Berlin: „Ausziehen, wenn Sie nicht pleite gehen wollen!“

„Ausziehen, wenn Sie nicht pleite gehen wollen!“ Das ist der Tipp eines Mieterberatungsanwalts für die  Mieter/innen in einem Schöneberger Sozialwohnungsbau. Es geht hier nicht um eine Fehlbelegungsabgabe…

Sozialwohnungen sind belegungs- und mietpreisgebunden Wohnungen, die im Rahmen staatlicher Förderprogramme (Sozialer Wohnungsbau) errichtet wurden. Klingt erst einmal vernünftig – ist es aber in der Praxis nicht. Zum einen liegen die Mieten mit durchschnittlich über 5 Euro/qm (nettokalt) über den Berliner Durchschnittsmieten (4,85 Euro/qm) – zum anderen dürfen Eigentümer/innen nach Ablauf der Förderverträge die Mieten auf eine fiktive Kostenmiete erhöhen, die weit über dem städtischen Mietniveau liegt. Die Berliner Regierung hat 2003 völlig zurecht den Ausstieg aus der wahnwitzigen Förderlogik der sogenannten Anschlussförderung beschlossen, der Eigentümer/innen nach 15 Jahren Förderung weitere 15 Jahre Fördergelder zukommen ließ. Doch ohne eine vernünftige Ausstiegsregelung machen die subventionsverwöhnten Eigentümer/innen von ehemaligen Sozialwohnungen in Berlin nun genau das, was von  Marktteilnehmer/innen erwartet wird – sie erhöhen die Miete. Und weil sich das die Mieter/innen nicht gefallen lassen wollen, mobilisieren sie sich und den Protest. Für den Ostersamstag ruft das Aktionsbündnis sozialmieter.de zu einem Aktionstag mit symbolischen Umzug auf:

Aktionstag mit einem symbolischen Umzug auf die Strasse
Ostersamstag, 03.04.2010, 13.00 – 16.00
Akazienstraße in Schöneberg

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Berlin: Hohe Mieten machen Kreuzberg pleite

Zwei statistische Berichte der letzten Tage werfen erneut ein Schlaglicht auf die zunehmende  Spaltung der Stadt und den wachsenden Verdrängungsdruck in der Innenstadt. Am Wochenende veröffentlichte die Berliner Morgenpost exklusiv die Ergebnisse einer kleinräumigen Kaufkrafterhebung durch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK): „Soviel Geld haben die Berliner zur Verfügung„.

Am höchsten ist sie danach in Dahlem  sowie Frohnau und Hermsdorf. In den beiden reichsten Postleitzahlgebieten hat jheder Einwohner mehr als 25.000 Euro jähgrlich zur freien Verfügung. Am niedrigsten ist die Kaufkraft in Kreuzberg (…) Hier sind es nur etwas mehr als 13.000 Euro.

In der Berliner Zeitung wurden die Ergebnisse des aktuellen Wohnungsmarktberichtes der Investitionsbank Berlin (IBB) veröffentlich: „Grunewald ohne Wald„.

Friedrichshain-Kreuzberg ist auf dem besten Wege für Mieter genauso teuer zu werden wie Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf mit den noblen Stadtteilen Dahlem, Grunewald und Wannsee. (…) Im Durchschnitt werden in Friedrichshain-Kreuzberg Wohnungen zu einem Preis von 6,42 Euro pro Quadratmeter angeboten. Damit liegt der Bezirk deutlich über dem Berliner Durchschnitt von 5,82 Euro

Zwei klassische Effekte der Gentrification werden mit diesen Zahlen deutlich: ein zunehmender Verdrängungsdruck für die bisherigen Bewohner/innen und die weitere Polarisierung der Bewohnerschaft in den Aufwertungsvierteln.

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Berlin: Ist das Carloft ein Kastanienbaum?

In der aktuellen Ausgabe der ZEIT gibt es einen längeren Beitrag von Kerstin Kohlenberg über die das umstrittenen Luxuswohnprojekt Carloft in Kreuzberg: „Die Krieger von Kreuzberg„. Als Kriegsberichterstattung von den Brandherden städtischer  Konflikte angelegt, liest sich der Beitrag streckenweise wie eine ethnographische Studie der Neuen Mitte. Protagonist Johannes Kaukas ist der Investor des Kreuzberger Carlofts. Durch Kerstin Kohlenberg erfahren wir, welche Schuhe er trägt, wie die Appartements eingerichtet sind und was die aktuellen Trendsportarten der Oberschicht sind.

Die Aussattungsmerkmale für den Habitus der Neue Mitte in Reihenfolge ihrer Benennung im Artikel (Vorsicht Klischee!):

schwarzer Mercedes SLK – hell erleuchteten Autolift – Männer in dunklen Anzügen und Frauen in Cocktailkleidern –  futuristischen Leuchtmöbeln – Saxofonistin spielt schwungvollen Jazz – schwarzen Ledercouch in einem der hellen, warmen Carlofts – dunkelgrauer Mini mit Elektromotor – bequeme Gesundheitsschuhe, einen unauffälligen Anzug, eine einfache Uhr – offene Küche mit frisch gebrühtem Kaffee – an den Wänden lehnen großformatige Bilder – junger kolumbianischer Praktikant – 500.000 Euro Jahreseinkommen – Fußball ist »Proletensport.«, seine Kinder spielen jetzt Feldhockey, Kanupolo und machen Leichtathletik – Vater war ein Arzt –

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Berlin: Stadtpolitik für die Mittelklasse

Anfang des Jahres habe ich hier die ersten Beiträge einer Artikelserie in der Berliner taz vorgestellt, die sich in lesenswerter und informativer Weise mit vielen aktuellen stadtpolitischen Themen beschäftigt: „Berlin: Die (Re)Thematisierung der Wohnungspolitik„.

Die neuen Beiträge der Serie beschäftigen sich mit Fragen der Mietentwicklung und der sozialen Spaltung in arme und reiche Stadtviertel ebenso wie mit dem Quartiersmanagement und Luxuswohnprojekten. Herausgekommen ist also eine buntes Kaleidoskop der Berliner Stadtentwicklung.

Hier wieder eine kurze Zusammenfassung der Beiträge:

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Berlin: Wohnungspolitik in Kreuzberg zwischen Reformvorschlägen und zahnloser Symbolpolitik

Die Gruppe Soziale Kämpfe hatte am Montag Abend zu einer Podiumsdiskussion zur Kreuzberger Wohnsituation geladen: „Kreuzberg 36 in der Krise? Steigende Mieten, Verdrängung und die Auswirkungen auf den Kiez“.

Auf einem Podium versammelt diskutierten dort Joachim Oellerich (Berliner Mietergemeinschaft), Neriman Kurt (Kotti e.V.), Dr. Franz Schulz (Bezirksbürgermeister), Dr. Erwin Riedmann (Stadtsoziologe) sowie Vertreter/innen der Gruppe Soziale Kämpfe und ein Mitarbeiter der 2004 privatisierten Wohnungsbaugesellschaft GSW Berlin.

Berichte zur Veranstaltung gibt es u.a. hier:

Berlin: NIMBY-Proteste in Kreuzberg und Mitte

NIMBY – Not In My Backyard – sind Formen von Protestbewegungen, die in der Regel im Eigeninteresse von Anwohner/innen und/oder Eigentümer/innen allgemeine städtische Nutzungen in ‚ihren‘ Vierteln verhindern wollen. Oftmals werden solche NIMBY-Mobilisierungen von Haus- und Grundstückseigentümer/innen getragen, die im Bau einer Müllverbrennungsanlage, einer psychatrischen Einrichtung oder eines Obdachlosentreffpunkts nicht nur eine Verschlechterung der Lebensqualität sehen, sondern auch einen Wertverlust ihrer Grundstücke befürchten.

Solche Aufstände der Mittelklasse verfolgen im Gegensatz zu den oftmals politischen Forderungen sozialer Bewegungen vorrangig eine „quality of life“-Agenda und werden meist von artikulationsfähigen und ressourcenstarken Mittelschichten getragen.

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Berlin: „Niemand hat das Recht, in einer bestimmten Straße zu wohnen“

Die taz berichtete in ihrer gestrigen Ausgabe von den Vermarktungsschwierigkeiten des umstrittenen Luxuswohnprojektes CarLoft in Kreuzberg: Carlofts werden ausgebremst. Bisher konnten nur zwei der 11 Lofts vermietet werden – vom Traum eines Direktverkaufs hatten sich die Investoren bereits vor etlichen Monaten verabschiedet.

Ursprünglich sollten die vor ein paar Monaten fertiggestellten Wohnungen als Eigentum in der Preislage von 500.000 bis 1.500.000 Euro verkauft werden. Die Firma CarLoft® GmbH, die zwei Architekten gehört, hat sich die Idee der „Carlofts“ sogar in 39 Ländern patentieren lassen.

Die Pressesprecherin des Vermarktungsbüros Corinna Kaspar sieht die Gründe für die schleppende Vermietung eher in der Finanzkrise als in der öffentlichen Kritik am Luxuswohnprojekt:

Kaspar nennt allerdings andere Gründe für die Vermarktungsschwierigkeiten. „Die internationale Finanzkrise ist bei Projektentwicklern und Bauträgern, aber auch bei CarLoft-Käufern eher präsent als Aktionen linksradikaler Gruppierungen, denen wir übrigens stets den direkten Dialog angeboten haben.“

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Berlin: Aufwertungszenit in Prenzlauer Berg erreicht?

Der Immobilienverband (IVD) Berlin Brandenburg, eine Lobbyorganisation von Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Finanzdienstleister, Bewertungs-Sachverständige und  Bauträgern hat nur zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels (siehe auch Beitrag hier im Gentrificationblog) einen eigenen Mitspiegel herausgegeben: IVD-Marktmietspiegel für Berlin. Fazit des IVD-Berichtes in etwa: die Mieten können fast überall gesteigert werden, außer in Prenzlauer Berg, dort ist der Zenit erreicht…

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Berlin: SPD will Gentrification in Wählerstimmen ummünzen

Heute war in der Berliner Zeitung ein Interiew mit dem früheren Juso-Vorsitzenden Björn Böhning zu lesen, der sich am Wochenende für einen der aussichtsreichen Listenplätze für die kommende Bundestagswahl nominieren lassen will: „Ein bisschen Zittern„. Neben den üblichen politischen Plattitüden solcher Wahlwerbeinterviews gab es jedoch ein paar überraschende Sätze zu Böhnings Wahlkreis Kreuzberg-Friedrichshain.

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Berlin Kreuzberg: Verdrängungsangst und Protestoptimismus

In der taz von heute gibt es einen längeren Beitrag zu den Aufwertungsentwicklungen in Berlin Kreuzberg. Gentrifikation in Kreuzberg. Die Furcht vor der Verdrängung. Christoph Villinger beschreibt an am Beispiel eines Mietshauses in der Katzbachstraße  die Folgen von Modernisierungmaßnahmen und die Effekte der steigenden Neuvermietungsmieten. Nicht nur der von der taz befragte Mieter Norbert Arndt macht sich Sorgen um die künftige Entwicklung des Stadtteils:

Immer mehr Kreuzberger stellen sich wie Norbert Arndt die Frage: was tun? Anders als in den Schickimicki-Kiezen in Mitte und Prenzlauer Berg steht den Mietern in der Katzbachstraße nicht einmal eine Milieuschutzverordnung zur Seite. Doch auch wenn man in einem Milieuschutzgebiet wie rund um die Wrangelstraße im östlichen Kreuzberg lebt, ist es schwierig, sich juristisch gegen ungewollte Modernisierungen zu wehren.

Doch da, wo juristisch nichts mehr geht, bleibt immer noch der Protest. Sigmar Gude, Stadtplaner von Topos und seit Jahren mit den Entwicklungen in Kreuzberg befasst, gibt sich optimistisch:

Immerhin ist Stadtsoziologe Sigmar Gude davon überzeugt, dass den Kreuzbergern ein ähnliches Schicksal wie den ehemaligen Anwohnern des Kollwitzplatzes erspart bleibt. „In Kreuzberg“, nennt er den Grund für seinen Optimismus, „gibt es viel zu viel Widerstände gegen eine Aufwertung“.

Hinzu komme die Multikulti-Mischung im Kiez. Gude wörtlich: „Das Bionade-Biedermeier kann hier keine vollständig befreiten deutschstämmigen Zonen schaffen wie in Mitte oder in Prenzlauer Berg“. Das sei auch den Wohnungssuchenden bewusst, die mit einer der schick sanierten Wohnungen liebäugelten. Nach Kreuzberg, meint Gude, kommen vor allem Leute, die mit dieser Mischung leben könnten. „Als Besitzer eines hochwertigen Autos würde ich in der Wrangelstraße nicht ruhig schlafen können.“

Den Weg der individuellen Lösung der Wohnungsfrage gehen jedoch oft die aus dem Alternativmilieu emporsteigenden Baugruppen…

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