Kreuzberg: Ende der Nischen

Gerade erst wurde eine Studie über die großflächigen Mietsteigerungen und kleinräumigen Aufwertungstendenzen in Kreuzberg veröffentlicht, nun drängt sich die Realität der Aufwertung ins Rampenlicht. Einer der letzten Nischen des preiswerten Wohnens in Kreuzberg droht die Zwangsversteigerung. Die Bewohner/innen der Reichenberger Straße 114 befürchten die Kündigung ihrer bisherigen Nutzungsverträge und eine Vertreibung aus dem Haus. Die Zwangsversteigerung findet am am 14.10.2008 um 9:00 Uhr im Saal I/144 in der Möckernstraße 130 statt.

Mehr informationen zum Hintergrund des Konfliktes: Weiterlesen

Wien: Verdrängungen am Rande

In Wien bleibt trotz kultureller Aufwertung die für Gentrificationprozesse typische Verdrängung aus. So jedenfalls verschiedenen Einschätzungen aus der Hauptstadt Österreichs. Im Stadtmagazin Falter wurden insbesondere der Soziale Wohnbau als Begründung angeführt (siehe Eintrag hier im gentrificationblog).

Stadtplaner und Verkehrsexperten hingegen glauben den Grund für die ausbleibenden Aufwertungen der Innenstadt in der anhaltenden Suburbanisierung gefunden zu haben. Schon vor etwa einem Jahr stellte Die Presse die Frage: „Weg mit dem Speck, zurück in die Stadt?“ Leicht rückläufige Wanderungsverluste an das Umland seien keine Trendumkehrung, so der Tenor des Artikels:

Es gibt allerdings auch Experten, die den Trend zur Re-Urbanisierung nicht erkennen wollen. Einer von ihnen ist der Raumplaner Heinz Fassmann, der die vermeintliche Trendumkehr in Frage stellt. „Es stimmt, dass im Westen und Süden der Stadt der Höhepunkt erreicht ist, allerdings wird sich die Suburbanisierung in den nächsten Jahren umso mehr auf den Norden und Osten konzentrieren.“ Und die jüngsten Enwicklungen in der Statistik? „Dabei handelt es sich möglicherweise um eine statistische Delle.“ Fassmanns Fazit: Abschwächung der Suburbanisierung – ja, Trendumkehr – nein.

Was dies mit den Gentrification in der Wiener Innenstadt zu tun haben soll, ist in einer aktuellen Ausgabe der Presse nachzulesen: Harmlose Bobos, amerikanische Speckgürtel.

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Erfolgsstory Kollwitzplatz?

Die kürzlich auch hier vorgestellte Sozialstudie 2008 für das Sanierungsgebiet Kollwitzplatz beschäftigt nun auch die lokalen Printmedien. Stefan Strauss stellt die Studie und die stadtpolitischen Reaktionen im Bezirk in der Berliner Zeitung vor und macht uns allen nochmal klar, dass die Sanierung mit öffentlichen Geldern finanziert wurde: 131 Millionen Euro für einen Kiez ohne Spießer. „Weitgehend als Erfolg“ bewertet Jochen Korfmacher vom Kreuzberger Büro für Stadtplanung, -forschung und -erneuerung (PFE) die Veränderungen der vergangenen 15 Jahre. Das sehen nicht alle so…

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Kollwitzplatz: Luxuskiez statt Arbeiterviertel

Die Beiträge zum Luxuswohnen in Berlin überschlagen sich förmlich. Nach den Beiträgen in der Berliner Zeitung (hier im Blog) und in dem Berliner Tagesspiegel (siehe hier) wagt sich nun auch die überregional erscheinende FAZ ans Thema: Berlin: Luxus für den Kiez. Dem dort zitierte Immobilienentwickler Maik Uwe Hinkel jedoch gefällt das Gerede von Luxuswohnungen gar nicht:

Als Kaufpreis für die 165 Quadratmeter großen 4-Zimmer-Wohnungen verlangt sein Unternehmen 450.000 bis 490.000 Euro. „Es ärgert mich, wenn da von Luxuswohnen die Rede ist“, sagt Hinkel und spielt auch auf die Vorbehalte an, die Neubauvorhaben wie diesem aus der Nachbarschaft entgegenschlagen. „Luxus fängt bei mir bei 10.000 Euro an.“ (Gemeint sind Kaufpreise pro Quadratmeter)

Doch unabhängig von den verschiedenen Kategorien des Luxuswohnens, die neuen Wohnungsangebote in Prenzlauer Berg richten sich an Besserverdienende. Und das nicht nur im Neubausegment. Wie sich diese Entwicklung auswirkt, zeigt eine kürzlich fertig gestellte Sozialstudie für das Sanierungsgebiet Kollwitzplatz (PFE 2008). Dort findet sich unter anderem der Hinweis, dass es nur noch 4 Prozent Arbeiter am Kollwitzplatz gibt. Diese und andere interessante Zahlen über die Veränderung der Sozialstruktur in den vergangenen 15 Jahren gibt es dort zu lesen:

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New Orleans: Vertreibung nach der Flut

Drei Jahre nach der verheerenden Flutwelle in Folge des Hurrikans Katrina wird nun die soziale Katastrophe des Wiederaufbaus bekannt. Die Sozialwissenschaftler Christian Jakob und Friedrich Schorb publizierten in diesem Monat ihre Studie zu den Entwicklungen in New Orleans „Soziale Säuberung. Wie New Orleans nach der Flut seine Unterschicht vertrieb“ Das Buch erschien beim Unrast Verlag in Münster und kostet 13,80 €.

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Notting Hill: mehr als eine Filmkulisse

Notting Hill, bekannt geworden unter anderem durch den gleichnamigen Film mit Hugh Grant und Julia Roberts, ist eines der klassischen Beispiele für Gentrificationprozesse. Ein Artikel im Tagesspiegel erklärt, warum der Film dem Viertel den Rest gab: „Heute wird kaum noch über schöne Literatur geredet, nur noch über Immobilienpreise“:

An zwei der drei Ecken gegenüber der Kirche liegen Maklerbüros, da wird ein Zweizimmer-Souterrain-Apartment für 399 000 Pfund (483 000 Euro) angeboten, eine Vierzimmerwohnung mit Dachterrasse kostet 2,25 Millionen Pfund (2 839 224 Euro). An der dritten Ecke ist ein Schuhladen, in dem war Madonna auch schon shoppen. Westbourne Grove ist eine der angesagtesten Straßen der Stadt – selbst Oxfam, der wohltätige Second Hand-Laden, sieht hier aus wie eine Luxusboutique.

Die Entwicklung Notting Hills in den vergangenen Jahrzehnten klingt wie ein Lehrstück in Sachen Gentrification:

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Wien: soziale Wohnungspolitik verhindert Verdrängung

Das Wiener Stadtmagazin Falter lüftet in der aktuellen Ausgabe ein Geheimnis: Überall führt die Aufwertung von Stadtvierteln zur Verdrängung der Armen. Außer in Wien. Was macht man hier anders? In dem Beitrag von Joseph Gepp und Matthias Writze werden zunächst Aufwertungsprozesse in verschiedenen Wiener Nachbarschaften beschrieben: Neue schicke Lokale rund um den Karme­litermarkt, steigende Mieten im Stuwerviertel – aber Gentrification sei dass alles keinesfalls.

Gemein ist allen Vierteln (…) ihre Wertsteigerung und die Tatsache, dass die alteingesessene Bevölkerung trotzdem nicht verdrängt wurde.

Auch in Wien führe die Aufwertung zu höheren Mieten, und erschwere den Zuzug von ärmeren Schichten und Migranten. Eine Verdrängung jener, die bereits da sind, fände bisher nicht statt.

„Die Mentalität in Wien ist anders als beispielsweise in Amerika, man will langfristig in einer Wohnung bleiben. Die Mietpreisdynamik ist ganz anders als in New York“, sagt TU-Dozent Ru­dolf Giffinger. „In Wien gibt es Gentri­fizierung im eigentlichen Sinne nicht.“

Die verdrängungsfreie Aufwertung ist jedoch weniger auf eine geheimnisvolle Mentalität zurückzuführen, sondern auf eine sozial ausgerichtete Wohnungspolitik.

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Peking: Olympische Verdrängung

Pünktlich zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking veröffentlichte das Centre on Housing Rights and Evictions (COHRE) eine Studie über die städtebaulichen Effekte der Olympiaplanung. In dem Bericht One World, Whose Dream? Housing Rights Violations and the Beijing Olympic Games wird die Gesamtzahl der verdrängten Bewohner/innen mit 1,5 Millionen angegeben.

Doch diese Form der olympischen Verdrängung ist kein chinesisches Patent: Charlie Smith verweist in seinem Artikel im Stadtmagazin The Straight aus Vancouver auf die Arbeit von Helen Jefferson Lenskyj: Summer Olympics displace the poor in host cities. Die kanadische Soziologieprofessorin geht von etwa 2 Millionen Bewohner/innen aus, die seit 1980 in den Gastgeberstädten der Sommerolympiaden im Zusammenhang mit den Olympiaplanungen verdrängt wurden.

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Proteste gegen Gentrification in Oakland

Gentrifcation wird inzwischen als globales Phänomen betrachtet, und auch in den USA erfasst der Prozess zunehmend auch kleinere Städte und beschränkt sich nicht mehr nur auf die großen Metropolen wie New York, San Francisco und LA. Im kalifornischen Oakland (knapp 500.000 Einwohner/innen) organisieren Mieter/innen einer bisher preiswerten Wohnanlage den Protest gegen ihre Räumung.

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Verdrängung der Verdrängung…

… von der stadtpolitischen Agenda.

Es gilt als relativ unumstritten, dass letzten Endes stiegende Mietpreise den Kern der befürchteten Gentrifcationprozesse ausmachen und Mietpreisdämpfungen als Maß für die Sozialverträglichkeit von Stadterneuerungsmaßnahmen gelten können. Dabei ist die Rechnung relativ simple: gelingt es im Zuge von Erneuerungsarbeiten die Mietpreise zu kappen, können viele der bisherigen Bewohner/innen weiterhin in der Nachbarschaft bleiben – gelingt dies nicht, gelten die ökonomischen Gesetze des Wohnungsmarktes. Umso bedauerlicher, dass die aktuellen stadtpolitischen Diskussionen sich nur selten um die Frage der Mietregulierung drehen. Auch wenn die junge welt titelt: „Berlin braucht Mietobergrenzen„, die tatsächlichen Auseinandersetzungen beziehen sich überwiegend um Gestaltungsfragen des öffentlichen Raumes. Ein gutes Beispiel für diese Verschiebung der Beteiligungsthemen in Prenzlauer Berg bietet der bezirkliche Streit um die Neugestaltung der Gehwege in der Oderberger Straße.

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