In der Süddeutschen hat Jonathan Fischer einen ausführlichen Artikel über die Entwicklungen im Münchener Glockenbachviertel geschrieben: „Mir gärtnerplatzt der Kragen!„. Der Text beschäftigt sich u.a. mit den Folgen der zunehmenden Homogenisierung im Viertel. Ob die dort entstehenden Latte-Macchiato-Gemeinschaften die soziale Mischung wirklich vermissen, kann der Beitrag nicht klären.
Fischer beschreibt die Veränderungen am Beispiel der Läden und Kneipen im Viertel.
Im Münchner Glockenbachviertel, einer der renditeträchtigsten Immobilienlagen in der Stadt mit den höchsten Immobilienrenditen ganz Europas, eröffnen im Wochentakt neue Läden. Von den Schicksalen der Vormieter erfährt man selten viel. Nur als sich 2008 der Wirt des ‚Salzburger Grill‘ erhängte, erinnerten ein paar Nächte lang Blumensträuße und Kerzen an einen, der für das Viertel überflüssig geworden war, einen Gentrifizierungsverlierer. Dem Wirt wurde gekündigt, weil er die Renovierungsauflagen der Verpächter nicht erfüllen konnte.
Der Wandel vom „Schwulen-, Arbeiter- und Studenten-Viertel“ in eine Nachbarschaft der „wohlsituierte Kreative und Kleinfamilien“ gehe mit einer schleichenden Verdrängung einher:
Still verlassen Unterschicht, Handwerker und Kleingewerbe die Gegend. Die Übriggebliebenen sitzen in den verbliebenen Pilsstuben, während die umliegenden Wohnblöcke von Spekulanten entmietet, mit Fußbodenheizungen und Marmorbädern ausgestattet, gestückelt und als Anlageobjekt von Kunden in Madrid oder Moskau gekauft werden.
Der Austausch von Gewerbe und Bevölkerung wird nicht nur als unmittelbare physische Verdrängung beschrieben, sondern vor allem als die Entstehung von Parallelwelten innerhalb des selben Viertels. Fischer stellt uns für die Seite der Gentrification-Gewinner eine Ladenbesitzer vor, der früher die Schließung der Tante-Emma-Läden bedauerte und nun vom neuen Publikum profitiert.
Nun bevölkern Jungmütter, Nachtclub-Betreiber und Freiberufler mit Laptop seine Bar. Welcher neue Laden wo aufmacht gehört hier zum Tagesgespräch.
Auf der anderen Seite:
Die Gentrifizierungs-Verlierer haben andere Sorgen: Sie kämpfen nicht nur gegen steigende Mieten und Wohnungsnot, sondern um ihre mit dem Viertel eng verwobene Identität. Es gibt sie nämlich immer noch, die Handwerker in Blaumann oder Schürze. Die Alteingesessenen, die in der Turnhalle an der Auenstraße (…) boxen.
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