Berlin: Gentrification forciert Zweiklassenschule

Zentrales Merkmal der Berliner Aufwertungsgebiete ist – neben den überdurchschnittlich hohen Wohnkosten – ein hoher Anteil von Akademiker/innen. Diese gelten gemeinhin als sehr bildungsbewusst, wenn es um die Erziehung des eigenen Nachwuchses geht. Selbstorganisierte Kindertagesstätten, Elterncafes und Kinderjoga für die Kleinsten, Privatschulen für die etwas Älteren – so sah die Realität exklusiver Bildungseinrichtungen im Ergebnis der Stadtteilaufwertung bisher oft aus. Dies soll sich nun ändern: Die Direktorin der Gustav-Falke-Grundschule in Berlin Wedding umwirbt die Mittelklasseeltern aus Alt-Mitte und Prenzlauer Berg mit Lockangeboten.

Berliner Morgenpost: Berliner Schule wirbt Schüler mit Deutsch-Klasse

Berliner Zeitung: Deutsch als Bedingung

Das klingt auf den ersten Blick vernünftig, denn nichts steht in der Berliner Stadtpolitik so hoch im Kurs wie der Mythos der Sozialen Mischung. Die Rechnung klingt zunächst auch sehr einleuchtend: kommen deutsche Kinder aus bildungsaffinen Familien an die Problemschulen, steigt das allgemeine Bildungsniveau und zieht die Schüler/innen aus benachteiligten Haushalten fast wie von selbst in eine bessere Bildungssituation. Der alte Traum von der Gentrification, die den Armen und Ausgegrenzten nützt, weil sie von den sozialen und kulturellen Ressourcen der Bessergestellten profitieren, soll nun ausgerechnet an der schärfsten sozialen Trennlinie Berlins (Bernauer Straße) verwirklicht werden. Weiterlesen

Potsdam: Ausgrenzung und Banalisierung

Ein deutliches Beispiel für eine verfehlte Stadtentwicklungspolitik bietet die Landeshauptstadt Potsdam. Als eine der wenigen boomenden und wirtschaftlich erfolgreichen Städte in Ostdeutschland zeigt Potsdam die typischen Verwerfungen eines kapitalistischen Wohnungsmarktes relativ unverstellt.

Auf der einen Seite steigende Mieten und drohende Versorgungsdefizite für ärmere Haushalte – auf der anderen Seite unglückliche Reiche, die infolge der fortgesetzten Aufwertung einen Verlust an Vielfalt und Lebensqualität bemängeln. Ausgrenzung, Exklusion, Banalisierung und Kommerz –  in Potsdam sind es zwei Seiten ein und der selben Medaille.

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Frankreich: Ghettos der Reichen

Wenn in wohnungspolitischen Debatten hierzulande von ‚französischen Verhältnissen‘ die Rede ist, denken viele zunächst an Jugendkrawalle, brennende Autos und Banlieues. Weniger bekannt dürfte das für europäische Verhältnisse ungewöhnliche Festhalten am Sozialen Wohnungsbau sein. Ein im Jahr 2000 verabschiedetes Gesetz „Solidarität und Stadterneuerung“ (Solidarité et Renouvellement Urbain) schreibt dabei allen Kommunen ab einer bestimmten Größe einen Sozialwohnungsanteil von 20 Prozent vor. Wird dieser Anteil bis 2020 nicht erreicht, werden jährliche Strafe für die Kommunen fällig. Eigentlich eine prima Idee – doch dort, wo die Reichen unter sich bleiben wollen, werden die Strafen wohl billigend in Kauf genommen. Ein Beitrag beim Deutschlandfunk (Tobias, vielen Dank für den Hinweis!) stellt sich dem Thema Wohnungsnot und setzt sich mit der Umsetzung des Solidaritätsgesetztes auseinander: Elend im Land der Eleganz.

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