen, die in der Regel im Eigeninteresse von Anwohner/innen und/oder Eigentümer/innen allgemeine städtische Nutzungen in ‚ihren‘ Vierteln verhindern wollen. Oftmals werden solche NIMBY-Mobilisierungen von Haus- und Grundstückseigentümer/innen getragen, die im Bau einer Müllverbrennungsanlage, einer psychatrischen Einrichtung oder eines Obdachlosentreffpunkts nicht nur eine Verschlechterung der Lebensqualität sehen, sondern auch einen Wertverlust ihrer Grundstücke befürchten.

Solche Aufstände der Mittelklasse verfolgen im Gegensatz zu den oftmals politischen Forderungen sozialer Bewegungen vorrangig eine „quality of life“-Agenda und werden meist von artikulationsfähigen und ressourcenstarken Mittelschichten getragen.

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Berlin: Pionierdilemma an der Spree

stop_gentrification_berlin_megaspree_2009Die MegaSpree-Demonstration der Clubbetreiber/innen, Strandbars,  Kunst- und Kulturschaffenden und Freiraumbewohner/innen wollte nichts Geringeres als gegen Gegen Privatisierung und Betonierung, für eine kulturell vielfältige, freie und soziale Stadt auf die Straße zu gehen. Unter dem Arbeitstitel MediaSpree soll auf den teilweise brachliegenden Uferflächen der Spree in den Innenstadtbezirken Friedrichshain und Kreuzberg eine neues Geschäfts- und Wohnviertel entstehen, dass sich in erster Linie an Nutzer aus den Bereichen der neuen Medien, Musikindustrie und des Veranstaltungsentertainment richtet. Die überwiegend von privaten Investoren geplante Bebauung hat bereits in der Vergangenheit für Proteste gesorgt. So wurden nach einem Bürgerbegehren 2008 die Bauplanungen zunächst auf Eis gelegt,  um verschiedene Forderungen von Bürgerinitiativen stärker in den Planungen zu berücksichtigen.

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Boston: „Making our neighborhood a better place“

Jetzt neu: Antigentrification Pocket Jammer

Jetzt neu: Antigentrification Pocket Jammer

Einen hübschen Artikeln zu kleinen Alltagsgemeinheiten im Anti-Gentrification-Kampf gibt es auf dem Blog von Con Chapman zu lesen: Boston Artists Fight Gentrification, One SUV at a Time. Das relativ zentral gelegene Bostoner Leather District durchläuft gerade eine Phase der Revitalisierung, die Touristen ebenso wie die besserverdienden Suburbaniten in die Stadt lockt. Insbesondere die dort seit vielen Jahren ansässigen Künstler/innen befürchten ob dieser Attraktivität steigende Mieten und Wohnkosten.

“A bunch of fat suburbanites driving up rents and crowding creative people out of the little cafes and bistros that we’ve supported since, like forever.”

Künstler/innen und andere Bewohner/innen haben sich zu einer Aktionsgruppe zusammengeschlossen um dieser Entwicklung Einhalt zu gewähren und spielen allabendlich “guerilla tour guides”. Hinter dem Konzept verbirgt sich der simple Ansatz, durch falsche Wegbeschreibungen ungebeten Gäste aus dem Gebiet zu bannen. Insbesondere die großkalibrigen Vorstadtwagen (SUV) werden besonders gern zurück in die Vororte geschickt. Einziges Ausstattungsutensil: einen kleiner Störsender (pocket gps jammer), um die Routenplaner der Fahrzeuge kurzzeitig außer Gefecht zu setzen. Und so sieht “guerilla tour guides” in Aktion aus: Weiterlesen

Berlin: Alle gegen Alle?

Die Diskussion um die Berliner Stadtpolitik nimmt immer skurrilere Züge an. Die CDU und der rbb sprechen vom „Roten Terror“ (Video), Volker Ratzmann sieht „Kieztaliban“ am Werk und die jungle world macht es nicht unter den „Roten Khmer“. Aufhänger sind fast immer die Brandanschläge auf Autos, gemeint sind vielfach jedoch die notwendigen Diskussionen um die Miet- und Verdrängungsdynamiken in den Berliner Innenstadtbezirken (siehe Interview mit Aktivist/innen der „wir-bleiben-alle“-Kampagne)

Wurde vor ein paar Wochen noch über steigende Mieten, Verdrängungseffekte und Hartz-IV-freie Zonen geschrieben, hat sich zumindest die öffentliche Debatte deutlich in einen vorgeblichen Sicherheitsdikurs verlagert. Den Artikeln der letzten Woche folgend, bietet Berlin ein Bild zwischen Belfast und Beirut: umkämpfte Räume und unübersichtliche Akteurskulissen: Linke gegen Reiche, Alteingesessene gegen Jungfamilien, Ossis gegen Schwabe und die FDP gegen Hartz IV. Wenn das so weitergeht, wird Ulfkotte bald seinen nächsten Bestseller schreiben müssen…

Nun hat der Tagesspiegel auch noch einen Brand auf der Baustelle der Baugruppe „Börse“ in Prenzlauer Berg in den Kontext von Stadtteilprotesten gestellt („Wachschutz für Ökohaus“) und die Debatte um die Baugruppen neu entfacht. Die taz hat darin auch gleich einen neuen Konflikt entdeckt: Linke gegen Linke und schreibt über „Die verdrängte Debatte„:

Ruhender Pol und Stimme der Vernunft in all dem Chaos: die Diakonie! Die hält sich nicht mit Scheinkonflikten auf sondern fordert sinnvollerweise für Berlin flexible und ortsteilspezifische Richtwerte für Hartz-IV-Wohnungen: „Ich will so wohnen, wie ich will“

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Detroit: Anti-Gentrification zum Hören

Das Aufbegehren gegen Gentrification ist hip, dass zeigen die vielen Initiativen der vergangen Monate in vielen Städte. Dass Anti-Gentrification auch Hip Hop sein kann, zeigt die großartige Invincible aus Detroit. In einer Art Musik-Dokumentation nimmt sie Stellung zu den Stadtteilkämpfen gegen Aufwertung und Verdrängung in Detroit.

Auf current music, wo auch eine Langfassung des Videos „Invincible feat. Finale- „Locusts“ (docu-music-video)“ zu finden ist, gibt es folgende Kurzbeschreibung:

Detroit based Hip-Hop artists Invincible and Finale rhyme about the impacts of gentrification on the Motor City. This piece includes interviews with community activists discussing displacement and predatory planning versus sustainable development in the D.

Das ganz klingt nicht nur sehr vernünftig, sondern hört sich auch noch gut an. Für alle die ohne Umwege reinhören wollen, hier die kurze Version:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=4ixL3-AdOsU]

via Generation Tapedeck (Danke Jenz!)

Berlin: „Polizei kann das Problem der Gentrifizierung nicht alleine lösen“

Im Tagesspiegel erschien heute eine bemerkenswertes Interview mit dem Politikwissenschaftler Hans-Gerd Jaschke von der Hochschule für Wirtschaft und Recht, an der auch Polizeibeamte ausgebildet werden: „Die Anschläge werden noch Monate weitergehen“. Weniger überraschend dabei die Verurteilung der zahlreichen Brandanschläge auf Autos in Berlin, als vielmehr der Versuch, nach den Ursachen zu fragen. Weiterlesen

Warschau: Proteste gegen die „Hauptstadt der Obdachlosigkeit“

Warschau: Europäische Hauptstadt der Obdachlosigkeit

"Warschau: Europäische Hauptstadt der Obdachlosigkeit"

Am 24. Juni demonstrierten mehrere Warschauer Mieterorganisationen gegen die städtischen Wohnungspolitik. Die Demonstration richtete sich gegen die jüngsten Mietsteigerungen um 200-300 Prozent und erzwang eine Debatte zur neuen Wohnungspolitik im Stadtparlament, auf der auch zwei Vertreter der Mieterorganisationen sprechen konnten.

Während sich der Umfang der preiswerten öffentlichen Wohnungen in der polnischen Hauptstadt durch die fortgesetzte Reprivatisierung immer weitere verringert und viele der Häuser einen katastrophalen baulichen Zustand aufweisen, wächst der Bedarf nach öffentlichen Wohnungen. Die Stadtpolitik jedoch setzt auf eine Wohnungsversorgung über den Markt und übersieht dabei, dass die Warschauer Mieten und Wohnungspreise höher sind als in vielen anderen europäischen Ländern. Die große Mehrheit der Bevölkerung – so die Kritik der Mieterorganisationen – verfüge weder über die Kreditwürdigkeit für einen Wohnungserwerb noch über genügend Geld für die Mietpreise, die von den lokalen Hausbesitzern verlangt werden.

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Berlin: Photo-Shooting in Tempelhof

Die Berliner Polizei hat mit Unterstützung von Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern gestern die öffentlich angekündigte Besetzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof verhindert. Die gezogenen Dienstwaffen eines Zivilbeamten und die Festnahme von als Clowns verkleideten Demonstrant/innen stellen den Polizeieinsatz in kein günstiges Licht. Aber vielleicht war alles auch nur eine Inszenierung um das nächste World-Press-Foto wirklich nach Berlin zu holen:

Dienswaffeneinsatz gegen Flughafenbestzung, Berlin 2009

Dienstwaffeneinsatz gegen Flughafenbesetzung, Berlin 2009

Wordpress Photo 2008, Hausräumung in Cleavland, USA

Bewaffnete Hausräumung in Cleavland, USA (Worldpress Photo 2008)

Hamburg: Recht auf Stadt!

Parallel zu den Wir-Bleiben-Alle-Aktionstagen in Berlin gibt es vom 19.-21. Juni auch in Hamburg drei Aktionstage zum Thema Gentrifizierung:  Recht auf Stadt! 19.-21. Juni ‘09. Stattfinden wird das ganze im Centro Sociale, Sternstr, 2 in 20357 Hamburg (Auftakt: Schule Ludwigstraße).

Das Programm verspricht vielfältige und hoffentlich spannende Debatten. Für alle, die noch nicht so genau wissen, was sie von einem „Recht auf Stadt“ halten sollen, gibt es auch ein hübsches  Recht-auf-Stadt-Mobilisierungs-Jingle.

Berlin: Ausnahmezustand statt Aufwertung?

Ab morgen (06.06.09) ist es soweit und die „Wir bleiben alle! Aktionswochen gegen Gentrification“ starten. Die taz schreibt zwar einen „Ausnahmezustand“ herbei, nicht jedoch ohne ausführlich über die geplanten Aktivitäten zu berichten und auch die Aktivist/innen selbst zu Wort kommen zu lassen:

„Die action weeks waren erfolgreich, wenn sich die Menschen in Berlin bewusst werden, was in ihrer direkten Umgebung passiert“, erklärt Frank das Ziel der Veranstaltungen. Er wünscht sich, dass es im Anschluss eine breite Debatte über Gentrifizierung gibt – nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Politik.

Begleitend zu den Aktrionen gibt es in den nächsten Wochen auch etliche Veranstaltungen. Eine kleine Auswahl: