Berlin: Umwandlungsverdrängung in Kreuzberg

Die Willibald-Alexis-Straße 34 am Chamissoplatz ist ein Paradebeispiel für die aktuellen Entwicklungen in Kreuzberg: für eine von den neuen Eigentümern geplante Umwandlung in Eigentumswohnungen sollen die die Mieter/innen des Hauses aus ihren Wohnungen verdrängt werden. Mit Kündigungsschreiben, Abfindungsangeboten und beginnenden Bauarbeiten agieren Eigentümer und Hausverwaltung auf verschiedenen Ebenen, um Druck auf die Bewohner/innen auszuüben. Soweit, so schlecht, so üblich.

Ungewöhnlich am Beispiel der Willibald-Alexis-Straße ist jedoch der Umstand, dass sich die Bewohner/innen nicht einfach verdrängen lassen wollen. Mit regelmäßigen Treffen, öffentlichen Veranstaltungen, einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister und einer eigenen Webseite versuchen sie sich der drohenden Verdrängung zu erwehren und fordern öffentliche Unterstützung für ihren Plan ein, das Haus selbst zu übernehmen und zu bewirtschaften.

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Berlin: Verdrängung durch Luxuswohnprojekt in Schöneberg

Verdrängung und Aufwertung haben sich zu zentralen Themen der stadtpolitischen Diskussionen in Berlin gemausert. Punk-Ikone Jello Biafra bewies auf seinem Konzert im vergangenen September, dass  diese Debatten nicht nur als piefiger Lokalkolorit zu verstehen sind, sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus wahrgenommen werden. Sein Eingangsstatement beim Konzert im SO36:  „Das erste Wort, das mir in den Sinn kommt, wenn ich an Berlin denke, ist Gentrifizierung.“ Natürlich ist das völlig übertreiben, dachte vielen – zumal sich die Diskussionen bisher auf eine Handvoll Innenstadtbezirke beschränkte. Neben den Ostberliner Sanierungsgebieten wurden lange Zeit allenfalls noch einige Kreuzberger Nachbarschaften und der Norden von Neukölln benannt, wenn es um Verdrängungsprognosen ging.

Doch die Gentrificationdynamiken in Berlin bleiben nicht auf den Kollwitzplatz, Marthashof und MediaSpree beschränkt. In den vergangenen Monaten sind weitere Aufwertungsgebiete ins Licht der Öffentlichkeit geraten: so werden aus Alt-Treptow und Tempelhof deutliche Aufwertungsanzeichen berichtet. Die Berliner Zeitung hat nun auch Schöneberg auf die Landkarte der Gentrification gesetzt: „Penthouse im Kiez„.  In der Barbarossstraße 59/60 soll ein 60er-Jahre-Bau abgerissen werden:

Der Baukonzern Hochtief will dort Nobelwohnungen errichten, Tiefgarage inklusive. Etliche Mieter sind schon weggezogen. Hanna Wiesniewski gehört zu den etwa 40 Bewohnern, die noch nicht gegangen sind. Die Endzwanzigerin will kämpfen: „Warum sollen wir uns vertreiben lassen?“ Mit anderen Bewohnern hat sie Flugblätter verteilt, Unterschriftenlisten liegen in Geschäften aus. Bei StudiVZ hat das Haus inzwischen rund 1 500 Freunde, bei Twitter gibt es 161 Followers.

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Madrid: Geld und Polizei für die Aufwertung

Für alle, die bisher glaubten, die Frage nach dem „Wer macht eigentlich die Aufwertung?“ sei ein verschwörungstheoretisches Ablenkmanöver von den ‚eigentlichen‘ Ursachen, den belehrt ein Beispiel in Madrid eines Besseren. Ein Radiobeitrag berichtete kürzlich über eine bisher in Europa beispielslose Aufwertungsallianz von privaten Geschäftsleuten und der Stadtverwaltung.
Julia Macher beschreibt in ihrem Beitrag „Boutiquen statt Bordells“ den Aufwertungsprozess im Barrio Maravillas, einem von Sexarbeierinnen geprägten Viertel in Madrid. In Anlehnung an den New Yorker Modedistrikt TriBeCa oder Londons SoHo haben der Sanierungsunternehmer Eduardo Moreno und ein paar befreundete Geschäftsleute einen Großteil der Gewerberäume aufgekauft um das Viertel künftig unter dem Namen TriBall (Dreieck um die Straße Ballesta) als hippes Modequartier zu vermarkten. Die Prostituierten und die von ihnen genutzten Bordelle stehen dieser Aufwertungsstrategie entgegen und wurden mehrheitlich verdrängt: innerhalb weniger Jahre veringerte sich die Zahl der Bordelle und Sex-Shops: „Zwei Sexshops und einen Nachtklub gibt es noch, vor einem Jahr waren es mehr als ein Dutzend.“ Im Radiofeature beschreibt Eduardo Moreno das Vorgehen bei der Besetzung des Viertels als „drei Schritte zu Erfolg„: Weiterlesen