Berlin: Steigende Mieten trotz Finanzkrise

Ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe des Berliner Tagesspiegel berichtet über die widersprüchlichen Auswirkungen der Finanzkrise auf den Berliner Wohnungsmarkt. Im Artikel „Mieten steigen trotz leerer Wohnungen“ wird von einer ‚Marktstarre‘ des Immobilienmarktes gesprochen – die Mieten steigen dennoch:

Die Finanzkrise hat den Berliner Immobilienmarkt fest im Griff: Von „Marktstarre“ spricht der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, weil die Zahl der verkauften Immobilien sank und sich der Umsatz im vergangenen Jahr halbierte. Wegen der geringen Nachfrage fallen auch die Preise – um bis zu 50 Prozent. Für die Mieter in der Stadt gibt es deshalb aber keine Entwarnung. (…) Weiterlesen

Berlin: Vorschläge gegen Verdrängung

Auf einer Veranstaltung des AK Linke Metropolenpolitik wurde über die Zukunft der Ostberliner Sanierungsgebiete diskutiert. Trotz eines krankheitsbedingt sehr kleinen Podiums wurde es ein gelungener Abend, denn die etwa 50 Interessierten waren durchaus diskussionsfreudig und eine ganze Reihe Ideen für eine soziale Wohnungspolitik in Berlin wurden zusammengetragen. Langfristig gehe es um Strategien einer Rekommunalisierung, der Erarbeitung eines neuen Förderprogramms und eine Reform des Mietrechts, so der Tenor der Debatte. Der Grundsatz, das letzten Endes nur eine Dekommodifizierung (also die Durchsetzung marktferner Wohnungsversorgungssysteme) einen wirksamen Schutz vor Verdrängung bietet, wurde auch für die konkreten auf die Sanierungsgebiete bezogenen Forderungen verfolgt. Im Veranstaltungsbericht sind eine Reihe konkreter Vorschläge zusammengefasst: Weiterlesen

Baugruppen als freundliches Gesicht der Aufwertung?

Bauwelt 39/40, 2008Baugruppen liegen in Berlin voll im Trend. Auf der Webseite Wohnportal-Berlin sind fast 70 Projekte von Baugruppen verzeichnet. Baugruppen sind meist Zusammenschlüsse von mehren privaten Bauherren, die sich zur gemeinsamen Realisierung von Wohneigentum organisieren. Warum die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer die Baugruppen für einen „sozialen Anker für die Innenstadtquartiere“ hält, bleibt ihr Geheimnis. Die meisten der vom Senat mit einem Baulückenmanagement geförderten Baugruppen tragen dort zu den Aufwertungsprozessen bei. Denn trotz vergleichsweise günstigen Baupreisen (ca. 2.200 Euro/qm) gilt: der Zugang zu den Baugruppen hat das entsprechende Eigenkapital zur Voraussetzung.

Am Beispiel von zwei Baugruppenprojekten im Karl Kunger Kiez in Treptow beschreibt ein Artikel in der aktuellen Ausgabe des MieterEcho („Aufwertung in Alt-Treptow“) die Aufwertungswirkung der Neubauprojekte: Weiterlesen

Berliner Immobilien-Verwertungs-Koalition

Ein kleines Ratespielchen: Lesen Sie die folgenden zwei Zitate und ordnen Sie die Autor/innen richtig zu. Welches Zitat würden Sie der sozialdemokratischen Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer und welches Zitat würden sie dem Vertreter des Bundes der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine „Haus & Grund“ Dieter Blümmel zuordnen:

Zitat 1: „Warum sollten wir irgendwelche bunten Mischungen schützen? Es gibt eine gesamte Stadt, in der gibt es 1,4 Millionen Wohnungen. Davon stehen 100.000 leer und da soll sich jeder seine Wohnung suchen, in die er am liebsten hin ziehen will. Es hat niemand ein Anrecht darauf, an einer ganz bestimmten Stelle für sein ganzes Leben zu einer niedrigen Miete wohnen bleiben zu dürfen.“

Zitat 2: „Gute Lagen und entsprechende Ausstattung einer Wohnung haben ihren Preis. Keiner kann und niemand muss Wohnungssuchenden garantieren, eine sanierte Stuckaltbauwohnung in 1a-Wilmersdorf- oder Prenzlauer- Berg – Lage für unter 5 €/qm Kaltmiete zu finden. Aber der entspannte Berliner Wohnungsmarkt (…) sorgt dafür dass jeder eine bezahlbare Wohnung finden kann. Es gibt einen langfristigen, d.h. mehr als 6 Monate andauernden, hohen Leerstand von 108.000 Wohnungen, kurzfristig sind sogar ständig 150.000 Mietwohnungen auf dem Markt.“

Das Zitat 1 geht auf Dieter Blümmel (rbb-Sendung Klartext: „Hohe Mieten – Wird der Mittelstand aus der City vertrieben?“ vom 11.02.2009) zurück und Zitat 2 stammt von der Stadtentwicklungssenatorin – der Unterschied ist kaum zu bemerken. Diese eigentümliche argumentative Einheit kann als Ausdruck einer Berliner Immobilien-Verwertungs-Koalition gedeutet werden, denn auch in der politischen Praxis zeigt sich, dass die Berliner Politik spätestens seit der Jahrtausendwende die Stadtentwicklung weitgehend privaten Investoren überlässt. Berlin ist damit jedoch keine Ausnahme sondern steht nur exemplarisch für den Trend einer neoliberalen Stadtpolitik, wie er sich seit über 20 Jahren weltweit in vielen Metropolen durchgesetzt hat.

In kritischen sozialwissenschaftlichen Forschungsarbeiten der 1980er Jahre finden sich einige noch heute lesenswerte Erklärungsansätze: Weiterlesen

Kreuzberg bald wie Ostberlin?

Das Magazin Klartext des RBB hat gestern einen sehenswerten Beitrag zu den aktuellen Mietentwicklungen in Kreuzberg ausgestrahlt: „Hohe Mieten – Wird der Mittelstand aus der City vertrieben?“. Das ist zwar ein unglücklicher Titel, denn letztlich trifft die Verdrängung vor allem ökonomisch benachteiligte Haushalte – doch bemerkenswert ist der Grundtenor der Sendung: stiegende Mieten und Verdrängung drohen nun auch in den Nachbarschaften der Westberliner Innenstadtbezirke. Die Aunfwertungsprozesse in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain werden dabei als Drohkulisse einer künftigen Kreuzberger Entwicklung gezeichnet. In der Anmoderation des Beitrags heisst es:

Wohnen im Herzen der Stadt. Das ist in Berlin durchaus bezahlbar. Noch. Denn die Mieten in der Innenstadt klettern seit geraumer Zeit steil nach oben. Viele können sich das nicht leisten und müssen gehen. In den östlichen Citybezirken ist diese Entwicklung besonders gravierend. Beispiel: Mitte, Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. Da wurden komplette Bevölkerungsschichten einfach ausgetauscht. Immer häufiger erwischt es dabei auch Familien aus der Mittelschicht. Ein Trend, der nun auch die westliche Innenstadt erreicht hat.

Zur Erinnerung: noch vor wenigen Jahren galt es als stadtpolitischer Tabubruch im Zusammenhang mit der Stadterneuerung in Ostberlin von Gentrification zu sprechen. Auch die erst kürzlich erschienene Sozialstudie zur Aufhebung des Sanierungsgebietes Kollwitzplatz in Berlin Prenzlauer Berg spricht angesichts von gravierende Verdrängungsindizien in ihrem Zahlenmaterial lieber von einer „sozialen Konsolidierung“. Aus der Kreuzberger Perspektive jedoch erscheint der Prenzlauer Berg als eindeutige Aufwertungskulisse. Ein politischer Appell zum Abschluss des Beitrages warnt erneut vor Ostberliner Verhältnissen:

Wenn im Senat die Mehrheit aus SPD und Linken nicht die Initiative ergreift, wird auch in Kreuzberg das Wohnen zum Luxus werden – wie zuvor in Prenzlauer Berg, Mitte und Friedrichshain.

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Berlin: Stabile Autoversicherungen in Aufwertungsgebieten

Die Berliner Lokalpresse hat ein neues Lieblingsthema: Brennende Autos. Egal ob Berliner Morgenpost, Tagesspiegel oder Berliner Zeitung, selbst das Neue Deutschland beteiligt sich am car counting. Schon über 20 Brandanschläge zählt der politische Staatsschutz allein in diesem Jahr. Ein Schreiben einer »Bewegung für militanten Widerstand (BMW)« wird zum Anlass genommen, die Zündelei in den Kontext von Protesten gegen die Aufwertung in den Berliner Innenstadtbezirken zu  stellen. In etlichen Artikeln wird das gefährliche G-Wort benutzt und einzelne Journalist/innen wollten ausgerechnet von mir wissen, was ich davon halte. Fast will ich hoffen, dass die Videokameras des BKA noch nicht abgebaut sind, damit nicht wieder irgendeine Ermittlungsbehörde auf dumme Gedanken kommt…

Die Berliner Polizei agiert bisher ohne zählbare Erfolge, der Polizeipräsident stellt regelmäßig seine Hilflosigkeit zur Schau. Vor einem knappen Jahr warnte er „Porsche in Berlin-Kreuzberg parken ist gefährlich“ und auch auf der letzten Sitzung des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses erklärte er den Abgeordneten den mangelnden Fahnungserfolg:  „zehntausende Kilometer Straßen bieten eine Vielzahl von Angriffsobjekten„. Im Wirtschaftsmagazins CIO wird Innensenator Körting mit einem für Luxuswageneigner/innen wenig beruhigenden  «Damit müssen wir auch leben» zitiert. Etwas Trost hingegen erfahren Besitzer/innen von Nobelkarossen aus der Welt:

Seitens der Autoversicherer droht Autofahrern in den häufig von Anschlägen heimgesuchten Kiezen zumindest finanziell keine zusätzliche Belastung. Die Schäden durch Vandalismus, gleich welcher Art, hätten keine Auswirkung auf die Preisgestaltung der Regionalklassen bei Kfz-Versicherungen, sagt Katrin Rüter de Escobar, Sprecherin beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Die Policen seien in allen Großstädten und Ballungsräumen ohnehin etwas teurer, als in den umliegenden ländlichen Gebieten. Grund: Die größere Verkehrsdichte bringe ohnehin höhere Unfall- oder Diebstahlraten mit sich. Weiterlesen

Kreuzberger Protesttraditionen

Was ist bloß mit den Kreuzbergern los? Ob Mediaspree, Bethanien-Besetzung oder Privatschul-Ansiedlung – ohne Protest geht’s nicht.“ Werner van Bebber versucht im Tagesspiegel die Kreuzberger Protestkultur zu verstehen. Neben dem Versuch einer Psychoanalyse des Stadtteils (“ Kreuzberg will Kreuzberg bleiben. Kreuzberg sperrt sich gegen eine Runderneuerung…“) verweist der Artikel „Immer gleich auf den Barrikaden“ aber auch auf ein paar stadtpolitische Begründungen. Mit den Beobachtungen von Ulrich Peltzer (Teil der Lösung) werden einige aktuelle Veränderungen anschaulich beschrieben:

Politik ist immer, und weil sich Kreuzberg wieder verändert, ist Politik gegen diese Veränderung so wichtig wie 1973 Politik gegen Spekulanten. „Soziale Entmischung“ sagen die einen, „Gentrifizierung“ sagen die anderen. Für beides stehen „Mediaspree“, der Verkauf vieler alter Häuser überall in Kreuzberg, die steigenden Mieten. Das alles sprengt die Kreuzberger Strukturen. Es fühlt sich schlecht an. Für Ulrich Peltzer, den Autor von „Teil der Lösung“, einem Roman über das neue Berlin, zeigt sich die Entmischung in einem seiner Lieblingscafés, dem „Bateau Ivre“ am Heinrichplatz. Im Sommer, sagt er, hätten wir hier nicht so sitzen können. Wegen der dänischen Touristen. Wegen der spanischen und italienischen Bürgerkinder. Deren Eltern kaufen oder mieten Wohnungen in Kreuzberg, weil es hip ist. Wie die Dänen, Schweden, Norweger zahlen sie Preise, bei denen die Normal-Kreuzberger nicht mitkommen.

Ein Schwabe macht noch keinen Sommer

Mit mehreren Monaten Verspätung haben pünktlich zu Weihnachten die Feuilletons einiger überregionalen Zeitungen das Thema des angeblichen „Schwabenhasses“ in Ostberlin aufgegriffen. Während es die bisher 8 Brandanschläge gegen Luxuswagen im Dezember in Friedrichshain-Kreuzberg (siehe Xhain.info) gerade einmal in den Polizeiticker schaffen und „Steine auf die Carloft-Baustelle“ nur auf den Lokalseiten der taz eine Kurzmeldung wert waren, werden zu monatealten Plakaten in Prenzlauer Berg gleich mehrere größere Artikel in überregionalen Zeitungen veröffentlicht. Verstehe einer die Sensationssucht der Medien… Hintergrund sind offensichtlich parodierende Plakatserien, in denen die Reisegewohnheiten zugereisten Neubewohner/innen von Prenzlauer Berg zu Weihnachten auf die Schippe genommen wurden. Bereits seit ein paar Jahren tauchten zu den Feiertagen solche und ähnliche Plakate auf: „Ostberlin wünscht dir eine gute Heimfahrt„.

Nachdem der Tagesspiegel („Klage auf Schwabenersatz„) vor einem Jahr die Plakatserie als „ein Scherz, über den nicht jeder Passant lachen kann“ bezeichnete, wurde im Sommer über Schwaben-raus!-Graffiti und Anti-Schwaben-Plakate berichtet. Das RBB-Magazin polylux versuchte mit einem Beitrag „Fuck Yuppies – Der Widerstand gegen die Gentrifizierung“ die Hintergründe der Anti-Schwaben-Stimmung auszuleuchten und auch verschiedenen Weblogs (Reifenwechsler | Stoppt Stuttgartisierung!) griffen das Thema auf.

Seit dem Sommer gab es wenig Neues zum Thema, bis nun die Süddeutsche („Schwaben raus!“) und die Frankfurter Rundschau den „Schwabenhass in der Hauptstadt“ erneut in die Schlagzeilen brachte. Auf der Erklärungssuche greifen beide Zeitungen auf die Meinung des Stadtsoziologen Hartmut Häußermann zurück. Nicht, ohne zu betonen, dass der selbst aus Waiblingen zugezogen sei… Weiterlesen

Berlin: Für jeden Geldbeutel eine würdige Wohnung?

Auf rbb-inforadio war die Mietentwicklung in Berlin heute das zentrale Thema. In einem Dossier kamen Vertreter von Mieterorganisationen und Nachbarschaftsinitiativen ebenso zu Wort wie Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz, Martin Lindner von der FDP und der Senatorin für Stadtentwickung Ingeborg Junge-Reyer. In ihrem Interview „Mieterstadt Berlin – bald unbezahlbar?“ gibt die Senatorin mal wieder ihre Normalisierungsthese zum Besten: Der rasanten Mietanstieg, besonders in beliebten Bezirken wie Prenzlauer Berg, Friedrichshain oder Kreuzberg sei demnach eine normale und auch berechtigte Marktentwicklung und natürlich: der Berliner Wohnungsmarkt biete weiter für jeden Geldbeutel eine würdige Wohnung (rbb-Interview Junge-Reyer).

Doch auch der Kritik an der Berliner Wohnungsspolitik wird beim rbb Raum eingeräumt.Im Interview „Steigende Mieten – Trend zur Verdrängung? wurde mir die Gelegenheit gegeben, für die Notwendigkeit einer sozialorientierten Wohnungspolitik zu werben (rbb-Interview Holm).

Hier eine ausführliche Fassung des Interviews (gesendet wurden nur Ausschnitte): Weiterlesen

Berlin: Demo und Debatten

ak_linke_metropoelnpolitikAm Samstag, den 29.11.2008 fand nicht nur die Mietenstop-Demonstration in Kreuzberg statt, sondern auch eine sogenannte Metropolenkonferenz, des AK Linke Metropolenpolitik in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und dem Bildungsverein „Helle Panke„. In einem der Workshops standen Fragen der Wohnungspolitik im Zentrum. Das Neue Deutschland berichtete und auch Berliner Umschau zitierte in ihrem Artikel Berlin-Brandenburg: „Mietenstopp“ statt „Profitinteressen“ unter anderem Joachim Öllerich von der Berliner MieterGemeinschaft: Weiterlesen