Kollwitzplatz: Aufwertung oder Gentrification?

Unter den Fragestellung „Kollwitzplatz: Aufwertung oder Gentrification?“ fand am Monatg (27.04.09) eine weitere Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung zur Aufhebung der Sanierungssatzung im ehemaligen Sanierungsgebiet Kollwitzplatz in Berlin Prenzlauer Berg statt.

Auf der Basis der abschließenden Sozialstudie von PFE (siehe hier im gentrificationblog) diskutierten verschiedene Expert/innen und Sanierungsbeteiligte über die Einschätzung des Wandels in den vergangenen 15 Jahren. Erwartungsgemäß waren die Positionen sehr unterschiedlich und reichten von der Einschätzung einer „sozialen Stabilisierung“ (Hannemann/ S.T.E.R.N.) und eines „moderaten Wandels“ (Prof. Häußermann) über das obligatorischen „halbvolle Glas“ (Winters/S.T.E.R.N.) und bishin zum Gentrificationbefund (ich selbst).

Das Zitat des Abends landete Wolf Schulgen (Abteilungsleiter bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung): Die ganze Sanierung sei ein voller Erfolg, denn ganz offensichtlich fühlen sich die Leute hier ja wohl. Der Kollwitzplatz sei durch die Stadterneuerung zu einem lebenswerten Kiez geworden und auch Probleme mit den steigenden Mieten sind nicht wirklich dramatisch. Schließlich gibt es in anderen Gebieten der Stadt ja preisgünstige Alternativen. Wen Herr Schulgen wohin schicken will, wenns in Prenzlauer Berg mal knapp wird mit der Mietzahlungsfähigkeit, hat er uns auch verraten: „… ist die Platte denn unzumutbar? Die war doch früher auch ganz beliebt bei denen.“

Einen ausführlichen Veranstaltungsbericht gibt es in den nächsten Tagen. Hier schon mal eine Zusammenfassung meines eigenen Statements. Einiges ist aus der Logik der Veranstaltung besser zu verstehen, anderes ist hoffentlich auch so verständlich.

Podiumsdiskussion: Ergebnisse von 15 Jahren Stadterneuerung – Gentrifcation oder Aufwertung? (Kollwitzplatz, 27.04.2009)

Statement zur Sozialstudie Kollwitzplatz 2008 (Andrej Holm)

Die Veränderungen im Sanierungsgebiet Kollwitzplatz weisen die klassischen Verlaufsformen und Merkmale einer Gentrification auf. Ich gehe auf diese in den Stadterneuerungsdiskussionen der vergangenen Jahre umstrittene Einschätzung ein, weil ich glaube, dass über eine solche Analyse Schlussfolgerungen für die Verantwortung der Sanierungspolitik und eine notwenige Nachsorge im Sanierungsgebiet getroffen werden können.
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Berlin: Yuppies, Junkies, Steigende Mieten

http://www.antiberliner.de/

http://www.antiberliner.de/

Kürzlich erschien die aktuelle Ausgabe der von der Antifaschistischen Linken Berlin unterstützte Zeitschrift „Der Antiberliner„. Zum bunten Kaleidoskop der Themen diesmal auch eine Artikel zum Thema Stadtentwicklung und Wohnungspolitik am Beispiel Kreuzbergs, den zu schreiben ich angefragt wurde: „Yuppies, Junkies, Steigende Mieten„. In Berlin liegt die Zeitung in vielen Kneipen und Buchläden aus, für alle anderen gibt es den Beitrag hier in der elektronischen Fassung (ausführliche Fassung folgt  unten).

Berlin Kreuzberg, zuletzt wegen steigender Mieten und exklusiver Bauprojekte in die Schlagzeilen geraten, ist aktuell Schauplatz eines typischen Protestdilemmas: Nachbarschaftsinitiativen fordern nach der Schließung eines Druckraumes in der Dresdener Straße die Ausgrenzung der Drogenszene aus dem öffentlichen Raum und eine Verschärfung der Polizeiarbeit. Linke Gruppen und Sozialinitiativen rufen zu Kundgebungen gegen diese Verdrängungspolitik auf und in der Berliner Medien wird aus dieser Auseinandersetzung ein „Kampf zwischen Yuppies und Junkies“. Dass es sich bei der Bürgerinitiative um Yuppies oder überhaupt Besserverdienende handelt, darf bezweifelt werden. Richtig erscheint es mir dennoch, die Proteste gegen die Drogenszene vor dem Hintergrund von Aufwertungsdynamiken zu betrachten. (…)

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Berlin: Aufwertungsfamilien

In den Wochenendausgaben der Berliner Zeitung und des Tagespiegel gibt es mehrere Artikel zu aktuellen Konfliktlinien in Berlin Friedrichshain und Prenzlauer Berg.

Nana Heymann versucht sich im Beitrag „Die Stimmung zieht sich zu“ in der Interpretation von Nutzungskonflikten in Prenzlauer Berg als eine Art Nachbarschaftsstreitigkeit;

Nach der Wende wollten alle nach Prenzlauer Berg ziehen. Doch jetzt brechen unter den Bewohnern zunehmend Konflikte auf. Streit gibt es zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen, Singles und Familien, Schwaben und Preußen, Reichen und Linken

Neu an der Beschreibung im Tagesspiegel sind Berichte über die Diskriminierung von jungen Familien in Prenzlauer Berg. Die Erfahrungen einer junge Mutter werden dafür als Beleg herangezogen:

Zum Beispiel, als sie sich vor kurzem mit einer Freundin in einem Café verabredet hatte, an dessen Tür nun ein Schild klebte, das die „lieben Eltern“ dazu aufforderte, ihren Kinderwagen doch bitte draußen zu lassen. Aber weil es regnete, ging das nicht, und deshalb musste sie das Kaffeetrinken vertagen. Oder neulich, als ihr beim Spazierengehen mit der Tochter ein Mann entgegen kam und ihr vorwarf, dass sie sich wohl extra für den Spielplatz aufgebrezelt habe

Stefan Strauss stellt in seinem Beitrag „Farbbeutel für den Traum von einer anderen Welt“ Proteste gegen die soziale Aufwertung, steigende Mieten und teuere Nobelgeschäfte ins Zentrum. Die Ursache des aktuellen Protestzyklus wird neben den fortschreitenden Aufwertungstendenzen in der Bedrohung von Wohnprojekten, Wagenburgen und anderen Freiräumen vermutet: Weiterlesen

Frankfurt: Ist das Nordend noch zu retten?

Heute (am 19. März) findet um 19 Uhr im Gehörlosenzentrum, Rothschildallee 16a ein Bürgerforum zum Thema „Sozialer Wandel im Nordend“ statt. Eingeladen hat der Ortsbeirat und diskutieren sollen, angeregt durch vier Inputbeiträge, vor allem die Bewohner/innen des Nordends.

Jörg Harraschain (Grüne) vom Ortbeirat Nordend beschreibt gegenüber der Frankfurter Rundschau die Motive für die Veranstaltung „Die Zukunft des Nordends“:

Schließlich ergebe sich damit für die Bürger, die mit einer gewissen Sorge beobachten, dass das Viertel immer nobler wird, eine gute Gelegenheit, ihre Vorstellungen vom Zusammenleben in dem einst von Studenten und Alternativen geprägten Stadtteil zu entfalten.

Ich durfte in einem Interview in der Frankfurter Rundschau vor den Gefahren der Aufwertung im Nordend warnen: Problemviertel Nordend. Stadtforscher Andrej Holm kritisiert, dass der Stadtteil zur Enklave für die Mittelschicht wird: Weiterlesen

Neue Soziale Mischung in Prenzlauer Berg?

Heute Abend war im Deutschlandfunk das Feature von Anselm Weidner zu hören:Brunnenviertel/Marthashof.Der „soziale Äquator“ als neue Grenze. Am Beispiel des früheren Mauerstreifens an der Bernauer Straße werden die neuen sozialen Spaltungslinien von Berlin eindrücklich beschrieben:

Im Brunnenviertel auf der früheren Westseite im Wedding geht die Angst um, ob das Geld für eine warme Mahlzeit am Tag reicht, ob die Miete im nächsten Monat bezahlt werden kann oder Vattenfall morgen den Strom abstellt. Die Menschen auf der anderen Seite der Bernauer Straße treibt die Sorge um, wie in den Pent Houses und Town Villas des „Urban Village“ Marthashof ein „Wohnen ohne Kompromisse“ (so die Werbung) zu organisieren ist, ob mit einer Duschterasse aus Naturkieseln oder aus fugenlosem Feinsteinzeug in Erdtönen.

Zu hören ist das Feature hier.

Inhaltlich wird das Thema der Aufwertung im Feature nicht von den quartierlichen Verdrängungseffekten aufgerollt, im Zentrum steht vielmehr eine gesamtstädtische Perspektive der sozialräumlichen Neuordnungen in der Stadt. Während die politischen Zielstellungen der Berliner Stadtpolitik ungebrochen am Leitbild der Sozialen Stadt und einer sozialen Mischung festhalten, verdeutlicht das Feature einen Ausschnitt der längt etablierten Spaltungslinien. Ludwig Stoffel, Geschäftsführer von Stoffanel, dem Projektträger des Luxuswohnprokjektes Marthashof in Berlin Prenzlauer Berg kommt zu Wort und darf erklären wie die neue Mischung von Prenzlauer Berg aussehen wird:

Top-value heißt Werte, wir wollen Werte schaffen, und wir sagen, meine Frau hat’s vorhin gesagt, intelligenten Luxus. Wir wollen in unseren Projekten eine Mischung haben von middle-class,upper-middle-class, von Menschen die einfach eine Atmosphäre, ein Gefühl suchen. Die Lebensqualität, das ist Wert, das ist top-value.

Auslaufmodell Sozialer Wohnungsbau?

Im Deutschlandfunk gab es heute im Morgenmagazin Länderzeit eine Diskussionsrunde zum Thema: Auslaufmodell Sozialer Wohnungsbau: Wird preiswerter Wohnraum immer mehr zur Mangelware?

Gesprächsteilnehmer: Horst Schneider, Oberbürgermeister der Stadt Offenbach; Dr. Rudolf Ridinger, Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft; Dr. Andrej Holm, Stadtsoziologe, Universität Frankfurt am Main; Joachim Barloschky, Amt für Soziale Dienste Bremen

Für alle, die die Diskussion verpasst haben, gibt es hier einen Mitschnitt der etwa einstündige Sendung. Die Rollen der Diskussionsteilnehmer waren relativ klar vorbestimmt und wurden weitgehend ausgefüllt: Weiterlesen