Gentrification: (Sub)kulturelle Aufwertungslogiken

Die Frankfurter Student_innen Zeitschrift „diskus“ setzt sich in ihrer Oktoberausgabe 2009 mit dem Verhältnis linker Aktivist_innen und linker Politik mit Popkultur auseinander. Neben aufschlussreichen Gesprächen mit Frank Apunkt Schneider und Didi Neidhardt über die „Krisen der Poplinken“ sowie über die Erfahrungen mit den Frankfurter Nachttanzdemos „Krach 2009“ gibt es im Heft tiefschürfendes Theoretisieren über die Verbindung von Alltag, Kultur und Politik von Daniel Loick („Das poplinke Versprechen und die Kritik von Lebensformen: ein Verfahrensvorschlag“). Weil das in Mode geratene G-Wort in kaum einer Debatte fehlen darf, wurde ich gefragt auch etwas zum Verhältnis von (Sub)Kulturen zur Gentrification beizutragen: „Auf dem Weg zum Bionade-Biedermeier. (Sub)kulturelle Aufwertungslogiken in Gentrification-Prozessen“.

In Frankfurt/Main und Umgebung liegt das Heft kostenlos in den den einschlägigen Buchläden, Kneipen und Veranstaltungsorten aus – alle anderen können es für 2,50 Euro über diskus(at)copyriot.com bestellen. Meinen Beitrag gibt es aber auch hier im Blog zu lesen:

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Berlin: Galeristen entdecken eine „Neue Mitte“

Pionierphasen der Aufwertung gehen oft mit dem Mythos der neu entdeckten In-Viertel einher. Hier ein neues Cafe, dort ein Galerie und schon ändert sich der Ruf des Quartiers. Dieser idealtypische Beginn einer Aufwertung funktioniert jedoch nur, wenn es ein Medium gibt, diese symbolischen Veränderungen in die Welt zu tragen.

Ein gutes Beispiel für solche eine symbolische Aufwertung ist auf Spiegel Online zu finden. Unter dem Titel „Berliner Kunstszene: Glamour für die Potse“ wird die beginnende Verwandlung der bisher als Schmuddelecke rezipierten Gegend um die Potsdamer Straße in Schöneberg zur „Neuen Mitte“ herbeigeschrieben. Anlass sind eine handvoll Neueröffnungen von Galerien: Weiterlesen

Potsdam: Ausgrenzung und Banalisierung

Ein deutliches Beispiel für eine verfehlte Stadtentwicklungspolitik bietet die Landeshauptstadt Potsdam. Als eine der wenigen boomenden und wirtschaftlich erfolgreichen Städte in Ostdeutschland zeigt Potsdam die typischen Verwerfungen eines kapitalistischen Wohnungsmarktes relativ unverstellt.

Auf der einen Seite steigende Mieten und drohende Versorgungsdefizite für ärmere Haushalte – auf der anderen Seite unglückliche Reiche, die infolge der fortgesetzten Aufwertung einen Verlust an Vielfalt und Lebensqualität bemängeln. Ausgrenzung, Exklusion, Banalisierung und Kommerz –  in Potsdam sind es zwei Seiten ein und der selben Medaille.

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Graz: Viel Wirbel um die Aufwertung

Im Grazer Lendviertel, oder besser gesagt in den wenigen Straßenzügen zwischen Kunsthaus am Südtiroler Platz und dem Lendplatz, fand am Wochenende zum zweiten Mal das sogenannte Lendwirbel statt. Dieses von Akteuren der überwiegend in den letzten Jahren zugezogenen Kreativszene organisierte Fest wird in der lokalen Presse und auch in der Selbtvermarktung der Initiator/innen als Aufbruch zu einer kreativen Stadtentwicklung gefeiert.

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Berlin Moabit: tip schreibt Aufbruch herbei

Jan Poppenhagen (www.jpoppenhagen.de)

Jan Poppenhagen (www.jpoppenhagen.de)

Die Berliner Programmzeitschrift tip titelt ihr aktuelle Ausgabe mit: Moabit – ein Stadtteil zwischen Absturz und Aufbruch. Auf der Titelseite ist ein verfälschtes Motiv des Fotographen Jan Poppenhagen zu sehen. Statt der rauhen Fotorealistik seiner Arbeiten mit Moabiter Jugendlichen ist eine hippe junge Frau zu sehen, die offensichtlich für den herbeigeschriebenen Aufbruch des Bezirks stehen soll. Im Impressum findet sich ein “Dank an Jan Poppenhagen, dessen Bildidee wir freundlicherweise übernehmen durften”. Susanne Torka nimmt auf MoabitOnline auf eine Mail des Fotographen Bezug:

Er stellt klar, dass er das Titelbild nicht fotografiert hat und dem “tip” auch nicht erlaubt hat, seine Idee zu kopieren. Im Gegenteil das “weichgespülte” Foto gefällt ihm überhaupt nicht.

Doch nicht nur das verfälschte Foto löst Diskussionen aus. Auf den Seiten MoabitOnline hat eine muntere Diskussion über das Für und Wider von Gentrification in Moabit begonnen. Weiterlesen

Wird Wilhelmsburg Szeneviertel?

Zumindest der Harburger behauptet eben dies in einem Beitrag: Wilhelmsburg: Von alten und neuen Pionieren Elbinsel ist auf dem Weg zum Szenequartier. Wem der Ruf als Szenviertel dient wird im Artikel schnell klar:

Mittlerweile besitzt Grevenkamp ein zweites Haus in der Fährstraße und freut sich, dass das Negativ-Image von Wilhelmsburg am Verschwinden ist.

Der dort angesprochene Hausbesitzer hat – so wird in dem Artikel berichtet – vor dem Kauf seiner Häuser Scheinannoncen in Zeitungen aufgegeben um die Vermarktungsfähigkeit der Gegend zu ermitteln.

Seine Frau schüttelte nur mit dem Kopf und sagte: „Da will doch niemand wohnen.“ Doch der Unternehmer Konrad Grevenkamp aus St. Pauli machte die Probe aufs Exempel und inserierte Wohnungsangebote in Wilhelmsburg, die er aber noch gar nicht hatte. „Ich wollte einfach mal sehen, wie die Reaktion ist.“

Eine Methode, über die auch Stadtteil- und Mieterinitiativen nachdenken könnten um die Tiefen des Bodenmarktes auszuloten.

Zu schlecht für die Aufwertung?

Fast möchte man von einem kleinen Boom sprechen: Gentrification ist im Laufe des letzten Jahres als Begriff in der deutschsprachigen Öffentlichkeit bekannt geworden. Karin Baumert hat sich in weiser Voraussicht schon im vergangenen Sommer beim BKA für diesen Popularitätsschub bedankt und festgestellt: „Gentrifizierung ist Terror“.

Doch nicht nur, dass nun alle Welt zu wissen scheint, was es mit der Gentrification auf sich hat, der Begriff wird auch noch fast inflationär gebraucht. War es lange Zeit selbst bei eindeutiger Sach- und Faktenlage umstritten, die Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse beim Namen zu nennen, wird heutzutage gefühlt jede Neueröffnung einer Galerie oder In-Location und jeder Eigentümerwechsel mit einer Gentrifcationanalyse verbunden. Insbesondere in bisher eher als Problemviertel gehandelten Nachbarschaften wie Hamburg Wilhelmsburg oder Berlin Neukölln wirkt dies für viele überraschend. Doch was ist dran an der Aufwertung in bisher abgehängten Stadtlagen?

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