Wilhelmsburg: Landgang der Aufwertung

Anfang Februar mobilisierte das Aktionsnetzwerk gegen Gentrification in Hamburg zu einer Stadtteilversammlung in St. Pauli, um die geplante Verlegung von drei kommerziellen Beachclubs in den Stadtteil zu verhindern (siehe hier). Etwa 180 Teilnehmer/innen kamen zur Stadtteilversammlung und beschlossen eine Resolution gegen die geplante Kommerzialisierung des Elbufers.

Ob die Protstdrohung oder büroratische Schwierigkeiten zum Scheitern der Pläne führten, lässt sich nicht eindeutig sagen – Fakt ist, es wird keine Beachclubs in St. Pauli geben. So weit so schön, doch leider keine Entwarnung, was das gefürchtete Aufwertungspotential der Beachclubs betrifft. Denn kaum ist der gastronomische Landgang der Aufwertung an St Pauli vorübergegeangen, werden die ersten Stimmen laut, die eine Ansiedlung der Beachclubs in Wilhelmsburg fordern. Die Hamburger Morgenpost fragte in ihrer Ausgabe vom 17.02. „Beachclubs nach Wilhelmsburg?

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Szenen der Aufwertung

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Rundschau findet sich auf den Magaizinseiten ein längerer Beitrag zur Aufwertung in Innenstadtvierteln: „Jung, ledig sucht…„. Der etwas reißerische Untertitel liest sich wie eine Anleitung zur Gentrification:

„Am Anfang sind es Studenten und Künstler, die einen Stadtteil entdecken. Wir verraten, wie daraus eine Szeneviertel entsteht und welche Quartiere in Zukunft besonders gefragt sein werden.“

Doch der Beitrag selbt geht wesentlich kritischer mit den vielerorts stattfindenden Aufwertungsdynamiken um. An Beispielen in Frankfurt/Main (Bahnhofsviertel), Hamburg (Veddel), Berlin (Oranienburger Vorstadt), Leipzig (Plagwitz) und München (Westend) werden die Übergänge von symbolischen zu  sozialen und ökonomischen Aufwertungen beschrieben: Weiterlesen

Hamburg: Hafenstraße gegen Ruhestörung

Ein auf den ersten Blick skuriler Konflikt bahnt sich in Hamburg an. Die ehemaligen Hausbesetzer/innen der Hafenstraße organisieren sich gemeinsam mit anderen Initiativen und Stadtteilaktivist/innen aus St.Pauli zur Zeit gegen die Senatspläne, drei neue Beach-Clubs zwischen dem schon vorhandenen Klub Strand Pauli und dem Fischmarkt auf der Vordeichlinie anzusiedeln (das ist genau gegenüber von den ehemals besetzten Häusern). Ein Argument gegen die die Ausbreitung der Vergnügungsindustrie:  „Die ganztägige Musik-Beschallung bis nach Mitternacht sei nicht genehmigungsfähig und unzumutbar„.

Doch der Initiative gegen die Strandbars geht es um mehr als die ordnungsgemäße Nachtruhe. Zum einen wird die Privatisierung der bisher frei zugänglichen Ufergrundstücken und der Ausbau der Videoüberwachung in diesem Bereich befürchtet, zum anderen sieht das Aktionsnetzwerk gegen Gentrification (Es regent Kaviar) in den Strandbars einen Testballon für die eventgastronomische Zurichtung des gesamten Stadtteils:

Was unter Markennamen wie Lago Bay, HCBC oder Hamburg del mar daher kommt, gilt in der Stadtentwicklungs-Szene als Mittel, um Räume EVENTGASTRONOMISCH für größere Immobilienprojekte interessant zu machen. Und tatsächlich entstehen an sämtlichen Beachclub-Standorten Hamburgs heute INVESTOREN-ARCHITEKTUREN – vor der Haifischbar an der Elbe, in den Docklands, in der Schanze, in der Hafencity.

Nach mehreren Treffen lädt die Initiative nun zu einer Stadtteilversammlung ein:

Stadtteilversammlung am 7.2., 16 Uhr, Aula der Ganztagsschule St. Pauli

Mehr zu den Hintergründen der aktuellen Entwicklungen in St. Pauli gibt es im aktuellen ak – analyse & kritik, die Zeitung für linke Debatte und Praxis und auf indymedia zu lesen. Linda Fischer und Steffen Jörg beschreiben wie St. Pauli auf Kosten der Geringverdienenden umstrukturiert wird. auf indymedia gibt es einen ausführlichen Bericht über die bisherigen Aktivitäten gegen die Privatisierung des Uferstreifens.

St.Pauli: Preise wie in Blankenese

Im ZDF-Morgenmagzin „Sonntags – TV fürs Leben“ (Sonntag, 11.01.2009, 9.02 Uhr) gab es heute in einem eher populären Format eine Schwerpunkt
„Im Zeitalter der Städte. Über das bedrohliche Wachstum der urbanen Armut“. Neben Beiträgen zur Geschichte der Stadtplanung „Multiple City – Stadtkonzepte aus 100 Jahren“ und einem „Netzwerk der städtischen Armen in Jakarta“ wurde auch ein Beitrag zur Aufwertung in Hamburg St.Pauli ausgestrahlt: „Neues Leben auf Sankt Pauli. Wie sich die Stadtzentren ändern„. Die kurze Reportage schafft es in den knapp 5 Minuten um den Begriff der Gentrification zu vermeiden (obwohl ich in dem aufgezeichneten Experteninterview bestimmt eine halbe Stunde über sogut wie nichts anderes gesprochen habe). Dennoch gibt der kurze Beitrag einen guten Einblick in die Folgen der Aufwertung. Unter anderem wird berichtet, dass die Neuvermietungsmieten in St.Pauli mittlerweile so hoch seien, wie im reichen Blankenese. Und immerhin: die Veränderungen in St.Pauli werden als Entwicklung beschrieben, über die sich nicht alle freuen…: Weiterlesen

Städtische Proteste in der Zeitung

Der ak – analyse & kritik, die Zeitung für linke Debatte und Praxis ist in seiner aktuellen Ausgabe ( Nr. 534) mit dem Titel „Besetze deine Stadt“ erschienen. Im Schwerpunkt gibt es mehrere Beiträge zu aktuellen Debatten um Stadtentwicklungsprozesse und die in vielen Städten erstarkenden Bewegungen gegen Mietsteigerungen und Umstrukturierungsmaßnahmen. Der Beitrag „Kämpfen im Herzen der Stadt“ gibt einen guten Überblick über die aktuellen Aufwertungstendenzen in Hamburg Wilhelmsburg und die sehr verschiedenen Protestansätze dagegen. Eine kenntnisreiche Analyse der Wilhelmsburger Stadtteilszene sieht mehr Schatten als Licht und formuliert konkrete Anforderungen an erfolgreiche Stadtteilmobilisierungen:

Neben den etablierten Vereinen, Initiativen und Einzelpersonen hat der vergleichsweise relativ junge Arbeitskreis Umstrukturierungen in den vergangenen Monaten auf sich aufmerksam gemacht. (Vgl. http://wilhelmsburg.blog.de) Der AK beschäftigt sich einerseits mit dem Stadtteilentwicklungskonzept im Rahmen der IBA und igs und dessen Folgen. Andererseits bot er in mehreren Veranstaltungen zu Gentrifizierung sowie anderen stadtteilrelevanten Themen Raum für öffentliche Diskussionen über Probleme und mögliche politische Interventionen. Auffällig ist, dass diese Gruppierungen noch nicht in der Lage sind, die Mehrheit der EinwohnerInnen mit Migrationshintergrund und geringeren Einkommen zu erreichen und einzubinden. Andere Initiativen, die sich z.B. gegen die hohe Lärmbelästigung oder etwa die Schließung von Kleingärten aussprechen, sind bislang noch recht klein. Auch gelingt es bislang niemandem, über die jeweiligen Milieus hinaus Gehör und Anklang zu finden oder präsent zu sein. Die Planungen des Hamburger Senats hingegen erfordern eine breite Reaktion. Es ist sicher, dass linke Interventionen in Hamburg-Wilhelmsburg nur jenseits der falschen Alternativen von autonomer Subkultur á la Sternschanze und bürgerlicher Mitwirkung wirklich Erfolg haben können.

Der Beitrag „Neoliberale Stadtpolitik. Ein Überblick im globalen Kontext “ ist leider nicht online verfügbar und muss in der Papierausgabe nachgelesen werden. Danneben gibt es noch einen Artikel zur Situation in Berlin: „Berlin in Bewegung. Umkämpfter Stadtumbau in der Hauptstadt„: Weiterlesen

Wilhelmsburg: Baugruppen als Aufwertungspioniere

Die IBA in Wilhelmsburg setzt bei der Aufwertung der Elbinsel auf die Förderung neuer Wohnformen. Nach den im Sommer begonnenen Sanierungsarbeiten der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft SAGA im Reiherstiegviertel werden nun auch die ersten Neubaupläne im Rahmen der IBA konkret. Für Sommer 2009 ist der Baubeginn für die ersten Wohnungen des „Open House“ Projektes am Ernst-August-Kanal angekündigt. IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg freut sich über das „ersten Bauprojekt der IBA überhaupt“. Ein Artikel im Hamburger AbendblattNah am Wasser und an der City“ bennent Baugruppen und Genossenschaften als erste Investoren. In späteren Baustufen will auch die Stadterneuerungsgesellschaft STEG eigene Projekte entwickeln. Neben Mietwohnungen, deren Preise zwischen 5,00 und 6,40 Euro/qm (nettokalt) liegen sollen, werden auch Eigentumswohnungen (für 1.850 Euro pro Quadratmeter bei Selbstausbau) errichtet. Diese Preise liegen unter den vergleichbaren Werten anderer Hamburger Stadtteile, aber deutlich über den bisherigen Wohnungsmieten in Wilhelmsburg. Die Aufwertung beginnt mit kleinen Schritten… Weiterlesen

Hamburg: Aufwertungskaskade

Die Hamburger Eliten reden ja gerne von der „Wachsenden Stadt“ und viele stadtpolitische Entscheidungen orientieren sich an den umworbenen Neubewohnern und neuen Unternehmen. Eine Folge solcher untenehmerischer Orientierungen sind Aufwertungen von ganzen Stadtvierteln, in denen die Mieten steigen und Verdrängungsprozesse befürchtet werden. Ein aktuelles Beispiel solcher Aufwertungen stellt das Schanzenviertel dar. In der Süddeutschen Zeitung gibt es einen ausführlichen Artikel über die aktuellen Entwicklungen: Ein bisschen edel, aber noch derb genug.

Das frühere Schlachthof-Viertel hinter dem St.Pauli-Stadion hat sich in wenigen Jahren zum exquisiten Quartier entwickelt. „Wenn du sagst, du lebst in der Schanze, klingt das automatisch cool“, sagt er. „Es wird zwar ein bisschen edel, aber es ist noch derb genug.“ Noch vor wenigen Jahren war es zu derb. Als sich eine offene Drogenszene ausbreitete, zogen Familien weg…

Noch vor einem Jahr beklagte das Hamburger Abendblatt die „Feindliche Übernahme der Latte-Fraktion“ in St.Georg, Ottensen und Eimsbüttel, aktuell scheint die Aufwertungswelle zum Sprung über die Elbe nach Wilhelmsburg anzusetzen.
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Wird Wilhelmsburg Szeneviertel?

Zumindest der Harburger behauptet eben dies in einem Beitrag: Wilhelmsburg: Von alten und neuen Pionieren Elbinsel ist auf dem Weg zum Szenequartier. Wem der Ruf als Szenviertel dient wird im Artikel schnell klar:

Mittlerweile besitzt Grevenkamp ein zweites Haus in der Fährstraße und freut sich, dass das Negativ-Image von Wilhelmsburg am Verschwinden ist.

Der dort angesprochene Hausbesitzer hat – so wird in dem Artikel berichtet – vor dem Kauf seiner Häuser Scheinannoncen in Zeitungen aufgegeben um die Vermarktungsfähigkeit der Gegend zu ermitteln.

Seine Frau schüttelte nur mit dem Kopf und sagte: „Da will doch niemand wohnen.“ Doch der Unternehmer Konrad Grevenkamp aus St. Pauli machte die Probe aufs Exempel und inserierte Wohnungsangebote in Wilhelmsburg, die er aber noch gar nicht hatte. „Ich wollte einfach mal sehen, wie die Reaktion ist.“

Eine Methode, über die auch Stadtteil- und Mieterinitiativen nachdenken könnten um die Tiefen des Bodenmarktes auszuloten.

Hamburg: Neue Mitte Wilhelmsburg

Gentrification wird oftmals verkürzt als reiner Markteffekt beschrieben. Insbesondere wenn es darum geht, zu erklären, warum es in Deutschland – anders als etwa in den USA – gar keine Gentrification geben könne, wird auf die politischen Eingriffe in den Wohnungsmarkt verwiesen.

Doch dort wie hier gilt: kaum eine Gentrification ohne politischen Impuls. Ein schönes Beispiel dafür bieten die Aufwertungsbemühungen der IBA in Hamburg Wilhelmsburg. In der jüngsten Ausgabe des property magazine darf die Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk die Vision des größten IBA-Neubauprojektes bewerben: Eine neue Mitte für Wilhelmsburg.

Wilhelmsburg: Schwermetalle erschweren Aufwertung

Die Kritik an den Aufwertungsstrategien der IBA-Wilhelmsburg war hier im Blog schon mehrfach Thema und hat nun auch die IBA selbst erreicht. Im Rahmen des IBA-Projekttages suchten die IBA-Macher Kontakt zu den Bewohner/innen der Elbinsel. Im Harburger gibt es einen Bericht über eine solche Begegnung. Fragen an die Planer:

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