Berlin: Weddinger Mieten auf Zehlendorfer Niveau

Die Berliner Morgenpost bestätigt in einem Beitrag der heutigen Ausgabe die Thesen einer allgemeine Mietsteigerungsdynamik in Berlin: Nirgendwo in Berlin steigen die Mieten so stark wie in Mitte.

Als neuer Schwerpunkt der Mietsteigerungen werden die alten Arbeiterquartiere Moabit und Wedding ausgemacht, die in der bisherigen Berichterstattung eher als „Soziale Brennpunkte“ und „Problemkieze“ herhalten mussten. Sichtbare Symptome der Veränderung werden in dem Beitrag zunächst an der sich verändernden Gewerbestruktur und verringerten Leerstandszahlen festgemacht.

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Berlin: Weltstadt der Bruchbuden?

Der Streit um die Berliner Leerstandszahlen geht in eine neue Runde. Bereits zur Veröffentlichung des aktuellen Mietspiegels hatten Mieterorganisationen die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hochgehaltenen 100.000 leerstehenden Wohnungen bezweifelt. Jetzt legte der Berliner Mieterverein die Ergebnisse einer eigenen Befragung vor und schätzt die Anzahl der nichtvermietbaren Wohnungen auf 50.000. Auch wenn die Studie nicht repräsentativ ist, wird an unzähligen Beispielen die Vielfalt von Leerstandsgründen benannt. Der Tenor der Untersuchung: Nur etwa die Hälfte der Leerstandswohnungen steht leer, weil sich keine Mieter/innen finden. Häufige Ursachen für den Leerstand sind Unbewohnbarkeit durch Mängel am baulichen Zustand, zu hohe Mieten aber auch die Spekulation auf eine erfolgreiche Umwandlung in Eigentumswohnungen.

Hintergrund des Leerstandszahlenstreites ist die Bewertung der Berliner Wohnungsmarktsituation. Abhängig vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage kann festgestellt werden, ob es einen örtlichen Wohnungsmangel gibt. Wichtig ist dies vor allem für den Geltungsbereich des §5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zur Begrenzung der Neuvermietungsmieten (siehe ausführlicher hier im Blog: Mieterhöhung durch Leerstand)

Artikel dazu gab es in fast allen Berliner Tageszeitungen:

Berliner Zeitung: Mieterverein fordert Preisbindung

Bemerkenswert neben den Berichten jedoch ist vor allem ein Kommentar von Martin Klesmann in  der Berliner Zeitung: Einstürzende Altbauten. Der Beitrag liest sich ein wenig wie eine schlecht imitierte Presseerklärung aus dem Hause Junge-Reyer: Wir haben keine Wohnungsnot und überhaupt sein Forderungen nach Mietobergrenzen einfach nicht „metropolentauglich“… Weiterlesen

Berlin: „kleinsträumige Gentrification“ in Neukölln

Im Neuen Deutschland gibt es zwei Artikel zu den aktuellen Stadtentwicklungstendenzen in Neukölln. DerAustellungsbericht  „Auf Dauer kommen Reiche“ stellt die Austellung „Wer macht die Stadt für wen?“ (pdf) der Kiezgruppe Neukölln vor (noch bis zum 31.8. im »New Yorck«, Mariannenplatz 2 in Kreuzberg zu sehen:

»Wer macht die Stadt für wen?«, lautet der Titel einer Ausstellung, in der es um die Veränderungen in Neukölln, insbesondere im Norden, geht. Seit zwei, drei Jahren mausert sich der einstige »Schmuddelbezirk« zum neuen In-Kiez, rund um Reuter- und Weserstraße eröffnen Galerien, Ateliers, Szenekneipen und Cafés. Doch schon machen sich Ängste breit: Droht eine Gentrifizierung, also eine Aufwertung des Kiezes mit Mieterhöhungen und der Verdrängung alteingesessener Bewohner? Inwieweit ist die Entwicklung von der Politik gesteuert und wie kann man ihr entgegenwirken?

Mit diesen Fragen hat sich eine Gruppe von (Nord-)Neuköllnern beschäftigt, die als Studierende und Akademiker selbst Teil dieses »Aufwertungsprozesses« sind und sich dennoch – oder eben deshalb – gegen die Gentrifizierungstendenzen in ihrem Kiez wehrt. Ihre These: Die Aufwertung von Stadtteilen wird immer auch von der Politik mit angestoßen, zum Beispiel über die Festlegung von Sanierungsgebieten und die Förderung von Projekten, die den Kiez positiv in die Medien bringen und so das Image verbessern sollen.

Als Kontrast zu den Thesen der Ausstellung gibt es in der selben Ausgabe des Neuen Deutschland noch ein Interview mit Sigmar Gude: „Gentrifiziertes Neukölln? Sigmar Gude sieht keine Verdrängungstendenzen“. Weiterlesen

HH: Quartiersmanagement für mehr Aufwertung in St. Georg

In der Welt gibt es einen kleinen Beitrag zu den aktuellen Stadtentwicklungsdynamiken in St. Georg: Das Schmuddelviertel verändert sein Gesicht. Aus dem „einstmals schmierigen Bahnhofsviertel“ sei inzwischen ein „schicker Stadtteil an der Alster“ geworden und Mieten von 11 Euro den Quadratmeter keine Seltenheit. Auch die Gewerbemieten steigen:

Die Außengastronomie in der Langen Reihe hat die Messlatte hoch gelegt: Hier können Immobilienbesitzer inzwischen 50 Euro und mehr pro Quadratmeter Ladenfläche verlangen.

Traditionsgeschäfte hingegen mussten schließen. Kein Wunder also, dass die Meinungen zu den Veränderungen geteilt ausfallen:

Die jetzt in Angriff genommene Aufhübschung des Hansaplatzes ist nur das aktuellste Beispiel für eine Veränderung, die viele Bewohner begrüßen, viele aber auch als Verdrängung von Alteingesessenen kritisieren.

Einige Stimmen aus St. Georg kommen in der Welt zu Wort: Weiterlesen

Warschau: Proteste gegen die „Hauptstadt der Obdachlosigkeit“

Warschau: Europäische Hauptstadt der Obdachlosigkeit

"Warschau: Europäische Hauptstadt der Obdachlosigkeit"

Am 24. Juni demonstrierten mehrere Warschauer Mieterorganisationen gegen die städtischen Wohnungspolitik. Die Demonstration richtete sich gegen die jüngsten Mietsteigerungen um 200-300 Prozent und erzwang eine Debatte zur neuen Wohnungspolitik im Stadtparlament, auf der auch zwei Vertreter der Mieterorganisationen sprechen konnten.

Während sich der Umfang der preiswerten öffentlichen Wohnungen in der polnischen Hauptstadt durch die fortgesetzte Reprivatisierung immer weitere verringert und viele der Häuser einen katastrophalen baulichen Zustand aufweisen, wächst der Bedarf nach öffentlichen Wohnungen. Die Stadtpolitik jedoch setzt auf eine Wohnungsversorgung über den Markt und übersieht dabei, dass die Warschauer Mieten und Wohnungspreise höher sind als in vielen anderen europäischen Ländern. Die große Mehrheit der Bevölkerung – so die Kritik der Mieterorganisationen – verfüge weder über die Kreditwürdigkeit für einen Wohnungserwerb noch über genügend Geld für die Mietpreise, die von den lokalen Hausbesitzern verlangt werden.

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Berlin: Aufwertungszenit in Prenzlauer Berg erreicht?

Der Immobilienverband (IVD) Berlin Brandenburg, eine Lobbyorganisation von Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Finanzdienstleister, Bewertungs-Sachverständige und  Bauträgern hat nur zwei Wochen nach der Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels (siehe auch Beitrag hier im Gentrificationblog) einen eigenen Mitspiegel herausgegeben: IVD-Marktmietspiegel für Berlin. Fazit des IVD-Berichtes in etwa: die Mieten können fast überall gesteigert werden, außer in Prenzlauer Berg, dort ist der Zenit erreicht…

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Berlin: Wohnungsmarktkritik

Die kürzlich erfolgte Veröffentlichung des Mietspiegels (siehe hier im Blog) wurden von Mieterorganisationen auch genutzt um ihre grundsätzlichen Einschätzungen der Berliner Wohnungsversorgungssituation publik zu machen. So charakaterisisert Joachim Öllerich von der Berliner Mietergemeinschaft gegenüber der jungen welt in einem Interview die aktuellen Entwicklungen des Berliner Wohnungsmarktes als beängstigend.

Nach den Alternativen befragt skizzierte Öllerich die Konturen einer soziaalen Wohnungspolitik:

Was müßte der Senat sofort, was mittelfristig tun, um den Wohnungsmarkt zu entspannen?

Er muß umdenken. Öffentliche Wohnungsbauunternehmen haben nicht den Markt anzuheizen, ihre Aufgabe ist es vielmehr, die soziale Wohnungsversorgung zu gewährleisten. Dazu gehören ein sofortiger Mietpreisstopp und mittelfristig der Neubau von Wohnungen für die immer ärmer werdende Bevölkerung. In die Baulücken der Stadt gehören keine besserverdienenden Mittelschichten, sondern dort muß Platz sein für einen sozialen Wohnungsbau mit dem die soziale Durchmischung in den Quartieren gewahrt bleibt.

Was eigentlich klingt wie ein konkreter Forderungskatalog solle sich aber nicht auf einzelne Forderungen beschränken, sondern eher allgemein die gesellschaftliche Notwendigkeit einer öffentlichen Regulierung der Wohnungsversorgung  herausstellen…

Kürzlich hat sich in Berlin ein »Mietenstopp-Bündnis« formiert. Welche Impulse müßten von diesem Netzwerk ausgehen, um Druck auf die Wohnungspolitik des Senates entfalten zu können?

Aufgabe dieses Bündnisses sollte sein, die öffentliche Meinung zum Umdenken zu bewegen. Wohnungsversorgung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die die Politik umsetzen muß. Sie ist keine Angelegenheit des Marktes. Wenn das Bündnis diese simple Weisheit begriffen hat, kann es erfolgreich werden. Wenn es sich hingegen im Aufstellen einzelner Forderung erschöpft, bleibt seine Wirksamkeit sehr begrenzt.

Ich würde die Trennung zwischen einzelnen Forderungen, etwa nach einem Förderprogramm für einen sozialen Wohnungsbau oder einer Reform des Mietrechtes zur Begrenzung der Neuvermietungszulagen oder die Festlegung von lokalen Mietsteigerungsmoratorien nicht so streng sehen. Gerade die zur Zeit selbst in Kreisen von Parteien im Abgeordnetenhaus diskutierten Reformen des Mietrechts tragen ja zu einer grundsätzlich anderen und problemorientierteren Sichtweise auf die Wohnungsfrage bei. Die aktuelle Berichterstattung zum Mietspiegel kann als Bruch mit der jahrelangen „Hegemonie des entspannten Wohnungsmarktes“ angesehen werden.

Zur Dokumentation hier das gesamte Interview mit Joachim Öllerich

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Berlin: Mietspiegel-Legenden

Mit der vorgezogenen Veröffentlichung des Berliner Mietspiegels 2009 wollte die Stadtentwickungssenatorin Junge-Reyer (SPD) vermutlich noch kurz vor der Europawahl punkten und mal wieder „beweisen“, wie sozial die Mietentwicklung in Berlin verläuft. Die nur 1,7 Prozent Mietsteigerungen seit der letzten Erhebung 2007 klingen ja auch erst mal nicht schlecht… Leider hat die Senatorin in ihren Erklärungen vermieden, diesen Durchschnittswert einzuordnen…

Wie meist verschleiern Durchschnittsdaten auch beim aktuellen Mietspiegel die Wirklichkeit und stehen einer Problemsicht im Wege. Insbesondere die überdurchschnittlichen Steigerungen in den Innenstadtbezirken und in den kleineren Wohnungen strafen die Legende vom entspannten Wohnungsmarkt Lügen. Vor allem für die vielen Einpersonenbedarfsgemeinschaften, die den Restriktionen der Hartz-IV-Bemessugsgrenzen unterliegen, verschärft sich die Versorgungssituation.

Bemerkenswerterweise greift die Berichterstattung in den Berliner Lokalmedien genau diese Problemfelder auf. Von der beschwichtigenden Senatsbotschaft „Mieten in Berlin bleiben stabil“ bleibt beim Blick auf die Schlagzeilen nicht viel übrig:

Potsdam: Kritik an der Aufwertung Ost

HalloPotsdamIn Postdam, der Landeshauptstadt Brandenburgs wird zur Zeit die Zeitung „Hallo Potsdam“ (download als pdf) verteilt. Aus dem Spektrum von Jugendinitiativen, Freiraumbewegungen und linken Projekten initiiert, setzt sich die Zeitung grundsätzlch mit der aktuellen Stadtentwicklung Potsdams auseinander und will den Bewohner/innen ein Medium an die Hand zu geben, die eigenen Interessen besser zu artikulieren. Natürlich gibt es auch eine dazugehörige Webseite „Hallo Potsdam“. Dort heisst es: Weiterlesen

Berlin Kreuzberg: Verdrängungsangst und Protestoptimismus

In der taz von heute gibt es einen längeren Beitrag zu den Aufwertungsentwicklungen in Berlin Kreuzberg. Gentrifikation in Kreuzberg. Die Furcht vor der Verdrängung. Christoph Villinger beschreibt an am Beispiel eines Mietshauses in der Katzbachstraße  die Folgen von Modernisierungmaßnahmen und die Effekte der steigenden Neuvermietungsmieten. Nicht nur der von der taz befragte Mieter Norbert Arndt macht sich Sorgen um die künftige Entwicklung des Stadtteils:

Immer mehr Kreuzberger stellen sich wie Norbert Arndt die Frage: was tun? Anders als in den Schickimicki-Kiezen in Mitte und Prenzlauer Berg steht den Mietern in der Katzbachstraße nicht einmal eine Milieuschutzverordnung zur Seite. Doch auch wenn man in einem Milieuschutzgebiet wie rund um die Wrangelstraße im östlichen Kreuzberg lebt, ist es schwierig, sich juristisch gegen ungewollte Modernisierungen zu wehren.

Doch da, wo juristisch nichts mehr geht, bleibt immer noch der Protest. Sigmar Gude, Stadtplaner von Topos und seit Jahren mit den Entwicklungen in Kreuzberg befasst, gibt sich optimistisch:

Immerhin ist Stadtsoziologe Sigmar Gude davon überzeugt, dass den Kreuzbergern ein ähnliches Schicksal wie den ehemaligen Anwohnern des Kollwitzplatzes erspart bleibt. „In Kreuzberg“, nennt er den Grund für seinen Optimismus, „gibt es viel zu viel Widerstände gegen eine Aufwertung“.

Hinzu komme die Multikulti-Mischung im Kiez. Gude wörtlich: „Das Bionade-Biedermeier kann hier keine vollständig befreiten deutschstämmigen Zonen schaffen wie in Mitte oder in Prenzlauer Berg“. Das sei auch den Wohnungssuchenden bewusst, die mit einer der schick sanierten Wohnungen liebäugelten. Nach Kreuzberg, meint Gude, kommen vor allem Leute, die mit dieser Mischung leben könnten. „Als Besitzer eines hochwertigen Autos würde ich in der Wrangelstraße nicht ruhig schlafen können.“

Den Weg der individuellen Lösung der Wohnungsfrage gehen jedoch oft die aus dem Alternativmilieu emporsteigenden Baugruppen…

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