Debatte: Recht auf die Stadt

In gut einer Woche wird in Hamburg der Recht-auf-Stadt-Kongress (2. bis 6. Juni) stattfinden. Über 40 Veranstaltungen Workshops und Aktionen sind angekündigt und stadtpolitisch Bewegte werden die Qual der Wahl haben.  Das Programm bietet einen bunten Strauß an Infoveranstaltungen, Erfahrungsaustausch, Experimentiermöglichkeiten und Kulturprogrammen. Gäste werden nicht nur aus vielen deutschen Städten, sondern u.a. auch aus Südafrika, Ägypten, Venezuela, Frankreich und den USA erwartert.

Die inhaltliche Debatte zum Recht auf die Stadt hat unterdessen schon begonnen.  Die aktuelle Ausgabe des ak (Analyse&Kritik) hat das Thema zum Schwerpunkt erhoben und gleich drei längere Beiträge ins Blatt genommen:

  • Wenn das politische Bandmaß versagt. Das Hamburger Netzwerk Recht auf Stadt bereitet (sich auf) einen Kongress vor
  • Ein Anspruch an die Bewegungen selbst. Zur Theorie und Praxis der internationalen Kämpfe um das Recht auf Stadt
  • Trennlinien der Städte. Wie geschlechtliche und andere soziale Zuschreibungen sich im Räumlichen der Stadt wiederfinden (leider nicht im Onlineangebot des ak)

Der Beitrag von Dirk Gebhardt und mir ist eine gekürzte und leicht veränderte Fassung unseres Einleitungsbeitrages im Sammelband  „Initiativen für ein Recht auf Stadt: Theorie und Praxis städtischer Aneignungen“ (Hamburg: VSA), der pünktlich zum Kongress aus der Druckerei erwartet wird.

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Interview: Gentrification und Protest

Am Rande meiner Veranstaltung in Wien „So haben wir das nicht gemeint – Gentrification, Protest und Subkultur“  hat das Video-Kollektiv von kanalb.at ein Interview geführt. Alle, die das Vorveranstaltungsgemurmel im Hintergrund nicht stört, können sich hier in knapp 17 Minuten einen guten Überblick der aktuellen Debatten um Proteste gegen Verdrängung und Gentrification  verschaffen.

Video bei kanalb.at ansehen

 

München: Tamara und der Anti-Gentrification-Wecker

Ja, die Gentrification ist als Schlagwort der aktuellen Veränderungsprozesse in den Städten in aller Munde. Von der kleine Stadtteilzeitung „Unser Viertel“ im Münchener Stadtteil Giesing gibt es gerade die fünfte Ausgabe (pdf) mit Berichten zu Hotelneubauten und steigenden Mieten.

Doch die Kritik an den sozialen Kosten der Aufwertung findet mittlerweile auch  prominente Unterstützung und damit hoffentlich auch noch mal neuen Schwung.

Konstantin Wecker – bekannt für sein politisches Engagement – wurde für die Stadtteilzeitung interviewt und durfte davon erzählen wie die Boheme der 1970er Jaher in das proletarische Giesing gezogen ist ohne sich von den dortigen Bewohner/innen abzukapseln.

Ich hatte mir in den Kopf gesetzt eine Künstlerkneipe aufzumachen und da kam ich auf Giesing. Das Viertel schien mir ideal um den Menschen näher zu sein, was mich auch sehr inspiriert hat. Das Kaffee  Giesing war dann ein großer Glücksgriff.  Anfangs haben wir überlegt ob die Einwohner, vor allem die 60’ger Fans uns im Viertel akzeptieren, später hatten wir aber ein freundschaftliches Verhältnis mit ihnen. Meist kamen sie nach den Spielen zu uns und haben den Tag dort ausklingen lassen.

Die Vorstellung einer Gentrification findet Konstantin Wecker eher unattraktiv, weil er die Folgen der Auswertung bereits anderenorts erfahren musste:

Wenn ich heute durch Lehel spaziere dann gleicht das Viertel in keiner Weise dem wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Es wäre schrecklich wenn dasselbe mit Giesing passiert!

Ich wurde für die aktuelle Ausgabe für einen Grundsatztext zur Ermutigung in Sachen Anti-Gentrification angefragt und habe wunschgemäß geschrieben, dass es immer auch Alternativen zu Aufwertung und Verdrängung gibt. TAMARA (There Are Many And Realistic Alternatives) statt TINA (There Is No Alternative) also: sie müssen nur noch durchgesetzt werden.

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Alles Bio – oder was? Ökologie der Aufwertung

Gentrification wird regelmäßig mit der Durchsetzung von gesundheitsbewussten Lebensstilen in den Städten verbunden. Der „Bionade Biedermeier von Prenzlauer Berg“ hat es sogar bis in die Schlagzeilen der großen Zeitungen geschafft.  Für einen Beitrag in der Zeitschrift politische ökologie habe ich das Verhältnis der städtischen Aufwertungsprozesse und des ökologischen Umbaus unter die Lupe genommen.

Erschienen ist der Artikel in der Schwerpunktausgabe „Post Oil City“ der Zeitschrift politischen ökonomie: Ein ökosoziales Paradoxon – Stadtumbau und Gentrification. In: politische ökologie 124 – Post Oil City, 45-52 (pdf)

Mit der freundlichen Genehmigung der Herausgeber/innen gibt es den Beitrag auch hier zu lesen:

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Berlin: Wie konservativ ist der Protest gegen die Räumung der Liebig 14

Tip: Stadtpolitik zwischen Hundeartikel und Drogen-Reportage (tip 5/2011)

Berlins 14tägig erscheinenden Veranstaltungsblätter zitty und tip haben ein Gutes: ihren Erscheinungsrhythmus. ZehnTage nach der Räumung kräht eigentlich kein Hahn mehr nach der Liebigstraße – aber die tip hat zwischen einem Schwerpunkt über Hunde in der Stadt und einer Drogen-Reportage  noch mal das Thema der Liebigstraßen-Räumung aufgegriffen: Der Stadtsoziologe Andrej Holm über „Liebig 14“.
Die  Fragen bewegten sich so ziemlich im Mainstream der Debatte der letzten Woche:  Statt einer  wohnungs- und stadtpolitischer Einordnung ging es auch hier eher um die Legitimation der Räumung:  War die Liebig 14 überhaupt ein echtes Stück Subkultur oder haben die da nur gewohnt? Waren sich die Bewohner/innen zu fein nach Weißensee zu ziehen? Lassen sich mit eingeschlagenen Schaufensterscheiben Unterstützer/innen gewinnen.

Unter den Fragen auch ein echter Klassiker der Gentrification-Debatte:

tip: Wieviel Kiezkonservatismus steckt in der Gentrifizierungsdebatte? Frei nach dem Motto: Alles soll so bleiben, wie es war.

Aber natürlich will ich mich gar nicht über die Fragen beschweren, immerhin hatte ich die Gelegenheit, am Ende des Gespräches das Gespenst eines stadtpolitischen Protestes an die Wand zu malen.

Das ganze Interview gibt es gleich hier:

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VielfachKrise und die Neuordnung des Städtischen

Frisch beim VSA-Verlag herausgekommen ist ein lesenswerter Sammelband von Alex Demirovic, Julia Dück, Florian Becker und Pauline Bader: VielfachKrise im finanzmarktdominierten Kapitalismus. Das Buchpropjekt entstand in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Beirat von attac. Im Ankündigungstext heißt es:

Was ist eigentlich unter Krise(n) zu verstehen, wie hängen sie zusammen, und wie könnte eine Politik gegen die Krisen und über sie hinaus gehen?  Die bürgerliche Öffentlichkeit neigt dazu, den Krisenzusammenhang zu verharmlosen. Doch den Kapitalismus gibt es nicht ohne Krisen. Diese mal schwächeren, mal stärkeren Krisenerscheinungen sind auch nicht auf die ökonomische Dimension zu beschränken. (…)

Nicht zuletzt stellt sich die Strategiefrage: Soll man über Krisen froh sein, weil sie Anlässe zur Veränderung sind? Soll man Krisen bekämpfen? Wenn ja, kann man sie so bekämpfen, dass die Überwindung der Verhältnisse gelingt, unter denen solche Krisen zustande kommen?

Fragen der Stadtentwicklung durften in diesem Zusammenhang nicht fehlen und neben eher übergreifenden Überlegungen zu den jüngsten Krisendynamiken, Weltwirtschaftsanalysen, veränderten Geschlechterbeziehungen und Arbeitsbedingungen wurden in den Sammelband auch zwei explizit stadtbezogene Artikel aufgenommen:

  • Heeg, Susanne: Finanzkrise und städtische Immobiliennmärkte. Die räumlichen Auswirkungen in und zwischen Städten (S. 181-198)
  • Holm, Andrej: Neuordnungen des Städtischen. Ungleiche Entwicklung des Raumes als Ausdruck und Folge von Krisendynamiken (S. 199-210)

Multitudes: „Neoliberale Urbanisierung und das Recht auf die Stadt“

Ende des vergangenen Jahres erschien das stadtbezogene Themenheft „Devenir Métropole“ der französischen Zeitschrift multitudes (revue politique, artistique et philosophique). Mein Beitrag „Neoliberale Urbanisierung und das Recht auf die Stadt“ wurde für die aktuelle Ausgabe (no. 43) übersetzt: Urbanisme néolibéral ou droit à la ville„.

Für alle, die französische Texte lesen können, sind noch eine Reihe anderer interessanter Beiträge im Schwerpunkt versammelt:

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Berlin: Solidarität mit der Liebig14

Die geplante Räumung der Liebigstraße 14 beschäftigt nicht nur die Lokalpresse seit Tagen, sondern hat ein breites Echo der Kritik und Unterstützung hervorgerufen. Hier eine kleine und unvollständige Übersicht zu den vielfältigen Stellungnahmen, die weit über einen linksradikalen Unterstützerkreis hinausgehen:

 

Aktionsticker: Liebig14 verteidigen

Liveticker (taz): Räumung der Liebig14

twitter: #Liebig14

 

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Berlin: Was hat der Milchschaum mit der Verdrängung zu tun?

Latte Macchiato und Stadtentwicklung: Auf die richtige Mischung kommt es an!

Prenzlauer Berg gilt mittlerweile als Paradebeispiel für die Gentrification von Stadtvierteln. In zwanzig Jahren Stadterneuerung wurden nicht nur die Häuser umfassend modernisiert, sondern auch die Bewohnerschaft umgekrempelt und der Gewerbestruktur ein völlig neues Gesicht verpasst. Doch ein Stadtviertel lässt sich nicht nur über Baukörper und Bevölkerungsstatistiken beschreiben, sondern auch über Stimmungen, Images und die Alltagspraktiken der Menschen, die es sich tagtäglich aneignen und neu erschaffen. Die amerikanische Soziologin Sharon Zukin beschreibt in ihrem aktuellen Buch „Naked City. The Death and Life of Authentic Urban Places“ diese kulturellen Dimensionen des Städtischen als Authentizität des Ortes und beklagt die Veränderungen in vielen gentrifizierten und runderneuerten Stadtteilen als den Verlust der Seele der Stadt. Vielleicht eine Anregung, sich auch in Prenzlauer Berg auf die Suche nach der Seele des Stadtbezirks zu begeben.

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